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Beratung

Gereizte Augen

Von Augenjucken bis Verschwommensehen

Juckreiz, Augentränen oder kurzzeitiges Verschwommensehen sind zwar unangenehm, tun jedoch nicht weh. Deshalb wird ein Augenarztbesuch häufig auf die lange Bank geschoben. Bei der Beratung von Betroffenen in der Apotheke sollten die Grenzen der Selbstmedikation jedoch sorgfältig ausgelotet werden. | Von Claudia Bruhn

„Ich hab da was am Auge“ – Betroffene hoffen auf rasche Linderung ihrer Beschwerden durch rezeptfreie Tropfen oder Salben aus der Apotheke, denn in Augenarztpraxen ist häufig mit langen Wartezeiten zu rechnen. Der Selbstmedikation bei Augensymptomen sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Denn hinter scheinbar harmlosen Beschwerden kann sich eine schwerwiegende Erkrankung verbergen, die im Extremfall zur Erblindung führt. Zudem erschwert eine Eigenbehandlung über längere Zeit unter Umständen die spätere Diagnose durch den Augenarzt. Außerdem können Überempfindlichkeitsreaktionen auf Inhaltsstoffe von Produkten wie beispielsweise Konservierungsmittel zur Sym­ptomverschlechterung führen. Bei Beachtung der Grenzen der Eigenbehandlung (s. Kasten „AUGEN-Merkhilfe“) eignen sich dennoch zahlreiche Präparate für die kurz­fristige Linderung von Augenreizungen oder begleitend zur ärztlichen Therapie.

AUGEN-Merkhilfe

Die Grenzen der Selbstmedikation lassen sich mit wenigen Schritten abklären. Wird eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollten Betroffene auf jeden Fall einen Augenarzt aufsuchen.

  • Ausfluss? – Eitriges Sekret, verklebte Lidränder und Wimpern sind ein Hinweis auf eine Infektion. Bei Augensymptomen nach einer Fernreise muss unverzüglich ein Augenarzt aufgesucht werden.
  • Unscharf? – Sehstörungen erfordern immer einen sofortigen Augenarztbesuch. Eine Netzhautablösung oder Veränderung aufgrund von Diabetes mellitus zählen zu den möglichen Ursachen.
  • Gegenstand? – Liegt ein Trauma vor, z. B. weil bei der Berufsausübung oder beim Sport ein Gegenstand, Rauch oder Staub ins Auge gelangt ist? Wurde das Auge durch eine Chemikalie verätzt?
  • Einseitig? – Einseitige Beschwerden können auf eine schwerwiegende Ursache hinweisen. So ist z.B. bei der einseitigen Migräne nur ein Auge gerötet.
  • Nebenwirkung? – Wurde kürzlich eine Augen-OP durchgeführt? Werden aktuell Arzneimittel eingenommen, die Nebenwirkungen am Auge haben können?

Allergie-bedingte Augensymptome

Treten Beschwerden wie Juckreiz, Rötung, Augentränen und Lidschwellungen während der Hauptflugzeit der wichtigsten Allergie-auslösenden Pollen auf, liegt der Verdacht einer al­lergischen Reaktion nahe. Die Symptome sind meistens beidseitig ausgeprägt und zudem nicht nur auf die Augen beschränkt. Fast immer klagen Betroffene auch über nasale Symptome wie Nasenjucken und laufende Nase. Deshalb beschreibt der Begriff allergische Rhinokonjunktivitis das Krankheitsbild exakter. Empfehlenswerte Ophthalmika gegen akute allergische Augensymptome enthalten die Wirkstoffe Azelastin, Ketotifen oder Levocabastin. Sie blockieren H1-Rezeptoren und lindern dadurch Histamin-bedingte Symptome. Außerdem sind für diese Substanzen analog zur Cromoglicinsäure und Iodoxamid Mastzellmembran-stabilisierende Wirkungen nachgewiesen worden, wodurch die Freisetzung von Histamin und Leukotrienen gehemmt wird.

