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Toxikologie

Brauchen wir Triclosan?

Nutzen-Risiko-Relation des Biozids auf dem Prüfstand

Triclosan ist ein anti­bakterieller Wirkstoff, der als Biozid eingesetzt wird. Er wird vor allem in Krankenhäusern, Arzt- und Zahnarztpraxen angewandt, um die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern. Die antibakterielle Wirksamkeit ist unumstritten, trotzdem wird der Einsatz des Biozids seit einiger Zeit heftig diskutiert. Dabei ist es nicht etwa die sachgerechte Anwendung von Tri­closan in medizinischen Einrichtungen, die den Behörden und Wissenschaftlern Sorge bereitet, sondern vor allem der Einsatz in Kosmetika und anderen verbrauchernahen Produkten. Der Fokus liegt vor allem bei der Resistenzentwicklung. Im September 2016 verbot die amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel (U.S. Food and Drug Administration, FDA) 19 antimikrobielle Inhaltsstoffe, darunter auch Triclosan, in frei­verkäuflichen, antiseptischen Seifen, da der Nutzen des Biozids in Handseifen nicht belegt werden konnte. | Von Theresa Martin und Ralf Stahlmann

Bei Arzneimitteln stellt eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Bewertung die Grundlage jeder Anwendung dar. Sie lässt sich auf der Basis klinischer Studien und unter Berücksichtigung weiterer Informationen relativ fundiert durchführen. Wenn es sich bei dem Arzneimittel um ein Antibiotikum handelt, wird die Abwägung schwieriger, weil Nutzen und Risiko nicht nur mit Bezug auf den Patienten, sondern auch unter Berücksichtigung der Resistenzentwicklung auf epidemio­logischer Ebene erfolgen muss. Problematischer als bei Arzneimitteln ist die Situation bei Bioziden, die zur Vorbeugung von Infektionen eingesetzt werden. Selbstverständlich ist eine Infektionsprophylaxe im Ansatz sehr sinnvoll, aber die Nutzen-Risiko-Analyse ist komplex.

Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hatte bereits 1974 darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Biozids Triclosan bei langfristiger Anwendung nicht nachgewiesen sei. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte mehrten sich die Hinweise, dass Biozide wie Triclosan und Triclocarban als Zusatz in flüssigen oder festen Seifenzubereitungen die Resistenzentwicklung gegenüber Antibiotika beschleunigen könnten und sowohl ökotoxikologisch als auch humantoxikologisch bedenklich seien. Die Hersteller wurden daher 2013 aufgefordert, Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit solcher Produkte einzureichen, die von Verbrauchern als Seife langfristig verwendet werden. Speziell wurden klinische Studien gefordert, in denen Körperpflegeprodukte mit und ohne Biozide verglichen werden. Insgesamt betraf die Anfrage 19 Wirkstoffe. In keinem Fall wurden in den folgenden Jahren ausreichende Daten vorgelegt. Die FDA hat daher im September 2016 ein Verbot für solche Produkte ausgesprochen [5].

Waschen mit Seife ist eine wirksame Maßnahme, um Krankheiten zu vermeiden und eine Weitergabe von Erregern an andere Menschen zu unterbinden. Falls Wasser und Seife nicht zur Verfügung stehen, werden Desinfektionsmittel mit mindestens 60% Alkohol empfohlen. Viele Verbraucher sind offenbar der Ansicht, dass Seifen mit antibakteriellen Wirkstoffen sinnvoll seien, um die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Es gibt jedoch keine wissenschaftlich fundierte Evidenz, dass sie dem Waschen mit einfacher Seife und Wasser überlegen sind. Angesichts des fehlenden Nutzens, erhalten die möglichen Schäden umso größere Bedeutung. Im Mittelpunkt der Risiken, die hier abgewogen werden müssen, stehen der Selektionsdruck auf die Mikroflora und die langfristige Förderung der Resistenz bei Krankheitserregern, vor allem durch die subinhibitorischen Konzentrationen in der Umwelt.

