Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom : Work-Life-Balance

Wie bringt man alles unter einen Hut?

Andreas Kaapke

Häufig ist zu hören, dass Jobs in Apotheken gerade für Frauen hoch attraktiv sind, nicht zuletzt, da auch Teilzeitstellen geschaffen werden können. Damit lässt sich in der Regel halbwegs geschmeidig Arbeit und Privates (Familie, Haushalt) miteinander verknüpfen. Was sich aber theoretisch gut anhört, kann im Detail schwierig werden. Viele Halbtagskräfte fügen sich eben nicht zwingend zu einem großen Ganzen. Etliche wollen eher am Vor- als am Nachmittag arbeiten, und Samstagseinsätze sowie Nacht- und Notdienste sollen möglichst selten auf dem Dienstplan stehen. Mag man die Work-Life-Balance als gutes Ziel etikettieren, ist sie doch Konfliktstoff für das gesamte Team, denn auch Vollzeitkräfte wollen einmal ein Wochenende frei haben und nicht nur die schweren Dienste übernehmen.

Unter Work-Life-Balance versteht man gemeinhin das gegenseitige Abwägen von beruflichen und privaten Zeiteinheiten. Dabei sind subjektive Unterschiede normal. Je nach Präferenz wird dieselbe zeitliche Konstellation vom einen als perfekt, vom anderen als stark belastend empfunden. Dies gilt es frühzeitig zu ermitteln, um den Beteiligten gerecht zu werden. Allseits bekannt ist, dass die nachrückenden Generationen (Generation Y und Z) deutlich höheren Wert auf den privaten Anteil legen als noch die Generationen davor. Stimmt das Zeitverhältnis aus deren Sicht nicht, entstehen vergleichsweise rasch Stresssituationen. Zudem benötigen ältere Mitarbeiter ggf. mehr Zeiten, in denen sie sich ausruhen können, als jüngere. Natürlich sollte man Klischees nicht übermäßig bemühen, aber es gibt eben nicht die eine Work-Life-Balance, sondern jeweils individuelle Konstellationen. Das Schlagwort dient eher der generellen Sensibilisierung für das Thema.

Nun lehrt die Erfahrung aber auch, dass Menschen, denen man entgegenkommt, dazu neigen, diesen Status als die nun maximale Belastbarkeit anzusehen. Von daher darf bei aller Sensibilisierung nie vergessen werden, dass ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vorliegt und dass bei allem Entgegenkommen zunächst der Arbeitnehmer gefordert ist, die vertraglich vereinbarte Leistung zu erbringen. Nur dann hat er Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, die Gehaltszahlung. Dass dies in einem für beide adäquaten Rahmen geschehen muss, ist nicht nur naheliegend, sondern selbstverständlich. Weicht jedoch der Wunsch des Mitarbeiters zu stark vom bisherigen Rahmen ab, muss ggf. der Vertrag in Form einer Änderungskündigung modifiziert werden. Dies soll an dieser Stelle der Hinweis sein, dass eine Work-Life-Balance auch für den Partner (in diesem Fall den Arbeitgeber) nachvollziehbar und mittragbar sein muss.

Ein wichtiger Teil einer Work-Life-Balance sind die Ausnahmen: Diese sind immer dann gut, wenn beide Seiten sie immer noch als Ausnahme und nicht als Regel verstehen. Deshalb sollte man stets semantisch beim Begriff der Ausnahme bleiben, damit allen klar ist, dass es ein einmaliges oder seltenes Entgegenkommen ist und nicht der schleichende Übergang in eine Regel.

Nun noch zur Work-Life-Balance des Apothekeninhabers. Knapp 40 Jahre in einer Offizin tätig zu sein, löst an sich bereits Verschleiß aus. Deshalb sind von Anfang an Mechanismen sinnvoll, die die Arbeit reglementieren und Zeiteinheiten der Entspannung und des Loslassens einplanen. Wer dies nicht macht oder versäumt, die geplanten Erholungszeiten zu exekutieren, läuft Gefahr, zu einem späteren Zeitpunkt dafür die Zeche bezahlen zu müssen. Auch hier gibt es voneinander abweichende Belastbarkeiten, aber selbst der hartgesottenste Schaffer braucht Entspannung. Zudem die Erholungszeiten ja auch dazu dienen sollen, neue Perspektiven zu erleben und wieder Spaß an der originären Aufgabe zu haben.

Ein Student der Generation Z indes hat in einer Vorlesung zu meinem Beitrag zur Work-Life-Balance angemerkt, alles gut, Herr Kaapke, aber immer schön in der richtigen Reihenfolge: Life-Work-Balance! Die Zukunft war früher auch besser! |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.