Apotheken in der Schweiz

Impfen in der Apotheke

Warum Apotheker Jenni nicht mehr darauf verzichten möchte

diz | Seit zwei Jahren dürfen Apotheker im Kanton Zürich und in einigen weiteren Kantonen der Schweiz selbst impfen. Apotheker Dr. René Jenni, TopPharm Leonhards Apotheke in Zürich, war einer der ersten Apotheker, die diese Möglichkeit wahrnahmen. Seine Kunden schätzen dieses Angebot, sie möchten nicht mehr darauf verzichten: reingehen und drankommen.

Die Kunden der TopPharm Leonhards Apotheke sind schon seit Längerem daran gewöhnt, dass man sich in dieser Apotheke impfen lassen kann. Jenni hatte bereits vor einigen Jahren mit einer Ärztin zusammengearbeitet, die an vereinbarten Zeiten in seine Apo­theke kam, um Apothekenkunden die Grippeimpfung zu verabreichen. Doch als der Kanton Zürich auch den Apothekern erlaubte zu impfen, waren Jenni wie auch viele andere Apotheker sofort dabei: „Im Kanton Zürich impfen relativ viele Apotheken. Von unseren 220 Apotheken dürfte wohl die Hälfte Impfungen anbieten“, schätzt Jenni. Natürlich habe es anfangs Widerstände vonseiten der Ärzte gegeben, so Jenni. Allerdings durften die Ärzte seit 2011 im Kanton Zürich auch Arzneimittel verkaufen: „Und so konnten sie letztlich nichts mehr dagegen vorbringen, als wir Apotheker 2015 anfingen zu impfen.“

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Apotheker im Kanton Zürich und einigen weiteren Kantonen dürfen bestimmte Impfungen vornehmen. Die Kunden schätzen es, ohne Voranmeldung in die Apotheke gehen zu können, um beispielsweise gegen Grippe geimpft zu werden.

Impfen ohne Voranmeldung

Jeden Herbst impft er etwa 400 bis 500 Kunden in seiner Apotheke, darunter viele Angestellte der kantonalen Behörden, die die Impfung für ihre Angestellten bezahlen. „Die Impfung wird von den Kunden sehr gerne angenommen“, weiß Jenni zu berichten, „sie schätzen es, dass sie ohne Voranmeldung in die Apotheke gehen können. Und nur so funktioniert es wirklich gut.“ Manche Apotheken hätten versucht, nur nach Voranmeldung zu impfen – dieses Angebot sei allerdings kaum angenommen worden, denn dann, so hätten die Kunden gesagt, könne man gleich zum Arzt gehen. Jenni: „Das Praktische an der Impfung in der Apotheke ist doch gerade: reingehen und drankommen. Fünf Minuten zu warten, ist kein Problem, falls gerade ein Kunde geimpft wird.“ Jenni schwärmt davon, wie einfach und rasch so eine Impfung in seiner Apotheke verläuft, vor allem bei Kunden, die sich wiederholt impfen lassen.

Auch FSME-Impfungen werden von den Apothekenkunden sehr gerne wahrgenommen. Neben Grippe- und FSME-Impfungen dürfen die Apotheken noch Auffrischimpfungen für Hepatitis A und B vornehmen. Weitere Impfungen werden demnächst folgen.

Nach seiner Einschätzung und Erfahrung geht die Durchimpfungsrate der Bevölkerung enorm in die Höhe, wenn in Apotheken geimpft werden darf. Das haben auch Untersuchungen aus anderen Ländern gezeigt, in denen Impfungen in Apotheken bereits seit einigen Jahren angeboten werden.

Foto: privat
Für Dr. René Jenni, Inhaber der Leonhards Apotheke in Zürich, ist Impfen in der Apotheke schon eine Selbstverständlichkeit. Er wird in Kürze auch eine Mini Clinic in seiner Apotheke einrichten.

