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Beratung

Jetzt ist endgültig Schluss!

So kann die Raucherentwöhnung gelingen

Alle Jahre wieder werden gute Vor­sätze gefasst: Nicht erst seit Zigarettenschachteln mit abschreckenden Bildern „geschmückt“ sind, ist Rauchern das Gesundheitsrisiko bewusst, dem sie sich aussetzen. So versuchen jedes Jahr 20 bis 30% aller Raucher das Rauchen aufzugeben – geschieht dies ohne verhaltenstherapeutische oder medikamentöse Unterstützung, sind von ihnen nach sechs Monaten nur noch 3 bis 7% abstinent. Durch eine begleitende Nicotin-Ersatzt­herapie verdoppelt sich die Chance, durchzuhalten. Ein aktueller Cochrane-Review zeigt, dass bei Rauchern, die nicht von einem auf den anderen Tag aufhören können oder wollen, eine Reduktion der täglichen Zigarettenmenge die Chance auf eine erfolgreiche Entwöhnung erhöht. Auch hier kann die Nicotin-Ersatztherapie helfen. | Von Sabine Werner

„Tabakrauch gehört zu den gefährlichsten Substanzen mit psychotropen Inhaltsstoffen“ – mit diesen Worten beginnt die von zahlreichen Fachgesellschaften getragene S3-Leitlinie „Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums”. Das enthaltene Nicotin wirkt nicht nur konzentrationsfördernd und entspannend, sondern führt auch zu körperlicher Abhängigkeit. Gefährlich ist diese Abhängigkeit, da Tabakrauch zahlreiche Stoffe enthält, die unter anderem Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. Bei der Raucherentwöhnung gilt es nicht nur die physische Nicotin-Abhängigkeit zu durchbrechen, sondern auch Rituale, die den Alltag bestimmen, z. B. die Zigarette nach dem Essen, auf dem Weg in den Feierabend etc.

Wünschenswert ist ein sofortiger Rauchstopp. Doch starke Raucher können oder wollen diesen radikalen Rauchstopp oft nicht. Hier zeigt der Cochrane-Review, dass auch eine langsame Reduktion der Zahl täglich gerauchter Zigaretten Sinn macht – zwar gibt es noch keine Belege für einen langfristigen Vorteil im Hinblick auf das Gesundheitsrisiko, aber Raucher, denen es gelingt ihren Zigarettenkonsum zu reduzieren, haben statistisch gesehen eine höhere Chance, später komplett mit dem Rauchen aufzuhören.

Rauchstopp oder Reduktion?

Sowohl beim Rauchstopp als auch bei der Reduktionsmethode sind die Chancen, abstinent zu bleiben, deutlich höher, wenn die Entwöhnung durch eine Nicotin-Ersatztherapie (NET) unterstützt wird. Entsprechende Präparate sind in der Apotheke in verschiedenen Stärken und Darreichungsformen mit unterschiedlicher Freisetzungskinetik erhältlich. Aufgrund der Rezeptfreiheit besteht hoher Beratungsbedarf durch das Apothekenpersonal.

Ein Rauchstopp kann vor allem in den ersten Tagen körperliche Entzugssymptome zur Folge haben. Typisch sind z. B. Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Reizbarkeit oder Nervosität. Diese können durch medikamentöse Nicotin-Zufuhr kompensiert werden. Der Raucher hat so die Chance, ohne quälende Entzugssymptome das Rauchen aus seinem Alltag zu verbannen: Neue Rituale müssen das Ritual Zigarette in verschiedenen Alltagssituationen ersetzen. Nach sechs Wochen, wenn sich der Patient an den rauchfreien Alltag gewöhnt hat, wird auch die Nicotin-Zufuhr langsam reduziert, um die körperliche Abhängigkeit zu beenden.

Zu Beginn jeder Beratung ist der Grad der Abhängigkeit zu beurteilen. Eine einfache Methode ist die Frage nach der Zahl der täglich gerauchten Zigaretten (< 20: schwache Raucher; > 20: starke Raucher), ausführlicher ist der Fagerström-Test (s. Kasten). Weiter sind für die Auswahl einer geeigneten Darreichungsform die Rauchgewohnheiten interessant. Regelmäßige Raucher benötigen auch eine regelmäßige Nicotin-Zufuhr, z. B. durch transdermale therapeutische Systeme (TTS), die Entzugssymptome erst gar nicht aufkommen lässt. Gelegenheitsraucher, die nur in speziellen Situationen nach der Zigarette greifen, wenden Nicotin dagegen in schnell freisetzenden Darreichungsformen an, die in kurzer Zeit das Verlangen nach einer Zigarette lindern.

