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Aus den Ländern
AMTS im Blick von Apothekern, Ärzten und Krankenkassen
Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern
Dr. Dr. Georg Engel, Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, umschrieb das Thema mit der Frage, wie die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu gewährleisten sei, wenn sie durch den Primat der Wirtschaftlichkeit in den Hintergrund zu treten droht.
Dr. Dirk Keiner, Leiter der Zentralapotheke des Klinikums Suhl, beschrieb die AMTS als „Herzensangelegenheit“ der Apotheker und als wichtigen Teil der Patientensicherheit. Allein an den Medikationsdaten könnten Apotheker jedoch nur etwa zehn Prozent der Medikationsfehler erkennen. Ob potenzielle Interaktionen bei einem bestimmten Patienten relevant sind, könne meist erst mit Labordaten oder einem EKG ermittelt werden. Dazu verwies Keiner auf die Apotheken in Japan, in denen es üblich sei, ein EKG zu schreiben. Insbesondere bedauerte Keiner, dass der neue gesetzlich vorgesehene Medikationsplan keine Nierenfunktionswerte enthält. In einem Fallbeispiel berichtete er über einen Medikationsplan mit einer tödlichen Überdosierung von Methotrexat, der ohne ärztliche Kontrolle vom Praxispersonal erstellt worden war. Dann helfe die Routinefrage der Apotheke, ob der Patient die richtige Einnahme kennt, nicht weiter.
Die Sicht der Apotheker …
Claudia Korf, ABDA-Geschäftsführerin für Wirtschaft und Soziales, warnte vor den langfristigen Folgen von Zytostatika-Ausschreibungen. Damit würden Strukturen auch für andere aufwendige Rezepturen zerstört, und in der zweiten Ausschreibungsrunde gebe es keine weiteren Bieter mehr. Daher wäre es sinnvoll, wenn das AM-VSG den Wettbewerb auf die Hersteller verlagern würde und dort Rabattverträge geschlossen würden. Außerdem forderte Korf eine sichere Rechtsgrundlage für bilaterale Verträge mit Krankenkassen über honorierte Dienstleistungen von Apotheken. Diese müssten – anders als beim Projekt ARMIN – auch ohne die Ärzte als dritte Partei möglich sein.
Für Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, ist die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker entscheidend für die AMTS. Seit Jahrhunderten sei es Aufgabe der Apotheker, aus Rezepten den Willen des Arztes zu lesen. Doch heute entscheiden Juristen, was Ärzte mit ihren Rezepten gemeint haben sollen. Die Folge sind Nullretaxationen wegen Missachtung von Rabattverträgen. Obwohl der Patient ordnungsgemäß pharmazeutisch versorgt worden ist, wird die Bezahlung verweigert; dabei ist das Ausmaß der Strafe rein zufällig, weil es vom Abgabepreis abhängt.
Doch dieses Verhalten betreffe die einzelnen Krankenkassen sehr unterschiedlich. Pudimat betonte das gute Verhältnis der Apotheker im Land zur AOK Nordost.
… und der Krankenkassen
Susanne Dolfen, Leiterin des Bereichs Arzneimittelversorgung der AOK Nordost, erklärte, dass ihre Krankenkasse bei Nullretaxationen mit den Beteiligten spreche und diese nur in schweren Fällen durchführe – und nicht im Zusammenhang mit Rabattverträgen. Ohnehin sei die Rabattvertragserfüllung mit 81 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern sehr hoch. Auch zu Retaxationen bei pharmazeutischen Bedenken äußerte sich Dolfen zurückhaltend. Bei Problemarzneimitteln wie Schilddrüsenhormonen oder Digitalis seien Portfolioverträge sinnvoller als gewöhnliche Rabattverträge.
Zur AMTS gab Dolfen zu bedenken, dass der Patient „dies alles ausbaden“ müsse und schlimmstenfalls mit seinem Leben bezahle. Die AMTS betreffe jedoch nicht nur jeweils ein Rezept, sondern die ganze Therapie. Daher forderte Dolfen, die Sektorengrenzen im Gesundheitswesen einzureißen. Es seien technische Mittel nötig, um Informationen in Echtzeit auszutauschen.
Zusammenarbeit mit Ärzten
Prof. Dr. Jean-François Chenot, Leiter der Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Greifswald, zeigte sich offen für die Zusammenarbeit mit Apothekern. Jeder Arzt mache Fehler, und es sei gut, wenn der Apotheker das erkennt. Es täte ihm leid, wenn Apotheker die Fehler der Ärzte beim Rezeptieren ausbaden müssten.
Chenot sprach sich für ein Primärarztsystem aus, in dem ein Arzt den Überblick hat. Die Patienten bräuchten einen Hausarzt und eine Hausapotheke. Leider gebe es auch Fälle, in denen die Beratung in der Apotheke das Arzt-Patienten-Verhältnis stört. Daher sollten Arzt und Apotheker ihre Vorgehensweise untereinander absprechen. Dafür müssten Strukturen geschaffen werden. Doch die Hausärzte sollten auch mit Physiotherapeuten, Fachärzten und Krankenhausärzten sprechen. Diese Kommunikation sei aus Zeitgründen nur über einen organisierten Austausch von Daten möglich. Junge Ärzte seien dafür offen, doch der Datenschutz sei ein Hindernis.
Außerdem sprach sich Chenot für gemeinsame Veranstaltungen von Ärzten und Apothekern in der Weiterbildung aus. Dies biete sich beispielsweise im Kompetenzzentrum Weiterbildung in Greifswald an, das mit Bundesmitteln gefördert wird.
Claudia Korf entgegnete Chenot, das elektronische Rezept werde die Kommunikationsprobleme vorläufig nicht lösen. Denn im E-Health-Gesetz sei dafür kein Termin vorgesehen. Aufgrund der technischen und gesetzlichen Abläufe könne das elektronische Rezept frühestens 2023 bis 2025 eingeführt werden. Als Fazit aus der Diskussion appellierte Engel an die Apotheker, auf die Ärzte zuzugehen.
Stimmen zum EuGH-Urteil
Die Referenten kamen mehrfach auf die Folgen des EuGH-Urteils zu sprechen. Pudimat beschrieb das Rx-Versandverbot als einzige vernünftige Möglichkeit, die Versorgung vor Ort zu sichern. Das Gesundheitsministerium sei dazu bereit, weil die Apotheker jahrelang das Vertrauen geschaffen hätten, dass sie für gesellschaftlich vernünftige Lösungen eintreten. Außerdem argumentierte Pudimat, es sei etwas „total falsch“, wenn das Einlösen von Rezepten dem Patienten Geld bringt.
Auch Dolfen erklärte, einzelne dürften sich nicht zulasten der Solidargemeinschaft bereichern. Korf mahnte, die Politik müsse auch die Folgen für die anderen Steuerungsinstrumente im Arzneimittelmarkt bedenken. Denn Rabattverträge und Erstattungspreise für neue Arzneimittel könnten ohne feste Ausgangspreise nicht verhandelt werden. |
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