Interpharm 2017 – DAP Retax-Forum

Wichtige Retax-Regeln kennen

So lassen sich Retaxationen vermeiden

DAP | Im Retax-Forum des DeutschenApothekenPortals (DAP) konnten die Teilnehmer anhand von zwei spannenden Vorträgen erlernen, wie eine sichere und gesetzeskonforme Rezeptbelieferung unter Berücksichtigung aller neuen gesetzlichen und vertraglichen Vor­gaben in der Praxis funktioniert.

Bereits zum dritten Mal war das DeutscheApothekenPortal mit dem DAP Retax-Forum auf der Interpharm vertreten. In ihren Vorträgen vermittelten die beiden Retax-Expertinnen das ­nötige Know-how, um Retaxation in der Apothekenpraxis zu vermeiden.

Wichtige Retax-Regeln anhand von Praxisbeispielen

Bei Apothekerin Gisela Will standen die grundlegenden Retax-Regeln im Fokus. Zum Auftakt ihrer Präsentation gab sie einen Überblick über typische Fehlerquellen, die zu Retaxationen führen. Daraus leitete sie fünf Regeln zur Vermeidung von Retaxationen ab:

1. Rezeptformalien prüfen,

2. Rabattverträge beachten,

3. Nichtabgabe von Rabattarzneimitteln korrekt dokumentieren,

4. Original-/Importarzneimittel: Besonderheiten beachten,

5. Mehrfachverordnungen richtig stückeln.

Die Überprüfung der Rezeptformalien gehört zur Basis der Rezeptbelieferung; der Rahmenvertrag erlaubt die Korrektur sämtlicher fehlender oder unvollständiger Angaben nach Rücksprache mit dem Arzt. Wichtig ist, dass diese vor der Abgabe erfolgt. Die Arztunterschrift, die Menge (Muster-16-Rezepte) und das Aut-idem-Kreuz sind jedoch Angaben, die nicht durch den Apotheker korrigiert werden dürfen. Hinsichtlich der Rabattvertrags­situation gilt die Faustregel, dass Rabattarzneimittel immer bevorzugt abzugeben sind. Dies gilt auch im Verhältnis Original- zu Importarzneimittel. Bei Arzneimitteln der Substitutionsausschlussliste ist der Austausch auf generische Alternativen zwar untersagt, aber auch hier muss ein Austausch zwischen Original- und Importarzneimittel stattfinden, sofern eines von beiden rabattiert ist. Dies liegt daran, dass Original- und bezugnehmende Importe als identische Arzneimittel gelten. Gleiches gilt auch, wenn ein Aut-idem-Kreuz vom Arzt ­gesetzt wurde.

Bei der Nichtabgabe von Rabattarzneimitteln z. B. aufgrund von Nicht­lieferbarkeit, Pharmazeutischen Bedenken oder im Akutfall, sind die Sonder-PZN und der jeweilige zusätzliche individuelle Faktor auf das Rezept zu drucken. Will empfahl zudem bei Pharmazeutischen Bedenken stets auch den indi­viduellen Grund auf dem Rezept zu dokumentieren und dieses auch – im Rahmen eines guten Qualitätmanagementsystems – zusätzlich in dem Kundenkonto zu hinterlegen.

Foto: DAZ/Chris Hartlmaier
Gisela Will

Nicht nur die richtige Dokumentation ist entscheidend, auch das abzugebende Arzneimittel muss den Bedingungen des Rahmenvertrages entsprechen. Kommt es nicht zur Abgabe eines rabattierten Arzneimittels, dann dürfen nur das verordnete Arzneimittel, ein 15/15-Import oder eines der drei preisgünstigsten abgegeben werden. Aber wie ermittelt man die drei preisgünstigsten Arzneimittel? Praxisgerecht wurde diese Frage geklärt und die Erkenntnis war, dass es sich nicht zwangsläufig nur um drei Arzneimittelpackungen handeln muss.