Fagerström-Test, um das Ausmaß der Nicotin-Abhängigkeit zu bestimmen

1. Wann nach dem Aufwachen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?
□ innerhalb von fünf Minuten (3 Punkte) 
□ innerhalb von sechs bis 30 Minuten (2 Punkte)
□ innerhalb von 30 bis 60 Minuten (1 Punkt)
□ es dauert länger als 60 Minuten (0 Punkte)

2. Finden Sie es schwierig, an Orten, an denen Rauchen verboten ist, das Rauchen sein zu lassen?
□ ja (1 Punkt)
□ nein (0 Punkte)

3. Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?
□ die erste am Morgen (1 Punkt)
□ andere (0 Punkte)

4. Wie viele Zigaretten rauchen Sie durchschnittlich pro Tag?
□ 30 (3 Punkte)
□ 21 bis 30 (2 Punkte)
□ 11 bis 20 (1 Punkt)
□ 0 bis 10 (0 Punkte)

5. Rauchen Sie in den ersten Stunden nach dem Erwachen im Allgemeinen mehr als am Rest des Tages?
□ ja (1 Punkt)
□ nein (0 Punkte)

6. Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen?
□ ja (1 Punkt)
□ nein (0 Punkte)

Ergebnis:
0 bis 2 Punkte: geringe Abhängigkeit
3 bis 5 Punkte: mittlere Abhängigkeit
6 bis 7 Punkte: starke Abhängigkeit
8 bis 10 Punkte: sehr starke Abhängigkeit

Quelle: deutsche Übersetzung: www.uni-wuerzburg.de

Für sehr starke Raucher (mehr als 30 Zigaretten/Tag oder über sechs Punkte im Fagerström-Test) kommt auch eine Kombinationstherapie aus transdermalen therapeutischen Systemen und einer schnell freisetzenden Arzneiform infrage. Dabei dürfen pro Tag insgesamt maximal 64 mg Nicotin zugeführt werden. Über bis zu vier Wochen wird die dem Tageskonsum an Zigaretten entsprechende Nicotin-Menge über ein hochdosiertes Pflaster und zusätzliche Kaugummis zugeführt, danach wird die Dosis des Nicotin-Pflasters bis zur zwölften Woche schrittweise reduziert und dann weggelassen. Nicotin-Kaugummis können noch bis zu drei Monate weiter angewendet werden.

Tab. 1: Präparate zur Nicotin-Ersatztherapie [Quelle: Lauer Fischer Taxe, Stand 28. Dezember 2016]
Marke
Darreichungsform
Stärke
Nicorette®
Nicorette® Kaugummi
Nicorette® Spray zur Anwendung in der Mundhöhle
Nicorette® TX Pflaster
Nicorette® Inhaler
Nicorette® Lutschtablette
2 mg; 4 mg
1 mg/Sprühstoß
10 mg; 17,5 mg; 25 mg
15 mg/Patrone
2 mg; 4 mg
Nicotinell®
Nicotinell® Kaugummi
Nicotinell® Lutschtabletten
Nicotinell®-24-Stunden-Pflaster
2 mg; 4 mg
1 mg; 2 mg
17,5 mg; 35 mg; 52,5 mg
Nikofrenon®
Nikofrenon® transdermales Pflaster
10 mg; 20 mg; 30 mg
NiQuitin®
NiQuitin® Clear transdermales Pflaster
NiQuitin® Mini Lutschtabletten
7 mg; 14 mg; 21 mg
1,5 mg; 4 mg

Tabelle 1 zeigt in der Apotheke verfügbare OTC-Präparate zur Nicotin-Ersatztherapie. Die für regelmäßige Raucher geeigneten transdermalen therapeutischen Systeme dürfen nur bei einem sofortigen Rauchstopp angewendet werden. Sie werden in der Regel einmal täglich morgens gewechselt. Durch das Aufkleben direkt nach dem Aufstehen werden eventuell auftretende Schlafstörungen in der Nacht vermieden und das typische morgendliche Verlangen nach einer Zigarette verhindert. Dabei ist darauf zu achten, dass die Hautstelle sauber, trocken und unbehaart ist. Gut geeignet sind Schultern, Oberarme, der obere Rücken oder die Hüfte. Die Haut darf nicht gereizt, entzündet oder verletzt sein, auch auf Tattoos sollte kein TTS geklebt werden. Die Stelle muss täglich gewechselt werden, frühestens nach einer Woche darf wieder auf dieselbe Stelle geklebt werden. Nach der Applikation sind die Hände sorgfältig zu waschen.