Keine Verschnaufpause

Klimaveränderungen wie milde Winter verändern auch die Vegetationszyklen von Kräutern und Bäumen, sodass sich die Pollenflugzeiten teilweise verschieben. Dies führt z. B. dazu, dass die Pollen von Bäumen wie Erle und Haselnuss, deren Hauptflugzeit im Februar und März liegt, schon im Dezember verstärkt unterwegs sind. Auch noch vor einigen Jahren bei uns nicht heimische Pflanzen wie das Beifuß­blättrige Traubenkraut (Ambrosia) oder Tiere wie der Eichenprozessionsspinner breiten sich derzeit stark aus. Sie sorgen dafür, dass praktisch das ganze Jahr über Allergene unterwegs sind. Sind die Augensymptome durch Allergene anderer Tiere oder Hausstaubmilbenkot verursacht, sollten Betroffene über entsprechende Maßnahmen zur Allergenverminderung im häuslichen Umfeld beraten werden. Wenn sich die Symptome durch diese Maßnahmen nicht unter Kontrolle bringen lassen oder die Anwendung von Augentropfen zu schwierig erscheint (z. B. bei älteren Patienten) oder nicht gewünscht wird, empfehlen sich orale Antihistaminika. H1-Antihistaminika der zweiten Generation wie Cetirizin und Loratadin müssen nur einmal täglich eingenommen werden und besitzen kaum sedierende Nebenwirkungen.

Bindehautentzündung mit vielfältigen Ursachen

Die Augenbindehaut (Tunica conjunctiva) verbindet den Augapfel mit den Augenlidern (s. Abb.). Die dünne, durchsichtige Schleimhaut verläuft an der Innenseite der Augen­lider. Sie bildet eine bewegliche Falte und bedeckt die Lederhaut. Gemeinsam grenzen sie an die Hornhaut. Da die Bindehaut gut durchblutet ist, besitzt sie ein hohes Resorp­tionsvermögen für Arzneistoffe. Zudem lassen sich an ihrer Farbe systemische Erkrankungen erkennen: Bei Ikterus verfärbt sie sich gelb, bei einer Anämie ist der das untere Augenlid auskleidende Teil der Bindehaut nur blassrot. Typisch für die Bindehautentzündung ist eine starke Rötung. Neben Bakterien können auch Viren, Fremdkörper, Aller­gene, andere Reizstoffe sowie ein Sicca-Syndrom aus­lösend sein. Außerdem können Störungen in anderen Bereichen des Auges eine Konjunktivitis hervorrufen. Dazu zählen eine Entzündung anderer Augenhäute (Iritis, Skleritis), ein Glaukom­anfall oder eine Dakryoadenitis (Tränendrüsenentzündung). Akute Entzündungen der Tränendrüsen treten manchmal begleitend zu Infektionskrankheiten wie Masern oder Virusgrippe auf, wobei es u. a. zu schmerzhaften Rötungen und Schwellungen im Oberlid kommt.

Abb.: Querschnitt des Auges Die Bindehaut ist eine dünne, transparente Schleimhaut, die den Augapfel bis zum Rand der kreis­förmigen Hornhaut bedeckt. Sie verbindet Augapfel und Augenlider und sorgt dafür, dass der Augapfel in alle Richtungen beweglich ist. Die weiße Lederhaut gibt als fibröse Hülle dem Augapfel Form und Festigkeit.

