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Mit Handy bezahlen
Warum Mobile Payment die Zukunft ist
Ende 2015 gab die Königlich Technische Hochschule in Stockholm bekannt, dass nur noch rund 80 Milliarden Schwedischer Kronen im Umlauf sind (zirka 8,5 Milliarden Euro) und damit 26 Milliarden Kronen weniger als noch sechs Jahre zuvor. Auch in Dänemark sinkt der Bargeldumlauf drastisch – noch in diesem Jahr wird die dänische Notenbank den Druck neuer Banknoten endgültig einstellen. Andere Länder wie Italien, Frankreich oder Portugal haben bereits Bargeld-Obergrenzen eingeführt, die Barzahlungen ab 1000 Euro per Gesetz verbieten. Auch in Deutschland wird eine Obergrenze von 5000 Euro in Erwägung gezogen und die Abschaffung des 500-Euro-Scheins diskutiert. Beispiele wie diese sind nur der Beginn einer Entwicklung, die ihren Höhepunkt längst noch nicht erreicht hat. Das handfeste Bargeld wird zum Auslaufmodell! Doch wie sehen die Alternativen aus? Wie wird in Zukunft bezahlt – in Europa, in Deutschland, im Restaurant oder in der Apotheke? Die Antwort liegt auf, oder besser gesagt in der Hand: per Smartphone.
Bargeld verliert an Bedeutung
Natürlich weiß niemand ganz genau, wie die Welt in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren aussehen wird und ob die bargeldlose Gesellschaft nicht vielleicht doch Fiktion bleibt. Wir können jedoch fest davon ausgehen, dass das Bargeld insgesamt drastisch an Bedeutung verlieren wird und stattdessen andere Bezahlmethoden das Leben der Menschen bestimmen werden. Das Smartphone hat dabei besonders gute Chancen, sich durchzusetzen – Stichwort: Mobile Payment. In afrikanischen Ländern wie Kenia und Uganda zahlt bereits jeder zweite mit dem Handy, in Brasilien, Mexiko oder Chile ist es jeder Dritte und auch in Europa ist ein deutlicher Anstieg zu erkennen. Im Vereinigten Königreich halten sich die Transaktionen mit bargeldlosen Zahlungsmitteln einerseits und mit Banknoten und Münzen andererseits bereits die Waage, und der Trend spricht deutlich gegen das Bargeld. Der britische Branchenverband Payments UK prognostiziert, dass sich unser Bezahlverhalten in den kommenden Jahren drastisch ändern wird – vor allem in Richtung mobil und kontaktlos. Gefördert wird diese Entwicklung auch von den Kreditkartenfirmen: VISA gab beispielsweise bekannt, dass mobiles Bezahlen bis 2020 europaweit an sämtlichen Kassenterminals möglich sein wird. MasterCard stattet bereits seit Anfang 2015 alle neuen Bezahlterminals auch mit der kontaktlosen NFC-Technologie aus.
Bezahlen per Handy und NFC
Das Prinzip ist simpel: Beim Mobile Payment wird an der Kasse nur noch das Handy gezückt und in die Nähe des Bezahlterminals gehalten; ein kurzer Funkkontakt genügt und der zu zahlende Betrag wird vom Konto des Käufers abgebucht. Die Begrifflichkeit „Mobile Payment“ erklärt sich folglich durch das mobile Endgerät, mit dessen Hilfe der Bezahlvorgang und die Autorisierung vorgenommen werden. Die dahinterstehende Technologie wird als Near Field Communication bezeichnet, kurz: NFC. Der NFC-Übertragungsstandard ermöglicht den kontaktlosen Austausch von Daten per Funktechnik über kurze Strecken von wenigen Zentimetern. Voraussetzung ist jedoch, dass Bezahlterminal und Smartphone miteinander „kommunizieren“ können, weshalb nicht nur das Terminal technisch entsprechend gerüstet sein muss, sondern auch das Handy. Während Samsung und Nokia bereits seit 2008 NFC-fähige Geräte anbieten, verbaut Apple entsprechende Module erst seit dem iPhone 6 und der Apple Watch. Heute gehören NFC-Chips jedoch zur Grundausstattung moderner Smartphones. Und auch wer ein älteres Handy-Modell ohne NFC nutzt, muss nicht auf Mobile Payment verzichten – einige Anbieter wie Cashcloud oder Vodafone bieten praktische NFC-Sticker an, die einfach auf das Smartphone geklebt werden können. Ein großer Vorteil von NFC ist im Übrigen, dass es auch dann funktioniert, wenn der Handyakku leer oder das Gerät ausgeschaltet ist.