Wie klebt es richtig?

Foto: Science Photo Library/Mark Sykes

Ein Nicotin-Pflaster sollte nur auf gesunde, unbehaarte, trockene und saubere Haut geklebt werden, auf der sich keine Lotion, Alkohol oder Salbenreste befinden. Zum Öffnen wird der Schutzbeutel vorsichtig mit einer Schere entlang der vorgezeichneten Linie aufgeschnitten und das Pflaster herausgenommen. Die klebenden Teile dürfen beim Abziehen der Aluminiumschutzschicht nicht mit den Fingern berührt werden. Das transdermale Pflaster wird dann zehn bis 20 Sekunden lang mit der Handfläche angedrückt. Klebt es nicht richtig, kann es mit einem wirkstofffreien herkömmlichen Wundpflaster fixiert werden. Auch um es zum Beispiel beim Duschen vor Feuchtigkeit zu schützen, kann es mit einem normalen Pflaster überklebt werden. Möchte man Schwimmen oder Baden, so kann das Pflaster auch abgenommen werden, ohne dass die Klebeeigenschaften verloren gehen. So rät GlaxoSmithKline als Hersteller der Nicotinell® Pflaster, nach dem Abziehen von der Haut das Pflaster mit dem äußersten Kleberand vorsichtig auf eine glatte Oberfläche, z. B. einen Spiegel, aufzukleben, um die Haftfähigkeit zu bewahren. Es darf immer nur ein Pflaster getragen werden! Und jede Applikationsstelle darf erst nach einigen Tagen wieder genutzt werden. Die gebrauchten Pflaster müssen sorgfältig entsorgt werden. Dazu wird die Klebeschicht in der Mitte nach innen gefaltet und die beiden Hälften miteinander verklebt. Nach einer Berührung sollten die Hände nur mit Wasser ge­waschen werden, da Seife die Nicotin-Absorption steigern kann.

Etwas verwirrend ist die Bezeichnung der Dosis bei den unterschiedlichen Präparaten. Die meisten Präparate setzen in 24 Stunden 7 mg, 14 mg bzw. 21 mg frei. Tabelle 2 fasst alle relevanten Informationen zu den verschiedenen transdermalen therapeutischen Systemen zusammen. Fast alle Pflaster werden regulär 24 Stunden auf der Haut belassen. Sollte dies nachts zu Nebenwirkungen führen (z. B. Schlaflosigkeit), kann das Pflaster auch vor dem Schlafengehen entfernt werden. Der niedrige morgendliche Nicotin-Spiegel kann dann allerdings ein starkes Verlangen direkt nach dem Aufstehen zur Folge haben. Das Nicorette® TX Pflaster soll morgens aufgeklebt und am Abend vor dem Schlafengehen wieder entfernt werden. Das Therapieschema für Nicotin-Pflaster erstreckt sich in der Regel über zwölf Wochen, länger als sechs Monate sollten diese transdermalen therapeutischen Systeme nicht angewendet werden.