Spezifischer Wirkmechanismus von Triclosan

Das antibakteriell wirksame Triclosan wird als Desinfek­tionsmittel und Antiseptikum schon lange verwendet. Es wurde ursprünglich als Pestizid in der Schweiz entwickelt und erstmals in den 1960er-Jahren in den USA in Seifen und ­Deodorants verwendet. Seit den 1980er-Jahren weitete sich der Einsatz zunehmend auf diverse kosmetische Mittel und Alltagsgegenstände aus, weil es aufgrund seiner physikochemischen Eigenschaften relativ einfach in verschiedene Produkte integriert werden kann [6].

Ursprünglich wurde angenommen, dass Triclosan ausschließlich durch seine membranschädigenden Eigenschaften bakterizid wirkt. Die schnelle Wirksamkeit von Triclo­san bei hohen Konzentrationen lässt sich dadurch erklären. Der membranotrope Effekt bewirkt eine Destabilisierung von Strukturen, wodurch die Integrität der Zellmembran geschädigt wird [15].

Weitere Versuche zeigten jedoch einen ganz spezifischen Wirkmechanismus des Biozids – die Inhibierung der Fettsäure­synthese der Bakterien. Fettsäuren sind essenziell für das bakterielle Wachstum. Sie werden durch den Fettsäure­syntheseweg II (fatty acid biosynthesis pathway II, FAS II) synthetisiert (Abb. 1). Die vier Enzyme

  • FabB/FabF (β-Ketoacyl-Acyl-Carrier-Protein(ACP)-Synthase),
  • FabG (β-Ketoacyl-ACP-Reduktase),
  • FabZ/FabA (β-Hydroxyacyl-ACP-Dehydratase) und
  • FabI (trans-2-Enoyl-ACP-Reduktase)

katalysieren zyklisch die Addition von zwei Kohlenstoff­ketten an die wachsende Fettsäure durch Kondensation, Reduktion, Dehydration und Reduktion. Die initiale Kondensationsreak­tion wird durch FabH (β-Ketoacyl-Synthase) katalysiert. Weitere Zyklen der Elongation initiiert das Enzym FabB/FabF. Die letzte Reaktion in dem Elongationszyklus ist die Reduktion eines Enoyl-ACP durch die Enoyl-Reduktase FabI. Dabei handelt es sich um ein NADH-abhängiges Enzym, das durch das fabI-Gen codiert wird. Triclosan ist ein potenter Inhibitor des FabI-Enzyms. Die Bindung von Triclosan an FabI führt zur Bildung eines Loops der Aminosäuren an der Substrat-Bindungsstelle und eines Enzym-Inhibitor-Komplexes [9].

Abb. 1: Fettsäuresyntheseweg II in E. coli. Am Reaktionszyklus beteiligte Enzyme sind FabB/FabF, FabG, FabZ/FabA und FabI. Die initiale Kondensationsreaktion wird durch FabH (β-Ketoacyl-Synthase) katalysiert. Weite Zyklen der Elongation initiiert das Enzym FabB/FabF. Das Enzym FabI ist der Angriffspunkt für Triclosan (unten).

Inhibierung der Fettsäuresynthese als Ansatz für die Entwicklung von Medikamenten

Die Inhibierung des bakteriellen Fettsäuresynthesewegs II ist auch ein Ansatzpunkt der Tuberkulosetherapie. Das bekannte Antituberkulotikum Isoniazid (INH) wird nach seiner Aufnahme in die Zelle durch die Katalase/Peroxidase KatG oxidiert; es kann anschließend mit NAD+ reagieren und die eigentliche Wirkform INH-NAD bilden. Das S-Stereo­isomer dieses Komplexes bindet an die Enoyl-Reduktase InhA von M. tuberculosis und inhibiert die Fettsäuresyn­these (InhA entspricht dem FabI). Der erfolgreiche Einsatz dieses Medikaments zeigt, dass die Fettsäuresynthese ein wichtiger Angriffspunkt für die Therapie der Tuberkulose ist. Das Enzym InhA ist auch Zielstruktur für die Entwicklung neuer Wirkstoffe, denn durch Mutationen von KatG gibt es bereits Resistenzen gegen Isoniazid.

