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Es reicht ein Anruf

Ärztekammer genehmigt Modellprojekt zur Fernbehandlung in Baden-Württemberg

hfd/ral | Wer eine ärztliche Diagnose und eine daraus abgeleitete Therapie brauchte, der musste sich bislang in eine Arztpraxis begeben. In Baden-Württemberg können Privatversicherte künftig via Festnetz oder Handy mit dem Arzt in Kontakt treten, damit dieser sie untersucht und eine Behandlung einleitet. Rezepte dürfen die Ärzte aus der Ferne dabei jedoch nicht ausstellen – noch nicht, denn das könnte sich ändern.
Foto: Yanik Chauvin – stock.adobe.com
Ruf mich an! In Baden-Württemberg wurde ein Modellprojekt zur ärztlichen Fernbehandlung gestartet. Erst mal nur für Privatversicherte und ohne Rezeptausstellung …

In einem Modellprojekt erprobt die Ärztekammer Baden-Württemberg neue Möglichkeiten, bei denen Patienten ausschließlich aus der Ferne behandelt werden. Durchgeführt wird das auf zwei Jahre ausgelegte Projekt vom Münchner Unternehmen Teleclinic – und es gilt vorläufig nur für Kunden der Barmenia sowie einer weiteren, namentlich in einer Bekanntmachung nicht genannten, privaten Krankenversicherung.

Bequem und nicht zeitgebunden

„Durch die Fernbehandlung sind Patienten nicht an Öffnungszeiten von Arztpraxen gebunden“, erklärt Teleclinic in einer Pressemitteilung: Rund um die Uhr sei zumindest ein Bereitschaftsdienst erreichbar. Patienten könnten einen Video-Chat über eine App von Teleclinic nutzen oder zum Telefonhörer greifen. Ärztliche Behandlungen würden damit leichter zugänglich – unabhängig vom Zeitpunkt oder davon, wo Patienten sich gerade aufhalten. „Insbesondere Patienten auf dem Land, wo Ärztemangel herrscht, profitieren“, erklärt Teleclinic. Und auch für Ärzte sei die Öffnung positiv: Sie können ihren Patienten nun etwas anbieten, was europäische Kollegen teils schon länger dürfen.

„Neuland in Deutschland“

Den Weg für die Online-Sprechstunde freigemacht hatte die Ärztekammer vor gut einem Jahr, als sie das in der Berufsordnung verankerte Verbot ausschließlicher Fernbehandlungen kippte. „Nach intensiven Vorarbeiten sind wir nun die erste ärztliche Körperschaft in der Bundesrepublik, die Ärzten die ausschließliche Fernbehandlung im Rahmen von Modellprojekten erlaubt, und wir betreten damit Neuland in Deutschland“, erklärte Ulrich Clever, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, in einer Pressemitteilung. „In Baden-Württemberg wird das möglich, was außerhalb Deutschlands längst tägliche Routine und zukünftig nicht mehr aufzuhalten ist: Arzt und Patient können sich beispielsweise am Telefon oder via Handy-App begegnen, und der Arzt darf eine individuelle Diagnose stellen und die Therapie einleiten.“

Ein sogenannter „verantwortlicher Arzt“ garantiere aufseiten des Anbieters dabei als Mitglied der Landesärztekammer Baden-Württemberg die gewissenhafte Einhaltung des berufsrechtlichen Rahmens gemäß der ärztlichen Berufsordnung sowie Patientensicherheit und Datenschutz. Die Modellprojekte werden fortlaufend wissenschaftlich evaluiert – um sicherzustellen, dass den Patienten bei der ausschließlichen Fernbehandlung „die gleiche Qualität und Expertise wie in Praxis oder Krankenhaus“ geboten wird. Wann immer die Behandlung auf Distanz im Einzelfall unmöglich sei, werde auf entsprechende regionale Experten und Behandlungsangebote verwiesen, betont die Ärztekammer: Lebensbedrohliche Notfälle würden immer sofort an die Rettungsleitstelle weitergegeben.

Fernverschreibungen – noch – verboten

Verboten ist den Video-Ärzten bislang der Griff zum Rezeptblock: Der Bundestag hatte mit dem Vierten AMG-Änderungsgesetz im vergangenen Jahr auch Fernverschreibungen einen Riegel vorgeschoben. Wie ein Sprecher der Ärztekammer erklärte, will die Kammer jedoch das Verschreiben aus der Ferne ermöglichen, denn in der Gesetzesbegründung sind Ausnahmefälle erwähnt. Vonseiten der Landesregierung sei bereits signalisiert worden, dass Derartiges im Rahmen von Modellprojekten denkbar ist.

Befürchtungen von Vor-Ort-Apothekern, dass Rezepte dann ins Ausland gehen könnten, versucht ein Sprecher der Ärztekammer zu zerstreuen: „Wir sind mit den Apothekern hier im Ländle im engen Austausch – damit genau das nicht passiert, sind sie im Boot“. |

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