Mehrwerte und Zusatznutzen
Doch Mobile Payment endet nicht im Einzelhandel. Beispiel Cashcloud: Konzipiert als All-in-One-Bezahllösung vereint die App mehrere Funktionen in sich. Neben dem Einsatz an der Ladenkasse – weltweit gibt es rund 36 Millionen Akzeptanzstellen – kann aufgrund einer Kooperation mit MasterCard auch in zahlreichen Onlineshops mit Cashcloud bezahlt werden. Nutzer haben zudem die Möglichkeit, sich gegenseitig Geld zu schicken und personalisierte Coupons und Rabatte über ihr Smartphone zu erhalten. Als Bonus können sogenannte Cashcredits verdient werden – eine virtuelle Währung, die in echtes Geld zurückgetauscht werden kann. Diese Beispiele zeigen: Beim Mobile Payment geht es nicht nur um einen Karten-Ersatz, sondern um Mehrwerte und Zusatznutzen. Auch wenn das Bezahlen an der Kasse mit dem Handy noch schneller und bequemer als mit der Karte möglich ist, auch wenn das Smartphone als ständiger Begleiter wahrscheinlich seltener zu Hause vergessen wird als das Portemonnaie – massentauglich wird Mobile Payment gerade in Deutschland nur, wenn es mehr bietet als den reinen Checkout am Point of Sale.
Immer mehr Akzeptanzstellen
Zwei Dinge haben die Entwicklung des mobilen Bezahlens in Deutschland bislang entscheidend gehemmt: Zum einen der Mangel an Akzeptanzstellen, zum anderen die Unübersichtlichkeit des Anbieter-Marktes. Spätestens mit dem Einstieg von Aldi und Lidl in das kontaktlose Bezahlen scheint jedoch ein Ruck durch den deutschen Handel gegangen zu sein, der darauf hoffen lässt, dass Kassenterminals ohne NFC-Funktion zukünftig nur noch die Ausnahme und nicht mehr die Regel sind. Immer mehr Händler schließen sich den Discount-Riesen an, sodass von einem „Mangel an Akzeptanzstellen“ schon bald keine Rede mehr sein wird. Die Anbieter-Situation bleibt dagegen weiterhin unübersichtlich: Ob Internetriesen wie Apple, Facebook, Google, Amazon oder PayPal, Kreditkarten-Netzwerke wie MasterCard, Visa und Amex, Mobilfunker wie T-Mobile, Vodafone und Telefonica O2 oder Fintech-Unternehmen wie Cashcloud, Kesh und Number26 – die Liste bereits existierender und geplanter Dienste ist lang. Fakt ist jedoch: Mobile Payment hat nur dann eine echte Chance in Deutschland, wenn die Nutzer nicht in jedem Geschäft eine andere App zum Bezahlen öffnen müssen. Vor diesem Hintergrund sind auch die in Deutschland noch nicht verfügbaren Systeme von Apple, Google und Samsung kritisch zu sehen, denn ihre Bezahldienste sind geräteabhängig. Das bedeutet, dass Apple Pay zum Beispiel nicht auf einem Samsung Smartphone genutzt werden kann, so wie Samsung Pay nicht auf einem iPhone läuft. Gerade hier profitieren FinTechs wie Cashcloud von ihrer Autonomie. Denn sie sind völlig unabhängig von Banken, Mobilfunkanbietern und Geräteherstellern, das heißt, es gibt keinerlei Einschränkungen bei der Nutzung.
Mobile Payment kommt
Was heißt das für die Händler, zum Beispiel in den Apotheken? Auch wenn es nach wie vor Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten gibt, wird das Bezahlen mit dem Smartphone schon in einigen Jahren so gängig sein wie heute die Kartenzahlung. Daher gilt es auch im pharmazeutischen Bereich, sich auf die Kunden, ihr Bezahlverhalten und ihre Wünsche einzustellen. Wer sich dem Fortschritt verweigert, wird langfristig Kunden verlieren und mit Garantie keine neuen mehr hinzugewinnen – besonders nicht aus der Generation der nun Heranwachsenden. Denn selbst das auf NFC-basierte Bezahlen mit dem Smartphone ist nur eine Zwischenstation und nicht das Ende der Entwicklung. MasterCard testet beispielsweise gerade das sogenannte Selfie-Payment, bei dem Nutzer ihre Zahlungen per Portrait-Foto autorisieren. Auch wenn diese Technologie noch Zukunftsmusik ist, macht sie deutlich: Mobile Payment ist erst am Anfang. |
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