- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 20/2017
- E. coli Stamm Nissle 1917...
Apotheke und Markt
E. coli Stamm Nissle 1917 – ein besonderes Probiotikum
Mutaflor®: 100 Jahre probiotische Arzneimittel-Therapie
Die Haut wie auch die Schleimhäute des Körpers sind zu jedem Zeitpunkt und ohne jeglichen Krankheitswert mit kommensalen Bakterien besiedelt, die in ihrer Gesamtheit als Mikrobiom bezeichnet werden. Nach neueren Berechnungen liegt das Verhältnis mikrobieller zu humanen Zellen im Körper bei etwa 1:1. Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist dynamisch und von verschiedenen Faktoren abhängig, die Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte sind. Ebenso wichtig ist auch die natürliche Begrenzung des Mikrobioms durch eine gut funktionierende Barriere, da auch normale Bakterien schädlich sein können, wenn sie unsere Oberflächen durchdringen und die lokale Abwehr nicht richtig funktioniert. Neben Haut, Lunge und Genitaltrakt sind insbesondere die funktionierenden Oberflächen des Verdauungstrakts von zentraler Bedeutung, weil hier die Bakteriendichte am höchsten ist. Neben einer physikalischen/chemischen Barriere aus Zellen und Schleim produzieren unsere Körperoberflächen aktiv antibiotische Substanzen, die die Zusammensetzung des Mikrobioms regulieren und entscheiden, welche Bakterien an welcher Körperoberfläche überleben können. Die Mechanismen, mit denen der Körper an verschiedenen Stellen das Mikrobiom regulieren kann, werden zunehmend besser verstanden. Gleichzeitig ergibt sich eine ganz andere Sichtweise auf verschiedene Erkrankungen, die nun auf einmal als Mikrobiom-assoziierte Barriere-Erkrankungen wahrgenommen werden. Dazu gehören neben entzündlichen Erkrankungen des Intestinaltrakts auch metabolische und neurologische Erkrankungen.
Ein Stamm mit vielen Besonderheiten
Der Arzt Prof. Dr. Alfred Nissle beobachtete vor 100 Jahren, dass in seltenen Fällen das Wachstum von Salmonellen auf Petrischalen durch E.-coli-Stämme behindert wird. Diese Eigenschaft nannte er Antagonismus. Auf der Suche nach E.-coli-Stämmen mit besonders starken antagonistischen Eigenschaften isolierte Nissle 1917 den nach ihm benannten Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (EcN) aus dem Fäzes eines Soldaten. Heute weiß man aufgrund umfangreicher Studien, dass EcN viele spezifische Eigenschaften besitzt, die nicht auf andere Probiotika übertragbar sind. Charakteristisch für EcN sind etwa Flagellen zur Fortbewegung und Adhärenz an der Darmwand, verschiedene Fimbrien zur Ausbildung eines Biofilms, die Ausschüttung antagonistischer Mikrocine sowie eine besondere immunmodulatorische Lipopolysaccharid-Variante, die bisher in keinem anderen Stamm nachgewiesen wurde.
EcN bildet heute die Grundlage moderner probiotischer Arzneimittel (Mutaflor®), deren Wirksamkeit bei definierten Indikationen durch zahlreiche kontrollierte klinische Studien nachgewiesen wurde. Darüber hinaus wird EcN auch erfahrungstherapeutisch breit eingesetzt. Das Bakteriengenom ist komplett sequenziert. Die speziellen Wirkmechanismen wurden und werden umfassend erforscht. Bekannt ist, dass EcN positiv auf die Darmmuskulatur wirkt, die Darmbarriere stabilisiert, die Darmflora unterstützt, das Immunsystem stärkt und Darmentzündungen entgegenwirkt.
Pressekonferenz: „100 Jahre probiotische Arzneimittel-Therapie: Erfahrungen, Stellenwert und Ausblick”, Alfred-Nissle-Gesellschaft e. V., Ardeypharm, München, April 2017
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.