Tab. 2: Transdermale therapeutische Systeme zur Nicotin-Ersatztherapie (Beispiele) [Quelle: Lauer Fischer Taxe, Stand 28. Dezember 2016]
Präparat
freigesetzte Wirkstoffmenge/Stunden
Therapieschema
Nicorette® TX Pflaster 10 mg; 15 mg; 25 mg
10 mg; 15 mg; 25 mg Nicotin/16 Stunden
1 Pflaster enthält: 15,8 mg; 23,6 mg bzw. 39,4 mg Nicotin
starke Raucher:
acht Wochen 25 mg, zwei Wochen 15 mg, zwei Wochen 10 mg
schwache Raucher:
acht Wochen 15 mg, vier Wochen 10 mg
Nicotinell®-24-Stunden-Pflaster 17,5 mg; 35 mg; 52,5 mg
7 mg; 14 mg; 21 mg Nicotin/24 Stunden
1 Pflaster enthält: 17,5 mg; 35 mg; 52,5 mg
starke Raucher:
vier Wochen 21 mg, vier Wochen 14 mg, vier Wochen 7 mg
schwache Raucher:
acht Wochen 14 mg, vier Wochen 7 mg
Nikofrenon® 10; 20; 30 transdermales Pflaster
7 mg; 14 mg; 21 mg Nicotin/24 Stunden
1 Pflaster enthält: 17,5 mg; 35 mg bzw. 52,5 mg
NiQuitin® Clear 7 mg; 14 mg; 21 mg transdermales Pflaster
Besonderheit: transparentes Pflaster
7 mg; 14 mg; 21 mg Nicotin/24 Stunden
1 Pflaster enthält: 36 mg; 78 mg bzw. 114 mg Nicotin
Therapiedauer maximal zehn Wochen
Raucher > zehn Zigaretten/Tag:
sechs Wochen 21 mg, zwei Wochen 14 mg, zwei Wochen 7 mg
Raucher < zehn Zigaretten/Tag:
sechs Wochen 14 mg, zwei Wochen 7 mg

Für Gelegenheitsraucher gibt es verschiedene schnellfreisetzende Darreichungsformen von Nicotin. Nicorette® Kaugummis und Nicoti­nell® Kaugummis stehen in den Stärken 2 mg und 4 mg zur Verfügung. Starke Raucher sollten die 4-mg-Einzeldosis verwenden, schwache Raucher die 2-mg-Einzeldosis. Das Kauen muss sich über etwa 30 Minuten erstrecken, sobald ein intensiver Geschmack verspürt wird, wird der Kaugummi in der Backentasche gelagert, bei erneutem Kauen sollte die Seite gewechselt werden. Bei sofortigem Rauchstopp werden zunächst alle täglichen Zigaretten durch einen Kaugummi ersetzt (maximal 16/Tag). Nach sechs Wochen wird die Dosis schrittweise reduziert, bis nach sechs Monaten die Entwöhnung beendet sein sollte. Wird eine Reduktionstherapie durchgeführt, ersetzt der Patient zunächst einzelne Zigaretten durch einen Nicotin-Kaugummi. Zu einem vorher festgelegten Termin (maximal sechs Monate nach Therapiebeginn) müssen sämtliche Zigaretten durch Kaugummis ersetzt werden, nach weiteren sechs Wochen erfolgt auch hier die Dosisreduktion.

Bei schnellem Bedarf: Kaugummis & Co

Einen noch schnelleren Wirkeintritt und eine unauffälligere Anwendung versprechen Lutschtabletten. Nicorette® Lutschtabletten sind mit 2 mg und 4 mg erhältlich, Nicotinell® Lutschtabletten mit 1 mg und 2 mg, NiQuitin® Mini Lutschtabletten mit 1,5 mg und 4 mg. Starke Raucher sollten die 4-mg-Dosierung verwenden, schwächere Raucher 1 mg oder 2 mg. Über sechs Wochen nach dem Rauchstopp werden nach Bedarf bis zu 15 Tabletten pro Tag angewendet, danach beginnt die Reduktionsphase. Die Therapiedauer beträgt maximal neun Monate. Da durch einen erniedrigten pH-Wert im Mundraum die Resorption von Nicotin vermindert werden kann, sollten 15 Minuten vor der Anwendung kein Kaffee und keine Fruchtsäfte getrunken werden. Die Tabletten dürfen nicht geschluckt werden, sondern sollten über 15 bis 30 Minuten bis zum Auflösen im Mund bleiben. NiQuitin® Lutschtabletten zeichnen sich durch eine besonders schnelle Freisetzung innerhalb von zehn Minuten aus.