Nun werden Wirkstoffe entwickelt, die nicht als Prodrug erst aktiviert werden müssen, sondern InhA direkt inhibieren. Auch ein Einsatz von Triclosan wäre denkbar, doch Proteinstrukturanalysen zeigten, dass andere Verbindungen strukturelle Vorteile haben (Abb. 2). Die Methylgruppe in ortho-Stellung zum Ethersauerstoffatom (PT70) verschließt die Bindetasche des Enzyms und verlängert die Verweildauer des Inhibitors am Enzym. Ein weiterer neu entwickelter 5-substituierter Diphenylether mit hydrophobem Substituenten (Verbindung 3) zeigt eine 50-fach höhere Affinität zu InhA als Triclosan. Die strukturelle Optimierung von Triclosan stellt einen wertvollen Ansatz zur Entwicklung neuer Medikamente gegen Tuberkulose dar [9, 13]. Vor diesem Hintergrund erscheint die Verwendung von Triclosan und ähnlichen Wirkstoffen in Produkten ohne erkennbaren Nutzen als problematisch.

Abb. 2: Zwei neu entwickelte InhA-Hemmstoffe. Sie weisen eine ähnliche Struktur wie Triclosan auf und haben denselben Angriffspunkt. Aufgrund ihrer strukturellen Besonderheiten wirken sie besser als Triclosan (nach [13]).

Entwicklung von Kreuzresistenzen mit Antibiotika

Wie alle pharmakologisch-toxikologischen Wirkungen ist auch die Wirkung von Bioziden abhängig von ihrer Konzentration. Eine richtige Dosierung und sachgerechte Anwendung von Bioziden ist entscheidend, um die erwünschte bakterizide Wirkung zu erzielen. Im ärztlichen Bereich wird Triclosan zur Desinfektion eingesetzt und so dosiert, dass es Keime abtötet. In Alltagsgegenständen ist es in sehr niedrigen Konzentrationen vorhanden. Eine vermehrte Selektion resistenter Erreger ist die Folge, die durch die niedrigen Konzentrationen nicht abgetötet werden [1].

Die Zunahme an Triclosan-haltigen Produkten führt zu einem wachsenden Selektionsdruck auf bakterielle Populationen, was auch vermehrt zur Ausbreitung von Erregern mit Resistenz gegen klassische Antibiotika führt und eine antibakterielle Therapie deutlich erschweren kann. Die Antibiotikaresistenz stellt weltweit ein großes Problem in der Medizin dar, denn es werden immer mehr Bakterien isoliert, die gegen mehrere Klassen therapeutisch relevanter Antibiotika resistent sind.

Bakterielle Resistenzmechanismen gegen Triclosan

Die Ausbildung einer multiplen antimikrobiellen Resistenz durch Effluxpumpen kann durch Triclosan induziert werden. Effluxpumpen sind Membran-assoziierte Strukturen, die toxische Substanzen über die Zellmembran aus der Zelle exportieren. Dieser energieverbrauchende Prozess wird durch ATP-Hydrolyse ermöglicht. Signale aus der Umwelt oder auch Mutationen in Regulatorgenen können Effluxpumpen aktivieren. Die Veränderung betrifft in der Regel zahlreiche Stoffe gleichzeitig. Es können beispielsweise Toxine, Biozide oder antimikrobiell wirksame Substanzen aus der Zelle hinaustransportiert werden. In einigen Enterobacteriaceae wie Escherichia coli und Salmonella enterica ist Triclosan ein Substrat für die AcrAB-Effluxpumpe [16].

Die Expression des acrAB-Gens wird durch das marRAB-Operon kontrolliert, welches die abnehmende Produktion von Membranproteinen kontrolliert. Mutationen im mar-­Lokus, vorwiegend im mar-Repressorgen, sind die Ursache für eine steigende Anzahl an mar-Mutanten. Diese zeigen eine Resistenz und Kreuzresistenz gegen Desinfektionsmittel und verschiedene Antibiotika. Ein weiterer Mechanismus der Resistenz gegenüber Triclosan ist die Mutation des fabI-Gens, wodurch die Wirkung von Triclosan auf die Enoyl-Transferase verringert wird. Untersuchungen der Resistenz in E. coli zeigten, dass der Stamm RJH108 durch spontane Mutationen des fabI-Gens eine ausgeprägte Resistenz gegen Triclosan entwickelt [8].