Zurückhaltung bei Antibiotika …

Eine akute Konjunktivitis ist häufig selbstlimitierend – auch dann, wenn Bakterien oder Viren die Auslöser sind. Augenärzte sind deshalb oft zurückhaltend bei der Verordnung von antibiotischen Augensalben oder -tropfen, da sie Hornhautschäden (z. B. Ablagerungen, Infiltrate) hervorrufen können, die Gefahr von Resistenzen und allergischen Reaktionen besteht oder sie wirkungslos sind (z. B. bei Adenoviren). Zurückhaltung wird bei Bindehautentzündung unklarer Genese auch bei topischen Glucocorticoiden empfohlen, die wegen ihrer immunsuppressiven Wirkung die Infektion verlängern können. Werden sie über längere Zeit angewendet, steigt das Risiko für Katarakt und Glaukom.

… aber nicht in jedem Fall

Bei einigen infektiös bedingten Konjunktivitiden ist jedoch schnelles und konsequentes Handeln gefragt. So empfehlen augenärztliche Leitlinien bei gesicherter Chlamydieninfektion des Auges sogar eine systemische Antibiose mit Azithromycin. Außerdem sollte der Sexualpartner mit behandelt werden, um die Infektionskette zu durch­brechen. Wird eine Chlamydien-Infektion am Auge verschleppt, drohen dauerhafte Schäden an der Hornhaut und den Oberlidern.

Bei den Erregern viraler Bindehautentzündungen stehen vor allem Adenoviren im Fokus, da diese sehr ansteckend sind. Typisch ist eine dunkelrote Verfärbung des in Nasennähe liegenden Teils der Bindehaut. Problematisch ist auch, dass sich die Infektion auf die Hornhaut ausbreiten kann (epidemische Konjunktivitis). Da die Reizungen unangenehm sind, reiben die Betroffenen im Augenbereich und geben dann die Infektion über die Hände weiter. Konsequente Hygienemaßnahmen und die Anwendung viruzider Desinfektionsmittel in betroffenen Einrichtungen sind dann notwendig.

Generell wird bei infektiösen Bindehautinfektionen eine Kontaktlinsenpause empfohlen. Nach überstandener Erkrankung müssen die Linsen gründlich gereinigt und der Aufbewahrungsbehälter ausgetauscht werden.

Beschwerden durch Kontaktlinsen

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Kontaktlinsenträger sollten bei Beschwerden umgehend ihren Augenarzt konsultieren. Das empfehlen der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V. Auch in beschwerdefreien Zeiten werden regelmäßige Kontrollen empfohlen. Nach Erstanpassung der Hilfsmittel sollte die erste Konsultation nach zwei bis drei Monaten erfolgen. Danach werden Kontrollen alle sechs Monate, jedoch mindestens einmal pro Jahr für sinnvoll gehalten.

Breite Palette an Wirkstoffen

Zur Empfehlung bei akuter Bindehautreizung, die in beiden Augen beginnt, leicht ausgeprägt ist und für die Betroffene Ursachen wie beispielsweise Wind oder Zugluft, UV-Strahlung, Übermüdung, gechlortes Wasser oder ins Auge gelangte Partikel wie Staub oder Insekten angeben, stehen zahlreiche Wirkstoffe zur Verfügung (s. Tab. 1). Sehr hilfreich kann die initiale Anwendung einer Spüllösung sein. Auch Tränenersatzmittel mit Wirkstoffen wie Hyaluron­säure, Povidon, Polyvinylalkohol oder Hypromellose, idealerweise ohne Konservierungsmittel in Einzeldosen, verschaffen Linderung. Viele Kunden bevorzugen pflanzliche oder homöopathische Zubereitungen mit Extrakten aus Augentrost, Malve, Tamarindensamen, Echinacea bzw. Kombinationspräparate. Kurzfristig (maximal fünf Tage) können alpha-Sympathomimetika („Weißmacher“, s. Tab. 1) eingesetzt werden, die durch Gefäßverengung ein Abschwellen und Verblassen der geröteten Bindehaut bewirken. Diese können auch bei allergisch bedingter Bindehautentzündung angewendet werden.

