Gesundheitspolitik

Gutachten: Honorar runter trotz anerkannter Defizite

Viel Aufregung um Vor-Version des Honorargutachtens

SÜSEL (tmb) | Das Gutachten zur Apothekenhonorierung im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums wurde bis zum Redaktionsschluss dieser AZ nicht offiziell veröffentlicht und wird doch intensiv diskutiert. Denn in den Medien kursiert die Zusammenfassung einer Version vom 13. November. Nach diesem Datum haben sich offenbar mehrere Ministerien und das Statistische Bundesamt mit der Studie befasst. Möglicherweise werden auch die Urheber, die Agentur 2hm, nochmals an ihr arbeiten. Daher sind noch wesentliche Änderungen denkbar.

Doch die bisher kursierenden Vorschläge sorgen für Aufregung ­unter den Apothekern. Denn die Honorierung der Apotheken soll danach deutlich reduziert werden. Dabei stellen die Studienautoren in der Zusammenfassung durchaus fest, dass sehr viele Apotheken schon jetzt wirtschaftlich gefährdet sind. Bereits 2015 hätten 7600 Apotheken-Unternehmen (Einzelapotheken oder Filialverbünde) keinen angemessenen Unternehmerlohn erwirtschaftet. Ihre Schließung sei daher mittelfristig wahrscheinlich. Hiervon sei es 2600 Apotheken-Unternehmen mit einem durchschnittlichen Bruttobetriebsergebnis von 30.000 Euro schon 2015 sehr schlecht gegangen, davon 1900 in städtischen und 700 in länd­lichen Kreisen.

© Kai Felmy

Gezielte Landapotheken-subvention

Die Autoren sehen die Versorgung derzeit jedoch nicht bedroht. Nach Schließung der gefährdeten Apotheken läge die Apothekendichte auf dem Niveau der Niederlande und Österreichs. Ein Verbot des Versandhandels sei nicht zu rechtfertigen, weil dieser direkt nach Hause liefere. Botendienste und Versandlieferungen seien effiziente Versorgungsformen in der Fläche. Alle wirtschaftlich bedrohten Apotheken zu erhalten, sei angesichts der Niederlassungsfreiheit nicht zu rechtfertigen und würde jährlich etwa 3 Milliarden Euro kosten. Stattdessen wird empfohlen, die für die flächendeckende Versorgung relevanten Apotheken gezielt zu unterstützen. Doch seien die durchschnittlichen Bruttobetriebsergebnisse in ländlichen Kreisen sogar 20.000 Euro höher als in Großstädten und 40.000 Euro höher als in städtischen Kreisen.

Ende der Mischkalkulation

Obwohl die Studienautoren schon jetzt wirtschaftliche Probleme bei fast der Hälfte der Apotheken feststellen, empfehlen sie vielfältige Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung, die in der Summe zu einer deutlich geringeren Honorierung führen würden. Dabei sollen Mischkalkulationen verhindert werden. Der Beitrag für den Notdienstfonds, die Arbeitspreise für Standardrezepturen und der BtM-Zuschlag sollen deutlich steigen. Dagegen soll der Festzuschlag von 8,35 Euro auf 5,80 Euro pro Rx-Packung massiv sinken. Auch die Arbeitspreise für Zytostatika-Zubereitungen sollen sinken. Dagegen soll der dreiprozentige Aufschlag für Rx-Fertigarzneimittel auf 4,8 Prozent (oder auf 7 Prozent mit einer Deckelung bei 1200 Euro) steigen, aber das würde den sinkenden Festzuschlag längst nicht ausgleichen. Denn die GKV-finanzierten Rx-Arzneimittel sollen die Abgabe von OTC-Arzneimitteln und Freiwahlartikeln nicht querfinanzieren. Da nur 39,7 Prozent der abgegebenen Packungen Rx-Fertigarzneimittel seien, solle der Festzuschlag auch nur diesen Anteil der Kosten decken, die nach Notdienst, BtM, Rezepturen und Warenlogistik verbleiben, heißt es in der vorliegenden Studienzusammenfassung. Die Autoren empfehlen, als Ausgleich die Preise für OTC-Arzneimittel und Freiwahlartikel um zehn Prozent zu erhöhen.

Angriff auf Großhandels­rabatte

Auch die Großhandelsvergütung soll sich deutlich ändern. Der Festzuschlag des Großhandels soll von 70 auf 96 Cent pro Packung steigen und der prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent auf 0,54 Prozent sinken. Da nur der prozentuale Zuschlag für Rabatte zur Verfügung stehen soll, könnte der Großhandel praktisch keine Einkaufsvorteile für Rx-Arzneimittel mehr bieten. Welche dieser Vorschläge noch in einer finalen Fassung des Gutachtens stehen werden, ist allerdings komplett offen. |

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