Untersuchungen zur Entwicklung von Kreuzresistenzen

Wissenschaftler aus den USA untersuchten verschiedene E.‑coli-Stämme mit Mutationen im fabI-Gen auf die Resistenz gegen Triclosan. Die minimale Hemmkonzentration (MHK) von Triclosan wurde ermittelt und jeweils ins Verhältnis mit dem MHK-Wert des Wildtypen gesetzt. Alle fünf untersuchten Mutationen zeigten eine erhöhte Resistenz gegen Triclosan, denn alle MHK-Werte waren im Vergleich zum Wild­typen erhöht (Tab. 1). Die geringste Erhöhung liegt beim Faktor 3,1, die höchste bei 95. Diese Untersuchung zeigt, dass Mutationen im fabI-Gen die Resistenz von E. coli gegen Triclosan verursachen. Da auch andere therapeutisch angewandte Substanzen die Enoyl-Transferase als Target haben, können diese Mutationen zur Kreuzresistenz führen und wichtige Antibiotika für die Therapie unbrauchbar machen [10].

Tab. 1: Erhöhung der minimalen Hemmkonzen­trationen (MHK) von Triclosan bei E.-coli-Stämmen, die sich durch Mutationen im fabI-Gen voneinander unterscheiden. Die MHK-Werte werden im Ver­hältnis zum Wildtyp-Stamm AG100 angegeben (AG100: MHK = 1,0).
E.-coli-Stamm
fabI-Mutation
relative MHK
AG100
keine (Wildtyp)
1,0
AGT8
unbestimmt
5,8
AGT9
unbestimmt
3,1
AGT11
Gly-93 → Val
95,0
AGT23
Met-159 → Thr
12,2
AGT25
Phe-203 → Leu
6,1

Resistenzmechanismen gegen Triclosan wurden nicht nur in E. coli, sondern auch in verschiedenen anderen Bakterien­arten nachgewiesen (Tab. 2). Eine hauptsächliche Rolle spielen dabei Mutationen im fabI-Gen und die Ausbildung von Effluxpumpen, die Triclosan aktiv aus der Zelle transportieren. Auch Kreuzresistenzen zu gängigen Antibiotika wurden in vielen Bakterienstämmen nachgewiesen. Besonders häufig kommen Kreuzresistenzen zu Chinolonen vor (Ciprofloxacin, Levofloxacin). Der Einsatz von Bioziden in subletalen Konzentrationen fördert nicht nur die Resistenzentwicklung gegen verschiedene Biozide, sondern auch Kreuzresistenzen gegen therapeutisch eingesetzte Antibiotika [6].

Tab. 2: Resistenzmechanismen einiger Bakterien gegen Triclosan (nach [6]).
Bakterium
Resistenz­mechanismen
Kreuzresistenzen
Escherichia coli
Überexpression von FabI, Mutationen im fabI-Gen, Effluxpumpen
Chloramphenicol, Erythromycin, Imipenem, Tetrazykline
Pseudomonas aeruginosa
Mutationen im fabV-Gen, Effluxpumpen
Amikacin, Ciprofloxacin, Tetra­zykline, Levoflox­acin, Carbenicillin, Chloramphenicol
Staphylococcus aureus
Mutationen im fabI-Gen, small colony variants (SCV)
nicht berichtet
Salmonella spp.
Effluxpumpen, Biofilm
Ciprofloxacin
Acinetobacter baumannii
Mutationen im fabI-Gen, Effluxpumpen
Imipenem, Amikacin, Levoflox­acin, Tetrazykline
Campylobacter spp.
Effluxpumpen, Änderungen in Proteinen der äußeren Membran
Erythromycin
Mycobacterium spp.
Mutationen im fabI-Gen
nicht berichtet
Enterococcus spp.
Mutationen im fabI-Gen, Effluxpumpen
nicht berichtet