Die Marke Nicorette® umfasst zwei weitere Darreichungsformen, durch die bei Bedarf besonders schnell Nicotin zugeführt werden kann: Nicorette® Spray zur Anwendung in der Mundhöhle wird bei angehaltenem Atem auf die Mundschleimhaut gesprüht. Eine Anwendung besteht aus zwei Sprüh­stößen à 1 mg, die Wirkung tritt bereits nach 60 Sekunden ein. Pro Tag dürfen zu Beginn maximal 64 Sprühstöße abgegeben werden, über eine Dauer von maximal sechs Monaten wird die Dosis dann reduziert. Der Nicorette® Inhaler besteht aus einem Mundstück und Nicotin-Patronen. Er wurde für Raucher entwickelt, denen es schwerfällt, beim Rauchstopp „nichts mehr in der Hand zu haben“, da er ähnlich wie eine Zigarette gehalten und verwendet wird. Das Einatmen löst die Verdampfung einer Einzeldosis Nicotin aus der Patrone aus, die über 20 Minuten inhaliert wird. Pro Tag sollten maximal sechs Patronen à sieben Anwendungen verbraucht und dann die Dosis schrittweise reduziert werden.

Kontraindikationen und Interaktionen

Vor der Abgabe von Nicotin-Präparaten müssen verschiedene Kontraindikationen ausgeschlossen werden. Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren dürfen eine Nicotin-Ersatztherapie nur auf ärztliche Anweisung durchführen. Beim Vorliegen verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z. B. ein kürzlich aufgetretener Herzinfarkt oder Schlaganfall, schwere Arrhythmie oder Hypertonie, bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion, bei Schilddrüsenüberfunktion oder säurebedingten gastrointestinalen Erkrankungen darf keine Nicotin-Ersatztherapie durchgeführt werden. In der Schwangerschaft sollte ein Rauchstopp ohne medikamentöse Unterstützung durchgeführt werden.

Auch die Dauermedikation des Kunden sollte abgefragt werden. Die Inhaltsstoffe des Tabakrauchs induzieren CYP1A2 in der Leber. Beim Rauchstopp kommt es entsprechend zu einer verlangsamten Metabolisierung diverser Arzneistoffe, die bei geringer therapeutischer Breite relevant wird. Betroffen sind z. B. Theophyllin, Ropinirol oder Clozapin. Eine Dosiserhöhung kann dagegen für Sympathomimetika nötig sein, z. B. für Salbutamol. Insulinpflichtige Diabetiker sollten darauf hingewiesen werden, dass es zu einer Zunahme der subkutanen Insulin-Resorption kommen kann, der Blutzuckerspiegel sollte daher engmaschig kontrolliert und die Insulin-Dosis eventuell angepasst werden.

Bei der Abgabe von Nicotin-Präparaten muss dringend auch auf die Notwendigkeit der kindersicheren Entsorgung hingewiesen werden. Jede Darreichungsform enthält nach der Applikation noch Wirkstoffreste, die bei einem Kleinkind, das sich z. B. ein Pflaster aufklebt oder einen Kaugummi verschluckt, im schlimmsten Fall zu einer lebensbedrohlichen Vergiftung führen können.

Andere unterstützende Wirkstoffe

Bei Versagen der Nicotin-Ersatztherapie stehen auf ärztliche Verschreibung noch zwei Wirkstoffe für die Raucherentwöhnung zur Verfügung:

Bupropion (Zyban®), eigentlich ein Antidepressivum, dessen Wirkmechanismus bei der Raucherentwöhnung noch unklar ist, wird zunächst unter Beibehaltung des Rauchens über sieben Tage einmal täglich eingenommen. Am achten Tag erfolgt der Rauchstopp, es werden über acht Wochen zweimal täglich 150 mg eingenommen. Da Bupropion über CYP2B6 verstoffwechselt wird und selbst CYP2D6 inhibiert, sind zahlreiche Wechselwirkungen zu beachten. Auch das Nebenwirkungsprofil ist ungünstiger als das der Nicotin-Präparate.

Vareniclin (Champix®) ist ein partieller Nicotin-Rezeptor-Agonist, der das Rauchverlangen und die Entzugssymptome während der Abstinenz lindert. Zunächst werden zusätzlich zum Zigarettenkonsum drei Tage lang einmal 0,5 mg, dann vier Tage zweimal 0,5 mg eingenommen, ab dem achten Tag muss das Rauchen eingestellt und über zwölf Wochen zweimal täglich 1,0 mg Vareniclin eingenommen werden.