Hinsichtlich der Austauschbarkeit von Original- und Importarzneimittel betonte Will, dass diese rechtlich als „identisch“ gelten, auch dann wenn die Darreichungsformen nicht gleich, sondern nur „therapeutisch vergleichbar“ sind. Last but not least ging es um das Thema Mehrfachverordnung/Stückelung. Hier nannte Will die wichtigen Grundregeln, die durch § 6 (2) und (3) des Rahmenvertrages vorge­geben werden. Während des Vortrages hatten die Teilnehmer ausreichend Zeit, ihre Fragen loszuwerden. Diese traten vor allem zur richtigen Rezeptdokumentation, zum Austausch zwischen Original und Import und zur Abgabe von mehreren Packungen auf und konnten ad hoc fachkundig beantwortet werden.

Neuigkeiten aus dem Retax-Dschungel

Apothekerin Christina Dunkel brachte mit ihrem Vortrag förmlich „Licht ins Dunkel“ sämtlicher neuen vertraglichen Regelungen, die sich auf die Rezeptbelieferung in der Apotheke auswirken. Wichtige Inhalte waren die Auswirkungen der Neufassung des § 3 des Rahmenvertrages, die Erweiterung der Substitutionsausschlussliste, die neue Quote zur Belieferung von Blutzuckerteststreifen und die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV).

Foto: DAZ/Chris Hartlmaier
Christina Dunkel

Insbesondere die Neuregelung des § 3 des Rahmenvertrages (gültig seit Juni 2016) brachte einige Erleichterungen bzw. Klarstellungen in Bezug auf die Rezeptbelieferung und auf die Berechtigung von Retaxationen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Regelungen von § 3 parallel zu dem bereits bestehenden § 6 des Rahmenvertrages bestehen.

Nach § 3 Rahmenvertrag ergeben sich für den Apotheker umfangreiche Heilungsmöglichkeiten auf einer Verordnung, die nach Rücksprache mit dem Arzt selber vorgenommen werden können. Zudem darf keine Retaxation mehr erfolgen, wenn im Falle von Pharmazeutischen Bedenken, bei Akutversorgung und Notdienst und im Falle der Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln entweder die Sonder-PZN oder der handschriftliche Vermerk auf dem Rezept fehlen. Auch zum Thema Stückelung/Mehrfachverordnung ergeben sich durch § 3 des Rahmenvertrages neue Möglichkeiten – die Stückelung in einen definierten Normbereich ist nunmehr unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und von Rabattverträgen erlaubt.

Die Quote zur Abgabe von Teststreifen der Preisgruppe B ist auf 55% angehoben worden, zudem gibt es mittlerweile Rabattverträge für Blutzuckerteststreifen im Rahmen von Open-House-Verträgen. Gesetzesgrundlage ist hier der Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen. Das DeutscheApothekenPortal stellt auf seiner Internetseite übrigens eine Übersicht der aktuellen Rabattverträge zur Verfügung.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Vortrag von Dunkel vor allem durch die inhaltlichen Aspekte zum „Cannabisgesetz“ (in Kraft seit 10. März) und zum neuen Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz. Neuerdings ist eine Verordnung von Cannabisblüten und -extrakten sowie von Fertigarzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon auf Kassenrezept möglich. Dunkel wies darauf hin, dass vor der Erstverordnung eine Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich sei, die von dem Arzt eingefordert werden muss. Generell ist die Verschreibung von Cannabis als Fertigarzneimittel oder als NRF-Rezeptur möglich. Die Verabreichung der Blüten erfolgt entweder als Tee oder per Vernebler.

Hilfe!

Haben Sie eine Retaxation erhalten oder Sie wissen nicht, wie Sie das Rezept korrekt beliefern können? Dann schicken Sie Ihren Fall an abgabeprobleme@deutschesapothekenportal.de. Das DeutscheApothekenPortal unterstützt Sie gern!

Das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) bringt für Apotheken mehr Geld bei der Abgabe von Rezepturen und der Belieferung von BtM-und T-Rezepten. Bei der Erstellung von Rezepturen wird der bekannte Fixzuschlag bei Fertigarzneimitteln von 8,35 Euro nun ebenfalls gewährt, gleichzeitig werden die jeweiligen ­Rezepturzuschläge (Arbeitspreise) um 1 Euro erhöht. Für die Abgabe von BtM und Arzneimitteln, die auf einem T-Rezept verordnet werden müssen, ist eine Gebühr von 2,91 Euro mit der Krankenkasse abzurechnen. |

Foto: DAZ/Chris Hartlmaier

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