Stellungnahmen des BfR zur vielfältigen Anwendung von Triclosan

Bereits im Jahr 2006 veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Stellungnahme zur Verwendung von Triclosan und gab die Empfehlung, Triclosan nur im medizinischen Bereich anzuwenden. Die Exposition des Menschen erfolgt über verschiedene, teilweise komplexe Pfade (Abb. 3), doch die Hauptquelle sind kosmetische Pflegeprodukte (85%). Der zunehmende Einsatz des Biozids in Textilien, Kosmetika und in Bedarfsgegenständen wirft Bedenken auf, denn dadurch steigt der Selektionsdruck auf verschiedene Bakterienpopulationen. Durch Auswertungen vorhandener Studien zu Triclosan stellte das BfR fest, dass grampositive und gramnegative Bakterien über spezifische Mechanismen Resistenzen gegenüber Triclosan entwickeln können, in vivo bis dahin jedoch kein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Triclosan und einer Kreuzresistenz zu anderen therapeutisch genutzten Antibiotika bestand. Das BfR rät dennoch dazu, den Einsatz von Triclosan auf den medizinischen Bereich zu beschränken [1].

Abb. 3: Die Expositionspfade von Triclosan. Der Mensch kommt über Lebensmittel, kosmetische Produkte, Haushaltsprodukte und auch Freizeitgegenstände mit Triclosan in Kontakt. Nach der Aufnahme kann Triclosan den Organismus und die Mikroflora beeinflussen. Mögliche Risiken bestehen vor allem in der Toxizität und der Resistenzentwicklung (nach [4, 6]).

In einer weiteren Stellungnahme aus dem Jahr 2009 unterstützt das BfR das Verwendungsverbot von Triclosan in Lebensmittelbedarfsgegenständen [2]. Bei der Bewertung bezieht sich die Behörde u. a. auf eine Sicherheitsbewertung des Wissenschaftlichen Ausschusses für Konsumgüter der Europäischen Kommission (Scientific Committee on Consumer Products, SCCP) [12]. Die Anwendung Triclosan-haltiger kosmetischer Pflegeprodukte, wie Deodoranzien, Make-up, Haut-, Fuß- und Mundpflegeprodukte und auch Seife, bedeutet eine dermale und inhalative Exposition. Die Zulassung von Triclosan als Additiv für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoffen würde eine zusätzliche orale Exposition über die Migration in Lebensmittel mit sich bringen. Aufgrund einer bis dahin nicht sicheren Exposition für den Verbraucher gegenüber Triclosan sprach sich das BfR gegen eine Verwendung von Triclosan in Lebensmittelbedarfs­gegenständen aus.

FDA verbietet Triclosan in Handseife

Wie bereits erwähnt, sprach die US-amerikanische Behörde FDA im September 2016 ein weitgehendes Verwendungsverbot für Triclosan und 18 weitere antibakterielle Inhaltsstoffe in Handseifen aus [5]. Es gibt laut FDA einige Tierversuche, die toxische Wirkungen von Triclosan in hohen Dosierungen beschreiben. Bislang gibt es jedoch keine Daten, die eine Relevanz dieser Befunde für den Menschen bei niedriger Exposition zeigen. Ebenso seien keine ausreichenden Daten verfügbar, um ein Risiko hinsichtlich der Resistenzentwicklung gegen Antibiotika zu bewerten. Dieses Verbot basiert daher auf unzureichenden Nachweisen des Nutzens in der alltäg­lichen Langzeitanwendung.

Europäische Wissenschaftler, Ärzte und Gesundheitsorganisationen äußerten sich im Juni 2017 in der „Erklärung von Florenz“ über die großflächige Anwendung von Triclosan [7]. Sie wollen die möglichen negativen Auswirkungen dieser Substanz auf Mensch und Umwelt nicht hinnehmen und fordern eine drastische Einschränkung ihrer Verwendung. Da der eindeutige Nutzen von Triclosan in Handseifen nicht nachgewiesen ist, raten sie von einer großflächigen Verwendung von Triclosan ab, um dem Risiko von Kreuzresistenzen zu verschiedenen therapeutisch verwendeten Antibiotika und möglichen humantoxischen Wirkungen vorzubeugen.