Entwarnung für Vareniclin und Bupropion

Vareniclin und Bupropion stehen unter dem Verdacht, schwere Stimmungsschwankungen bzw. Verhaltens- oder Denkstörungen auszulösen. Dazu gehören Ängste, Nervosität, Anspannungen, depressive Stimmungen, ungewöhnliches Verhalten oder Suizidgedanken. In den Packungsbei­lagen wird davor gewarnt, dass sich während der Einnahme eine Depression entwickeln kann und dass diese Wirkstoffe möglicherweise die Bereitschaft zur Selbsttötung steigern. Wegen dieser Sicherheitsbedenken wurden die Präparate in den USA mit einer Black-box-warning versehen und die Hersteller aufgefordert, in einer Postmarketing-Studie das Risiko für neuropsychiatrische Störwirkungen zu untersuchen. Die Ergebnisse liegen nun vor, und die FDA kommt nach erneuter Nutzen-Risiko-Bewertung zu dem Schluss, dass die Erfolgsrate der Raucherentwöhnung größer ist, als die Nebenwirkungen. Aufgrund dieser positiven Nutzen-Risiko-­Bilanz sieht die FDA deshalb keinen Grund mehr, den Einsatz der Wirkstoffe einzuschränken. Der umrahmte Warnhinweis zu Vareniclin wird gestrichen, die Warnhinweise zu Bupropion abgeschwächt. Bei beiden muss jedoch weiterhin auf die Gefahr von neuropsychiatrischen Komplikationen hingewiesen werden, die zum vorzeitigen Abbruch einer Behandlung zwingen können.

Quelle: FDA revises description of mental health side effects of the stop-smoking medicines Chantix (varenicline) and Zyban (bupropion) to reflect clinical trial findings. FDA Drug Safety Communication, 16. Dezember 2016, www.fda.gov

Nicht-medikamentöse Unterstützung

Unterstützend können dem Raucher noch verhaltenstherapeutische Tipps mitgegeben werden die den Rauchstopp im Alltag erleichtern:

  • alle Raucherutensilien aus der Wohnung entfernen,
  • Wohnung gründlich reinigen und lüften, um den Zigarettengeruch zu entfernen,
  • die Zigarette, vor allem da wo sie zum Ritual geworden ist, durch andere Aktivitäten ersetzen: z. B. Trinken, kurzer Spaziergang, einen Apfel essen,
  • das persönliche Umfeld informieren und um Unterstützung bitten,
  • sich eine Belohnung für einen bestimmten zigaretten­freien Zeitraum gönnen,
  • bewusst auf fett- und zuckerreiche Nahrungsmittel verzichten um eine Gewichtszunahme zu vermeiden,
  • die Vorteile des Nichtrauchens schriftlich festhalten,
  • gemeinsam mit Freund/Partner mit dem Rauchen aufhören,
  • hilfreich sind auch Patientenbroschüren für Raucher, die von den Herstellern, aber auch von unabhängigen Instituten bezogen werden können, Tabelle 3 gibt einen Überblick über diese Internetseiten.

Tab. 3: Beispiele für herstellerunabhängige Internetseiten zum Thema Raucherentwöhnung
Links für Apotheker:
C4: Beratung zur Tabakentwöhnung
(weiterführende Informationen für die Beratung in der Apotheke)
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Informationen, Anforderung von Patientenbroschüren
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS)
Bestellung von Broschüren
Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz)
kostenloser Download des „Tabakatlas Deutschland“
Links für Raucher:
Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Hotline, e-mail-Coach und vielen Informationen
Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Jugendliche
Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) mit Anbietern von Entwöhnungsprogrammen

Durch eine engagierte Beratung zur Raucherentwöhnung kann so in jedem Fall die Chance des Rauchers erhöht werden, dauerhaft abstinent zu bleiben. |

Literatur

Lindson-Hawley N et al. Interventions to reduce harm from continued tobacco use. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016;10:CD005231

Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums. S3-Leitlinie AWMF-Register Nr. 076-006, Stand: 9. Februar 2015

Tabakabhängigkeit. Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, 2. Auflage 2010

Fagerström KO, Schneider NG. Measuring nicotine dependence: A review of the Fagerström Tolerance Questionnaire. J Behav Med 1989;12:159-181

Fach- und Gebrauchsinformationen der Hersteller

weitere Literatur bei der Autorin

Autorin

Dr. Sabine Werner studierte Pharmazie in München und Berlin. Nach ihrer Promotion arbeitete sie in einer Krankenhausapotheke in Tansania, später in einer öffentlichen Apotheke in Deutschland. Seit 2010 unterrichtet sie an der Berufsfachschule für pharmazeutisch-technische Assistenten in München.

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