Tab. 1: Rezeptfreie topische Präparate gegen gereizte, trockene, ermüdete Augen. Kontaktlinsen sollten vor Anwendung der Produkte entfernt und erst nach mindestens 15 Minuten wieder eingesetzt werden. AT: Augentropfen
Beratungsthema
(Haupt-)Wirkstoffe
Präparate (Beispiele)
allergische Konjunktivitis
Azelastin
Azela-Vision® MD sine, Allergodil® akut Vividrin® akut Azelastin
Cromoglicinsäure
Allergo comod®, Crom ophthal® sine, Vividrin® antiallergische AT
Ketotifen
Allergo-Vision® sine, Ketotifen Stulln® UD, Zaditen ophta®
Levocabastin
Livocab® direkt
Lodoxamid
Alomide® AT
Konjunktivitis anderer Ursache
gereizte und ermüdete Augen
Augentrost
Euphrasia® D3 AT Weleda, Euphrasia AT Wala®
Calendula
Calendula® D4 AT Weleda
Echinacea
Echinacea Wala® AT
pflanzliche und homöopathische Kombinationen
Wala® Chelidonium comp. AT, Euphrasia® comp. Augensalbe Weleda, Oculo-Heel® AT
Hyperämie („Weißmacher“)
Naphazolinhydrochlorid
Televis-Stulln® AT
Tetryzolinhydrochlorid
Berberil® N, Visine® Yxin AT
Tramazolinhydrochlorid
Biciron® AT
Kornblumen- und Holunderextrakt
Opticalm® Gouttes Bleues
Augenspüllösungen/Augenbäder
Natriumchloridlösung (0,9%)
Plum® Augenspülung, Actiomedic® Eye Care Augenspülflasche
Phosphatpufferlösung (4,9%)
Plum® pH Neutral
Hyaluronsäure
Vismed® wash
Aloe-vera-Blätter-Extrakt, Augentrosttinktur
Herba-Vision® Augenbad plus
Gerstenkorn/HagelkornLidrandentzündung
Bibrocathol
Posiformin® 2% Augensalbe
Salicylsäure
Sophtal-POS® N AT
Echinacea
Echinacea AT Wala®
Sojalecithin
Tears Again® Augenspray
trockenes Auge
Präparate mit chemischen Wirkstoffen
Carbomer
Siccapos® Gel, Vidisic® Augengel, Thilo-Tears® AT, Lac-Ophtal® Gel
Dexpanthenol
Bepanthen® Augen- und Nasensalbe, Corneregel® Fluid AT
Guaraprolose
Systane® Ultra Benetzungstropfen
Hyaluronsäure
Hylan®, Optive® fusion, Thealoz® duo, Vismed® Gel
Hypromellose
Artelac® EDO AT, Berberil® dry eye, Sic® ophthal sine AT, Pan-Vision® AT
Paraffinöl
Cationorm® MD sine AT
Perfluorohexyloctane (EyeSol®)
EvoTears®
Polyvinylalkohol
Lacrimal® o.k.
Povidon
Oculotect® fluid AT, Protagent® AT, Vidisept® AT, Lacri-Stulln® UD AT
Retinolpalmitat
Vitagel® Augengel, VitA-POS® Augensalbe
pflanzliche/homöopathische Präparate
Augentrost-Tinktur
Herba-Vision® Augentrost/-sine
Blaubeer-Tinktur
Herba-Vision® Blaubeere
Kamillen- und Malven-Extrakt
Herba-Vision® Kamille plus
Malven-Extrakt
Visiodoron Malva®
Sojalecithin, Vitamin A, E
Tears Again® Augenspray
Tamarindensamen-Extrakt
Visine® trockene Augen