Kein Verbot in Zahnpasta

Das Verwendungsverbot der FDA für Triclosan bezieht sich nur auf antiseptische Seifen, doch auch Mundpflegeartikel enthalten Triclosan. Die Zahnpasta Colgate Total® enthält z. B. Triclosan in einer Konzentration von 0,3%. Aus Sicht der FDA belegen einige Studien den positiven Effekt auf die Zahngesundheit. Auf seiner Homepage erklärt das Unternehmen Colgate-Palmolive Co., dass über 90 verschiedene klinische Studien zur Zahnpasta Colgate Total® veröffentlicht wurden und ihre Sicherheit und Wirksamkeit darin bestätigt werden. Aufsichtsbehörden haben laut Hersteller Zugriff auf diese Daten und bewerteten die Zahnpasta als unbedenklich und effektiv. Colgate-Palmolive Co. erklärt, dass durch die Zusammenwirkung der drei Wirkstoffe Triclosan, Copolymer und Fluorid Krankheiten wie Karies, Gingivitis und Plaque vorgebeugt werden kann. Im Rahmen einer Cochrane-Auswertung wurden die Daten von insgesamt 14.835 Probanden aus 30 Studien zwischen 1990 und 2012 analysiert; es handelt sich um randomisierte kontrollierte Studien mit Parallelgruppen- und Crossover-Design [11]. Die Untersuchung zeigte, dass Zahnpasten, die Triclosan und Copolymer enthalten, zu einer leichten Reduktion von koronaler Karies führen. Es gibt allerdings nur schwache und teilweise nicht signifikante Evidenz dafür, dass diese Kombination in einer Zahnpasta Plaque, Zahnfleischentzündungen, Zahnfleischbluten sowie Wurzelkaries, Zahnstein und Parodontose reduziert.

Die jüngste der in der Cochrane-Auswertung einbezogenen Studien untersucht den Einfluss von Triclosan, Copolymer und Fluorid in Colgate Total® Zahnpasta auf Wurzelkaries. Dabei wird ein Vergleich zu Zahnpasta angestellt, die lediglich Fluorid enthält. Anhand der publizierten Daten ist zu erkennen, dass sich die mittleren Wurzelkaries-Werte zwischen den beiden Probanden-Gruppen schon zu Beginn deutlich unterscheiden. Für die Colgate Total® Gruppe gibt es einen mittleren Ausgangswert von 1,07 ± 1,72. Der Ausgangswert der Fluorid-Gruppe liegt bei 0,87 ± 1,57. Der mittlere Wurzelkaries-Wert nach drei Jahren liegt nach Anwendung von Colgate Total® bei 1,14 ± 1,75 und in der Fluorid-Gruppe bei 1,25 ± 1,88. Es ergibt sich in der Colgate Total® Gruppe eine Erhöhung von lediglich 5,6%, wohingegen sich in der Fluorid-Gruppe eine Erhöhung von 43,2% zeigt. Die Erhöhung wurde berechnet zum jeweiligen Ausgangswert. Da die Ausgangswerte bereits sehr unterschiedlich waren, obwohl sich die beiden untersuchten Gruppen ansonsten sehr ähnlich waren, ist die Aussagekraft der Ergebnisse fraglich [14].

Zahnkrankheiten werden hauptsächlich durch Bakterien der physiologischen oralen Mikroflora hervorgerufen. Diese hat vorrangig nützliche Funktionen. Das Ziel sollte nicht die Elimination der Mikroflora, sondern die Kontrolle darüber sein, ein ausgeglichenes und gesundes Maß an nützlichen Bakterien zu erreichen, die die orale Gesundheit fördern. Eine Anwendung von Triclosan in Zahnpasta zu prophylaktischen Zwecken ist daher als problematisch anzusehen [16].

Fazit

Im medizinischen Bereich ist Triclosan ein bedeutendes und wirksames Biozid. Ein alltäglicher Einsatz dieser antimikrobiellen Substanz in niedrigen, nicht bakteriziden Konzentrationen ist jedoch bedenklich. Die Substanz kann nützlich sein, wenn der Einsatz hilft, die Ausbreitung von Krankheiten zu unterbinden, jedoch birgt er auch gewisse Risiken. Dabei stellt die Resistenzentwicklung der Bakterien offenbar das größte Risiko dar. Es wurden in wissenschaftlichen Studien nicht nur Resistenzen gegen Triclosan selbst, sondern auch Kreuzresistenzen zu gängigen Antibiotika entdeckt. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die weltweite Resistenzentwicklung und damit verbundene Therapie­probleme große Sorge bereiten. Behörden, Mediziner und Wissenschaftler fordern ein Verbot von Triclosan in Alltags­gegenständen. Die FDA untersagte im vergangenen Jahr die Anwendung von Triclosan in Handseifen, da der Nutzen gegenüber herkömmlicher Handseife nicht nachgewiesen ist. Zahnpasta darf weiterhin dieses Biozid enthalten. Der Nutzen von Triclosan in Zahncreme ist jedoch fragwürdig. Das Risiko der zunehmenden Resistenz der Bakterien gegen ­Antibiotika ist hingegen offenbar deutlich größer. |

