Gesundheitspolitik

BGH befasst sich nicht mit Masern-Streit

Keine 100.000 Euro für die Vorlage von Studien zur Existenz des Masern-Virus

BERLIN (hfd/ks) | Ein Impfgegner lobte vor sechs Jahren 100.000 Euro für den Beweis aus, dass Masern-Viren existieren. Ein Medizinstudent legte daraufhin Studien vor, bekam aber kein Geld. Er zog vor Gericht und siegte in erster Instanz. In der Berufung wurde sein Anspruch hingegen verneint. Nun ist der Rechtsstreit mit diesem Ergebnis beendet: Der Bundesgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen. Der Mann, der die Existenz von Masern-Viren bestreitet, fühlt sich als Sieger.

Der Impfgegner Stefan Lanka ­hatte im Jahr 2011 ein stattliches Preisgeld für denjenigen ausgelobt, der die Existenz von Masern-Viren mit einer wissenschaftlichen Publikation nachweist und auch ihren Durchmesser belegen kann. Denn obwohl Lanka promovierter Biologe ist, glaubt er, „dass es das Masern-Virus nicht gibt und bei Kenntnis der Biologie und der Medizin auch nicht geben kann“.

Doch ein Medizinstudent schickte ihm sechs wissenschaftliche ­Publikationen zu Masern-Viren – und seine Kontonummer. Als Lanka ihm das Geld nicht überwies, zog der angehende Mediziner vor Gericht. In der ersten Instanz bekam er Recht zugesprochen, er war den 100.000 Euro ganz nah.

Richter befassen sich nicht mit der Viren-Frage

Doch dann ging Lanka in Berufung und gewann vor gut einem Jahr beim Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Die dortigen Richter ­beschäftigten sich allerdings gar nicht mit der Frage der Existenz von Masern-Viren, wie sie ausdrücklich festhielten. Ihnen ging es um die rein rechtliche Frage, ob der inzwischen als Arzt tätige Kläger die Auslobung Lankas erfüllt habe. Dies sei nicht der Fall gewesen, entschied das OLG. Denn unter anderem habe der Impfgegner den Nachweis mittels eines Fachartikels verlangt, doch legte Bardens sechs vor. Anders als bei einer Wette oder einer Preisausschreibung kann der Auslobende die Regeln selber bestimmen. „Sie hätten aber auch 600 einreichen können, er hätte keine akzeptiert“, sagte damals der Vorsitzende Richter zum Kläger.

Und Lanka jubelte: „Es gibt keine krankmachenden Viren“ – obwohl das Urteil hierzu gar nichts sagte.

Der Kläger wollte die Entscheidung nicht auf sich sitzen lassen. Da die Stuttgarter Richter die Revision nicht zugelassen hatten, legte er Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Doch der BGH wies diese bereits im Dezember vergangenen Jahres ohne weitere Begründung zurück. Die BGH-Richter sehen die Voraussetzung für das Rechtsmittel schlicht nicht gegeben. Denn das Gesetz lässt eine Revision nur zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Das konnten die Karlsruher Richter vorliegend nicht erkennen.

Anders sah es nur Lanka: „Die Behauptungen des Klägers wurden vom BGH mit deutlichen Worten zurückgewiesen“, erklärte er in ­einem Online-Blog. Keine der sechs in den Prozess eingebrachten Publikationen liefere einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des behaupteten Masern-Virus, behauptet Lanka.

Krankenhaushygieniker Andreas Podbielski vom Uniklinikum ­Rostock, der als einer von fünf Gutachtern vor Gericht auftrat, widerspricht Lanka. In seinem Gutachten habe er zwar festgestellt, dass ­„keiner der fünf Originalartikel für sich allein die Existenz des Masern-Virus belegt, alle sechs zusammengenommen aber schon“.

Impfgegner wie Lanka könnten durch ihre Aussagen mittelbar ­Gesundheitsschäden und auch Todesfälle verursachen, wenn Menschen sich von Impfungen abhalten lassen, sagte Podbielski. |

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