Seltener, aber riskanter: Keratitiden

Die gesunde Hornhaut des Auges (Cornea) kann Krankheitserreger gut abwehren. Ist sie jedoch vorgeschädigt (z. B. durch Kontaktlinsen), können Bakterien, Viren oder Pilze eine Entzündung (Keratitis) hervorrufen. Weniger bekannt, aber sehr gefährlich ist ein Befall der Hornhaut des Auges durch Amöben. Bestimmte Arten der Gattungen Acanthamoeba, die sich unter anderem in warmen Süß­gewässern aufhalten, können Keratitiden hervorrufen. Sie gelangen bevorzugt durch Untertauchen auf die Hornhaut. Eine Amöbenkeratitis ist selbst für Augenärzte nicht leicht zu erkennen. Diagnostische Sicherheit bringt erst die Untersuchung einer Gewebeprobe in einem Speziallabor. Bei allen Infektionen besteht die Gefahr, dass sie sich auf andere Bereiche (z. B. Aderhaut [Uvea], Iris, s. Abb.) ausbreiten. Unbehandelt kann eine Keratitis einen Verlust an Sehkraft nach sich ziehen. Im Unterschied zur Konjunktivitis verursacht sie häufig starke Schmerzen. Äußerlich ist sie an einer Hornhauttrübung zu erkennen, die Symptome wie Sehstörungen und Lichtempfindlichkeit hervorrufen kann. Weitere Symptome einer Keratitis sind Augentränen, Rötung, Brennen und Fremdkörpergefühl. Eine Keratitis gehört immer in augenärztliche Behandlung.

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Haben Betroffene gerade keine antiallergischen Augentropfen zur Hand, helfen bei akuten Symptomen wie starkem Juckreiz und geschwollenen Lidern vorübergehend auch das Kühlen mit Coldpacks bzw. Kühlbrillen oder die Anwendung von Tränenersatzmitteln. Teilweise wirken auch anti­allergische Nasensprays (nach nasaler Applikation) gegen Augensymptome.

Gerstenkorn, Hagelkorn, Blepharitis

Schwellungen, Entzündungen oder Infektionen im Bereich der Augenliddrüsen werden als Gerstenkorn oder Hagelkorn sichtbar. Ursache eines Hagelkorns (Chalazion) ist eine entzündliche Schwellung der Meibom-Drüsen, wobei Sekundärinfektionen möglich sind. Beim Gerstenkorn geht die Entzündung von den Moll-Drüsen oder den Zeis-Drüsen aus. Da meist Bakterien beteiligt sind, wird in der Regel eine lokale antibiotische Behandlung (z. B. Gentamycin, Erythromycin) verordnet. Besteht die Gefahr einer Ausbreitung in die Augen­höhle, erfolgt eine systemische Antibiose. Bei starkem Spannungsschmerz wird der Augenarzt ein Gerstenkorn eröffnen. Ein Hagelkorn verursacht in der Regel kaum Schmerzen und kann auch spontan abheilen. Der Augenarzt wird nur dann operativ eingreifen und eine histologische Untersuchung veranlassen, wenn der Verdacht auf ein Karzinom der Meibom‘schen Drüsen besteht.

In der Apotheke können rezeptfreie desinfizierende und entzündungshemmende Zubereitungen mit Bibrocathol, Salicylsäure oder pflanzlichen Extrakten (s. Tab. 1) und Rotlicht-Anwendungen empfohlen werden. Dabei sollten die geschlossenen Augen zweimal täglich fünf bis zehn Minuten mit einem Abstand von mindestens 50 cm zur Rotlicht-Lampe bestrahlt werden. Das erleichtert das Abfließen der Sekrete.

Symptome wie Augenbrennen, Juckreiz, gerötete oder verklebte Lidränder können auch Folge einer Lidrandentzündung (Blepharitis) sein. Die Behandlung sollte von einem Augenarzt initiiert und begleitet werden. Zur Verflüssigung des Sekretes der Meibom-Drüsen eignen sich ebenfalls Rotlicht oder spezielle Wärmebrillen. Weitere Maßnahmen wie Lidmassage und Lidrandpflege müssen regelmäßig und über längere Zeit durchgeführt werden.