Literatur

 [1] BfR. Stellungnahme Nr. 030/2006 vom 08. Mai 2006

 [2] BfR. Stellungnahme Nr. 031/2009 vom 12. Juni 2009

 [3] Colgate Palmolive Co. 2017; www.colgate.de/app/ColgateTotal/DE/colgate-total-triclosan.cwsp

 [4] Dhillon GS et al. Triclosan: current status, occurrence, environmental risks and bioaccumulation potential. Int J Environ Res Public Health 2015;12(5):5657-84

 [5] FDA issues final rule on safety and effectiveness of antibacterial soaps, 2.9.2016; www.fda.gov/newsevents/newsroom/pressannouncements/ucm517478.htm. – 5 Things to Know About Triclosan, 2.9.2016; www.fda.gov/ForConsumers/ConsumerUpdates/ucm205999.htm

 [6] Giuliano CA, Rybak MJ. Efficacy of triclosan as an antimicrobial hand soap and its potential impact on antimicrobial resistance: a focused review. Pharmacotherapy 2015;35(3):328-36

 [7] Halden RU et al. The Florence Statement on Triclosan and Triclocarban. Environ Health Perspect 2017;125(6):064501

 [8] Heath RJ et al. Broad spectrum antimicrobial biocides target the FabI component of fatty acid synthesis. J Biol Chem 1998;273(46):30316-20

 [9] Lu H, Tonge PJ. Inhibitors of FabI, an enzyme drug target in the bacterial fatty acid biosynthesis pathway. Acc Chem Res 2008;41(1):11-20

[10] McMurry LM, Oethinger M, Levy SB. Triclosan targets lipid synthesis. Nature 1998;394(6693):531-532

[11] Riley P, Lamont T. Triclosan/copolymer containing toothpastes for oral health. Cochrane Database Syst Rev 2013;(12):CD010514

[12] SCCP. Opinion on Triclosan (COLIPA n° P32). 21.1.2009. SCCP/11902/08

[13] Topf CM, Schiebel J, Kisker C, Holzgrabe U. Die Fettsäuresynthese als Angriffspunkt. Von alten und neuen antimykobakteriellen Wirkstoffen. Pharm Unserer Zeit 2012;41(1):64-70

[14] Vered Y et al. Comparison of a dentifrice containing 0.243% sodium fluoride, 0.3% triclosan, and 2.0% copolymer in a silica base, and a dentifrice containing 0.243% sodium fluoride in a silica base: a three-year clinical trial of root caries and dental crowns among adults. J Clin Dent 2009;20(2):62-65

[15] Villalaín J et al. Membranotropic effects of the antibacterial agent Triclosan. Arch Biochem Biophys 2001;390(1):128-36

[16] Yazdankhah SP et al. Triclosan and antimicrobial resistance in bacteria: an overview. Microb Drug Resist 2006;12(2):83-90

Autoren

Theresa Martin studierte Biochemie (B.Sc.) an der Universität Potsdam und absolvierte den Masterstudiengang Toxikologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Seit 2015 ist sie dort wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Stahlmann.

Prof. Dr. Ralf Stahlmann, Arzt für Pharmakologie und Toxikologie, studierte Pharmazie und Medizin. Schwerpunkte: reproduktions- und immun­toxikologische Untersuchungen. Als Professor für Toxikologie und stellvertretender Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie initiierte er 2008 den Masterstudiengang Toxikologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin; seit 2015 im Ruhestand und Gastwissenschaftler an der Charité; Leitung des Masterstudiengangs bis 2018.

Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie Charité – Universitätsmedizin Berlin, Luisenstr. 7, 10117 Berlin

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