Grippeimpfungen werden in der Schweiz für über 65-Jährige von der Krankenversicherung bezahlt oder wenn ein Patient an einer weiteren Krankheit wie Diabetes leidet. Etliche Firmen gehen mittlerweile dazu über, die Grippeschutzimpfung für ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Aber in allen ­anderen Fällen bezahlt der Patient die Impfung selbst. „Für die Grippe-­Impfung haben wir einen Sonderpreis von 30 Franken inklusive des Impfstoffs“, so Apotheker Jenni, „bei anderen Impfungen verlangen wir 30 Franken fürs Impfen plus die Kosten für den Impfstoff.“

Impfpass auf dem Smartphone

Als er mit den Impfungen begann, habe er dieses Angebot seinen Kunden über Schaufensterwerbung und über einen Kundenbrief mitgeteilt, zudem stand es damals auch in den Zeitungen, dass man sich in vielen Apotheken impfen lassen kann. Im Herbst und Winter kündigt er die Impfungen regelmäßig auch über Plakate und Straßenaufsteller an.

„Darüber hinaus bieten wir unseren Patienten an, ihre Impfungen digital zu speichern“, erklärt Jenni seine zusätzliche Dienstleistung, „das heißt, wir geben die Impfungen in die App ‚meineimpfungen.ch‘ ein. Diese App teilt dem Patienten dann rechtzeitig mit, wann die nächsten Impfungen fällig sind. Es ist eine Art elektronischer Impfpass auf dem Smartphone, den man immer dabei hat und auf den man immer und überall zugreifen kann – so geht kein Impfpass verloren.“

Zusatzausbildung fürs Impfen

Apotheker, die impfen wollen, müssen eine dreitägige Zusatzausbildung machen. Und alle zwei Jahre ist eine halbtägige Auffrischung dieser Ausbildung zu absolvieren. Jenni findet diese dreitägige Ausbildung übertrieben, zumal dies nur Apotheker dürfen. „Wir von den TopPharm-Apotheken möchten, dass auch die Pharmaassistenten impfen dürfen und nicht wie jetzt nur die Apotheker“, wünscht sich Jenni. „Wenn in einer Apotheke geimpft wird, dann reicht es eben nicht, wenn nur ein Apotheker diese Zusatzausbildung hat. Mindestens zwei Apotheker sollten dafür ausgebildet sein, um sich gegenseitig vertreten zu können. Ich habe alle fünf Apothekerinnen und Apotheker, die bei mir arbeiten, in die Ausbildung geschickt. Wenn es nicht alle machen, kann man es lassen.“

Wie steht es mit der Absicherung des Apothekers, wenn beim Impfen etwas passieren sollten? Jenni erhielt von seiner Versicherung die Auskunft, Impfen sei beim ihm mit inbegriffen, die Versicherung habe das Impfen mit in den Vertrag aufgenommen, ohne Mehrkosten. „Der Professor, der uns fürs Impfen ausgebildet hat, ein langjähriger Impfspezialist, sagte uns, er habe noch nie einen Zwischenfall beim Impfen erlebt“, erinnert sich Jenni, „und selbst wenn ein Patient beim Impfen Reaktionen zeigen würde: Wir haben den Notruf und können sofort den Notarzt rufen. Diese Problematik war keine Diskussion bei uns. Die Gefahr ist wesentlich größer, dass ein Patient bei der Aspirin-Einnahme einen anaphylaktischen Schock erleidet als beim Impfen.“

In Zukunft mit Mini Clinic

Apotheker René Jenni ist davon überzeugt, dass solche Dienstleistungen in Zukunft von den Apotheken erwartet werden. Daher wird er auch eine Mini Clinic von Medgate im Haus seiner Apotheke einrichten (siehe vorhergehenden Beitrag zur Telemedizin). In Verbindung mit dem netCare-Modell könne eine Mini Clinic dazu beitragen, so seine Auffassung, die Versorgung in der Stadt, vor allem aber auf dem Land zu verbessern. Denn auch in der Schweiz wollen immer weniger Ärzte auf dem Land praktizieren.

Jenni ist gespannt, wie sich alles in der Schweiz weiterentwickeln wird: „Wir haben einige wenige Apotheker, die mit Riesenschritten nach vorne eilen, und viele, die erst einmal abwarten und warten und warten. Irgendwann ist es dann zu spät“, so Jenni. „Wir wissen auch nicht, wie es mit der Digitalisierung weitergeht“, überlegt der Apotheker. „Können wir als Apotheken in zehn Jahren noch Medikamente verkaufen oder läuft dies dann alles digital über Versandhandel oder Automaten ab?“ fragt sich Jenni. „Zurzeit läuft unser Honorar weitgehend über die Marge vom Arzneimittel – das wird doch kein Zukunftsmodell sein, oder?“ |

Autor

Peter Ditzel ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung

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