Ohne Konservierungsmittel

Werden flüssige ophthalmologische Arzneimittel und Medizinprodukte in Mehrdosenbehältnissen angewendet, so soll bei gereizten Augen möglichst auf Konservierungsmittel verzichtet werden. Dazu stehen Verpackungssysteme mit Zufuhr von filtrierter Außenluft und ohne Zufuhr von Außenluft zur Verfügung:

  • Verpackungssystem mit Zufuhr von filtrierter Außenluft

Abak®-System (z. B. Hyabak® 0,15%, Thealoz®): Quetschfläschchen, in dessen Hals ein etwa 1 cm langer feinporiger hydrophober Filterkörper integriert ist. Zwischen Filter und Tropfer befindet sich eine poröse Nylonmembran mit einer Maschenweite von ca. 0,2 µm. Beim Zusammendrücken wird die Lösung durch den Filterkörper und die Membran in die Tropfröhre gedrückt. Der Membranfilter verhindert das Eindringen von Keimen und Verunreinigungen durch einströmende Luft oder Restflüssigkeit.

3K®-System (z. B. Artelac®-splash-MDO®, Azela-Vision® MD sine, Hya®-Ophthal system): Das 3-Kammer-Tropfsystem (3-K®) ist ein auf ein starres Behältnis montiertes Pumpdosiersystem. Durch Ventile und eine spezielle Bauweise wird verhindert, dass nach der Tropfenentnahme Luft in das Arzneimittelreservoir nachströmt und dort zur Verkeimung führt.

OSD-System (z. B. Bepanthen® Augentropfen, Tears again®, Vismed® multi). Der Ophthalmic Squeeze Dispenser (OSD®) ist ein Quetschfläschchen, das ein Ventil an der Stelle enthält, an der Flüssigkeit austritt, und eine feinporige Filtermembran an einer zweiten Öffnung für die einströmende Luft. Über eine Spiralfeder und einen Ventilkonus wird die Arzneistofflösung geschützt.

  • Verpackungssystem ohne Zufuhr von Außenluft

COMOD®-System (z. B. Hylo-COMOD®, Hylo®-Fresh). Beim Continuous Monodose System (COMOD®) faltet sich der Beutel eines Arzneimittelreservoirs bei zunehmender Entleerung zusammen, sodass kein Druckausgleich und kein Ansaugen von Außenluft notwendig wird. Abgedichtet wird der Beutel durch ein Kugelventil.

Volkskrankheit trockenes Auge

Das trockene Auge (Keratokonjunctivitis sicca, Sicca-Syndrom) hat sich zu einer regelrechten Volkskrankheit entwickelt. Die Zunahme der Bildschirmtätigkeit in nahezu allen Berufen und die häufige Nutzung digitaler Medien in der Freizeit zählen ebenso zu den äußeren Risikofaktoren wie der Aufenthalt in klimatisierten Räumen. Aber auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Rosacea, Androgen- oder Vit­amin-A-Mangel, eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen oder das Sjörgen-Syndrom können zum trockenen Auge führen. Vitamin A wird im Auge unter anderem für die Muzinproduktion benötigt. Bei Vitamin-A-Mangel ist der Tränenfilm instabil und reißt vorzeitig auf. Beim Sjörgen-Syndrom werden die Tränendrüsen durch Auto­immunreaktionen beeinträchtigt.

Augenärzte unterscheiden mehrere Unterformen bzw. kombinierte Ausprägungen. So kann das trockene Auge sowohl dadurch zustande kommen, dass zu wenig Tränenflüssigkeit produziert wird (hyposekretorische Form) oder deren Lipidanteil zu gering ist (hyperevaporative Form). Betroffene klagen über Reizzustände, Trockenheits- oder Fremdkörpergefühl und entzündete Augen. Die Daueranwendung verschiedener Arzneimittel (s. Tab. 2) kann Augentrockenheit hervorrufen oder ver­stärken. Unbehandelt kann das trockene Auge zu chronischen Hornhautentzündungen führen.

