Arzneimittel und Therapie

Machen Antihistaminika Kinder dick?

Sowohl Loratadin als auch Desloratadin scheinen Gewichtszunahme zu fördern

daz | Eine Behandlung von Kindern mit den Antihistaminika Loratadin und Desloratadin kann den Appetit steigern und steht im Verdacht, Übergewicht zu fördern. Eine Analyse von Meldungen der globalen Spontanberichtsdatenbank der WHO (VigiBase) untermauert diesen Verdacht.

Loratadin und dessen Metabolit Desloratadin sind Antagonisten an peripheren H1-Rezeptoren. H1-Rezeptoren spielen ebenso wie H3-Rezeptoren und neuronales Histamin im Energiestoffwechsel eine Rolle. Eine Gewichtszunahme aufgrund einer H1-Rezeptor-Blockade scheint plausibel.

Während in der Fachinformation von Loratadin auf eine gelegent­liche Appetitsteigerung (0,5%) hingewiesen wird, findet sich in der von Desloratadin kein Hinweis. Bei Cetirizin wird hingegen explizit auf eine „seltene“ Gewichtszunahme hingewiesen.

Bei der Sichtung der VigiBase-Datenbank nach Spontanmeldungen zu Gewichtszunahme, Übergewicht und Appetitsteigerung unter den Antihistaminika Loratadin und Desloratadin konnten bis November 2016 für Loratadin 44 und für Desloratadin 115 Meldungen verzeichnet werden. In 22 Fällen betrafen die Meldungen Kinder im Alter von 2 bis 11 Jahren, in elf Fällen waren sie mit Loratadin, in den übrigen elf Fällen mit Desloratadin behandelt worden. Im Schnitt hatten sie zwischen 1 und 5 kg unter der Behandlung zugenommen. Für Desloratadin war der Zusammenhang statistisch signifikant. In den Augen der WHO stützt die Analyse aber für beide Wirkstoffe eine mögliche Korrelation zwischen einer Gewichtszunahme und der Anwendung bei Kindern.

Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) weist in diesem Zusammenhang auf einen Fall hin, der ihr von einer Apotheke gemeldet wurde. Dieser ist auch in die WHO-Analyse mit eingeflossen. Dabei handelte es sich um einen siebenjährigen Jungen, der an einer starken Hausstaub-Milben-Allergie litt. Als Therapie erhielt er einmal täglich 2,5 mg Desloratadin in Form einer Lösung, was zu einer schlagartigen Steigerung des Appetits mit einhergehender Gewichtszunahme geführt haben soll. Nach kurzer Therapie-Pause normalisierte sich der Zustand des Jungen zwar wieder. Bei erneuter Einnahme kehrten die Probleme jedoch zurück. Laut den Eltern nahm der Junge innerhalb von ca. zwei Monaten 4,5 kg zu. Mittels Diät konnte das Gewicht in drei Monaten zwar wieder um 2,5 kg gesenkt werden, die Medikation konnte symptombedingt jedoch nicht pausiert werden. |

Quelle

Viola E und Conforti A. WHO Pharmaceuticals Newsletter. 2017(4):15-19

AMK-Meldung vom 19. September 2017

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