Arzneimittel und Therapie

Hilft ein Gel gegen Borreliose?

Hinweis auf Nutzen nur bei Patienten mit nachgewiesener Infektion

Bei Verdacht auf eine Infektion mit Borrelia burgdorferi kommen frühzeitig Antibiotika zum Einsatz, deren systemische Anwendung allerdings mit vielen Nebenwirkungen behaftet ist. Eine Alternative könnte ein Azithromycin-Gel sein, das direkt auf den Zeckenbiss aufgetragen wird. Nachdem eine Studie aufgrund scheinbarer Wirkungslosigkeit vorzeitig abgebrochen wurde, spricht jetzt eine Post-hoc-Analyse dafür, dass das Gel doch wirkt.

Die Lyme-Borreliose zählt zu der am häufigsten durch Zecken übertragenen Erkrankung in Europa. Ist eine Zecke mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi befallen, kann dieses während des Saugvorgangs auf den Menschen übertragen werden und ihn so in 1 bis 5% der Fälle infizieren. Erste unspezifische Anzeichen einer Lyme-Borreliose sind Fieber, Kopfschmerzen und Myalgien. In 60 bis 80% der Fälle erscheint nach einigen Tagen bis Wochen eine charakteristische Hauteffloreszenz – das sogenannte Erythema migrans (Wanderröte). Im weiteren Verlauf können die Borrelien disseminieren und verschiedene Organe befallen. Einen Impfstoff gibt es nicht.

Therapie meist langwierig

Da nicht alle Infizierten ein Erythema migrans entwickeln, ist es schwierig, eine Infektion sicher zu erkennen. Auch die Interpretation serologischer Befunde ist problematisch: Zum einen können ausgeheilte Infektionen Grund für Borrelien-Antikörper im Blut sein, zum anderen müssen bei aktiven Infektionen nicht zwangsläufig Antikörper nachgewiesen werden. Die meisten Borreliose-Fälle können erfolgreich durch eine systemische Gabe von Antibiotika behandelt werden. Die amerikanischen und europäischen Leitlinien empfehlen Doxycyclin und Amoxicillin als Antibiotika der ersten Wahl. Die Länge der Therapie richtet sich nach Dauer und Schwere der Symptomatik, beträgt aber in der Regel zehn bis 21 Tage.

Problematischer Endpunkt

In einer klinischen Studie wurde die Effektivität eines zehnprozentigen Azithromycin-Gels zur Verhinderung einer Lyme-Borreliose untersucht. Das Gel wurde zweimal täglich an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf die Stelle des Zeckenbisses aufgetragen. Primärer Endpunkt der Studie war Therapieversagen, das durch ein Erythema migrans, eine Serokonversion oder das Auftreten von beiden definiert wurde. Zwar wurde das Gel gut vertragen, doch konnte keine Überlegenheit gegenüber Placebo festgestellt werden. Eine Post-hoc-Analyse definierte daraufhin neue klinische Endpunkte: Es wurden nur noch Patienten mit Erythema migrans und auch nur Patienten, die nachweislich von infizierten Zecken gebissen wurden, in die Auswertung eingeschlossen. Im Ergebnis zeigte sich das Azithromycin-Gel Placebo überlegen.

Der primäre Endpunkt wurde überdacht, weil bei einer asymptomatischen Serokonversion unter Umständen kein kausaler Zusammenhang zum Zeckenbiss besteht und dies zu einem systematischen Fehler führen kann. Obwohl die Ergebnisse auf einen präventiven Effekt des Gels hindeuten, reichen die Daten derzeit nicht aus, um den Nutzen in der Prävention einer Lyme-Borreliose zu bestätigen. |

Quelle

Schwameis M et al. Lancet Infect Dis; doi:10.1016/S1473-3099(16)30529-1

Kutane Lyme Borreliose, S2k-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, AWMF-Register Nr. 013/044, Stand 31.03.2016

Apothekerin Isabelle Viktoria Maucher

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