Tab. 2: Trockenes Auge als Nebenwirkung Patienten, die über Trockenheitsgefühl in den Augen berichten, sollten nach ihrer aktuellen (Dauer-)Medikation befragt werden. Im konkreten Fall lohnt sich jedoch ein Blick in die Fachinformation. Denn in vielen Fällen tritt Augentrockenheit als Nebenwirkung nur gelegentlich oder selten auf [Quelle: Fachinformationen]. sehr häufig: > 1/10), häufig: ≥ 1/100 < 1/10, gelegentlich: ≥ 1/1000 < 1/100, selten ≥ 1/10.000 < 1/1000
Wirkstoffgruppe
Wirkstoffe
Präparate (Beispiele)
Nebenwirkung und Häufigkeit laut Fachinformation
Aknetherapeutika
Isotretinoin
Isotretinoin-ratiopharm®, Aknenormin®
sehr häufig: trockenes Auge
Alpha-Sympathomimetika
Clonidin (systemisch)
Catapresan® Tabletten, Injektionslösung
selten: Verminderung des Tränenflusses
Antiglaucomatosa
Clonidin (lokal)
Clonid Ophthal®
gelegentlich: Augenbrennen
Timolol
Arutimol®, Dispatim®, Tim-Ophthal®,
gelegentlich: Trockenheitsgefühl der Augen
Antihistaminika (lokal)
Lodoxamid
Alomide®
häufig: trockenes Auge
Betablocker
Metoprolol
Beloc-zok®, Belnif®, Generika
selten bis gelegentlich: Konjunktivitis, verminderter Tränenfluss
Bisoprolol
Concor®, Generika, Kombinationen (z. B. mit HCT)
selten: Verminderter Tränenfluss
Diuretika
Hydrochlorothiazid
HCT-ratiopharm®, div. Kombinationen, z. B. Belok zok® comp.
gelegentlich: Einschränkung der Bildung von Tränenflüssigkeit
Chlortalidon
Hygroton®
selten: Einschränkung der Bildung von Tränenflüssigkeit
Hormone
Estriol, Estradiolvalerat
Ovestin®, Oekolp®
Häufigkeit nicht bekannt: Kontaktlinsenunverträglichkeit
Kontrazeptiva
Ethinylestradiol
Kombinationen, z. B. Evaluna®, Eve®, Gravistat® fem, Belara®
selten: Kontaktlinsen­unverträglichkeit
Psychopharmaka
Pregabalin
Lyrica®
gelegentlich: Augentrockenheit

Tränenersatzmittel – möglichst frei von Konservierungsmitteln – sind erste Wahl beim trockenen Auge. Bei geringem Schweregrad reichen niedrig-visköse, wässrige Augentropfen aus. Bei schweren Formen des trockenen Auges werden hochvisköse Gele bevorzugt. Empfehlenswert sind auch abends aufgetragene Augensalben. Durch die lange Kontaktzeit während des Schlafes führen sie zu einer intensiven Befeuchtung. Heilungsfördernde Inhaltsstoffe wie Dexpanthenol unterstützen zudem die Heilung von Hornhautläsionen. Diese können beim trockenen Auge leicht entstehen, da der Tränenfilm – anders als beim gesunden Auge – nur unvollkommen davor schützt. Bei schweren Formen des trockenen Auges stehen dem Ophthalmologen weitere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Sie reichen von einer Tränenstimulation mit Pilocarpin-Analoga oder Antibiotika über eine Eröffnung verschlossener Meibom-Drüsen bis hin zu Ciclosporin-haltigen Augentropfen (Ikervis®). Letztere sind indiziert bei schwerer Keratitis mit trockenen Augen, bei denen trotz Behandlung mit Tränen­ersatzmitteln keine Besserung eintritt. Ciclosporin wirkt auf die Zellen der Augenoberfläche entzündungshemmend, indem es die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine blockiert.

Vorsicht bei „fliegenden Mücken“

Sehr ernst genommen werden müssen Augenbeschwerden, die sich als sogenannte „fliegende Mücken“ (Mouches volantes) oder „Rußregen“, als Blitze (vor allem bei Kopf- und/oder Augenbewegungen) oder Schatten manifestieren oder mit Sehverschlechterungen verbunden sind. Dies können erste Anzeichen eines Netzhautrisses oder einer Netzhaut­ablösung sein. Häufig sind leichte Trübungen oder schwarze Punkte auch harmlose, das heißt physiologische Altersveränderungen. Sie entstehen, wenn der Glaskörper des Auges etwa ab dem vierzigsten Lebensjahr schrumpft und sich als Folge davon nach und nach von der Netzhaut abhebt. Die daraus resultierenden Veränderungen in der Zusammen­setzung des Glaskörpers werden auf der Netzhaut als Pünktchen oder Schlieren abgebildet. Augenärzte empfehlen deshalb ab dem 40. Lebensjahr einmal pro Jahr eine gründliche Inspektion des Augenhintergrundes, um schwerwiegende Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.

Morgens scharf, mittags unscharf

Auch kurzfristige Schwankungen der Sehschärfe müssen sehr ernst genommen werden. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft verweist darauf, dass Veränderungen der Sehschärfe innerhalb eines Tages ein frühes Warnzeichen für Diabetes mellitus sein können. Denn ein steigender Blutzuckerspiegel führt zur Erhöhung des osmotischen Drucks im Auge, was Wassereinlagerungen in die Augenlinse nach sich zieht. Deren Form verändert sich und damit die Sehschärfe. Berichten Kunden der Apotheke beispielsweise, dass sie mit der neuen Brille nach zwei Tagen schon wieder schlechter sehen, sollten sie umgehend den Augenarzt aufsuchen. Mit einer einfachen Untersuchung des Augenhintergrundes kann dieser diabetische Frühschäden erkennen. |

Literatur

Lennecke K et al. Selbstmedikation. Leitlinien zur pharmazeutischen Betreuung, Deutscher Apotheker Verlag, 4. Auflage 2011

Informationen des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA), http://cms.augeninfo.de

Kontaktlinsenanpassung und -kontrollen. Leitlinie Nr. 6 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand 11.1.2012

Verletzungen des Auges und seiner Anhangsgebilde. Leitlinie Nr. 8 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand August 2011

Hordeolum/Chalazion. Leitlinie Nr. 10 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand August 2011

Trockenes Auge (Sicca-Syndrom) und Blepharitis. Leitlinie Nr. 11 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand November 2015

Bakterielle Konjunktivitis. Leitlinie Nr. 12 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand August 2012

Keratitis. Leitlinie Nr. 13 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand August 2011

Glaskörpertrübungen/Mouches volantes. Leitlinie Nr. 23 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand Juni 2017

Vorstufen einer rhegmatogenen Netzhautablösung bei Erwachsenen, Leitlinie Nr. 23 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V., Stand November 2011

Kaercher T. Das trockene Auge. Teil 1: Diagnostik und Klassifikation, Teil 2: Therapie. CME-Fortbildung 2016, Rp. GmbH, Köln

Website der Plum Deutschland GmbH, www.plum-deutschland.de, Abruf am 27. Juli 2017

Shekhawat NS et al. Antibiotic prescription fills for acute conjunctivitis among enrollees in a large United States Managed Care Network. Ophthalmology 2017;124(8):1099-1107, doi: 10.1016/j.ophtha.2017.04.034.

Wenn die neue Brille plötzlich nicht mehr passt: Wechselnde Sehschärfe kann frühes Warnzeichen für Diabetes sein. Pressemitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Berlin, September 2016

Fachinformation Ikervis®

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin. Sie schreibt seit 2001 regelmäßig Bei­träge für die DAZ.

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