Arzneimittel und Therapie

Rivaroxaban plus ASS schützt besser

ASS-Monotherapie schneidet in der kardiovaskulären Sekundärprävention schlechter ab

Patienten mit einer stabilen athero­sklerotischen Gefäßerkrankung profitieren von einer Kombination aus niedrig dosiertem Rivaroxaban plus Acetylsalicylsäure (ASS) stärker als von einer Monotherapie mit ASS. Dieses Fazit einer großen internationalen Studie ist relevant für die tägliche Praxis und könnte das Standardvorgehen bei der Sekundärprävention ändern.

Die Sekundärprophylaxe für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen ist derzeit noch unzureichend. So lässt sich mit einer ASS-Monotherapie das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse nur um 19%, das Sterblichkeitsrisiko nur um 9% reduzieren. Eine andere Möglichkeit ist die zusätzliche orale Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten, die allerdings das Blutungsrisiko erhöht. Daher werden weitere Behandlungsmöglichkeiten gesucht, so auch in der COMPASS (Cardiovascular Outcomes for People Using Anticoagulation Strategies)-Studie, die verschiedene Therapieoptionen zur Prävention kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit einer stabilen atherosklerotischen Gefäßerkrankung miteinander vergleicht.

Herzschutz mit 100 mg Acetylsalicylsäure zählt zur Standardtherapie nach einem Herzinfarkt. Kombiniert mit zweimal täglich 2,5 mg Rivaroxaban könnte der Schutz optimiert werden.

An der doppelblinden, multizentrischen Studie nahmen 27.395 Patienten mit klinisch stabiler koronarer oder peripherer Gefäßerkrankung teil (Patienten mit einer Indikation für eine duale Antiplättchen-Therapie waren ausgeschlossen). Die Studienteilnehmer erhielten

  • Rivaroxaban-ASS-Gruppe: Rivarox­aban (2,5 mg zweimal täglich) plus 100 mg ASS (einmal täglich)
  • Rivaroxaban-Gruppe: Rivaroxaban (5 mg zweimal täglich)
  • ASS-Gruppe: ASS 100 mg (einmal täglich)

Der zusammengesetzte primäre Studienendpunkt umfasste den kardiovaskulären Tod, den nicht tödlichen Herzinfarkt und den nicht tödlichen Schlaganfall. Nach 23 Monaten wurde die Studie vorzeitig abgebrochen, da sich ein Benefit für die Patienten der Rivaroxaban-ASS-Gruppe zeigte.

Problem Blutungen

Während der Beobachtungszeit trat bei 4,1% der Patienten in der Rivarox­aban-ASS-Gruppe und bei 5,4% der Patienten in der ASS-Gruppe eines der drei Ereignisse des primären Endpunkts ein. Durch die Kombination aus Rivaroxaban und ASS konnte die Inzidenzrate für die Ereignisse Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall (primärer Studienendpunkt) im Vergleich zu einer Monotherapie mit ASS statistisch signifikant um 24% gesenkt werden (HR 0,76; p < 0,001). Auch bei einem sekundären Studienendpunkt, der Gesamtmortalität, war die Kombinationstherapie besser als die Monotherapie mit ASS. In der Rivarox­aban-ASS-Gruppe starben 3,4% der Probanden, in der ASS-Gruppe 4,1%. Das entspricht einer relativen Reduktion der Gesamtmortalität um 18% (HR = 0,82; p = 0,01). Unter einer Monotherapie mit Rivaroxaban konnten weder die Ereignisraten noch die Gesamtmortalität signifikant reduziert werden.

Unter der Therapie mit Rivaroxaban plus ASS traten mehr Blutungen auf als unter ASS; die Blutungsraten lagen bei 3,1% bzw. 1,9% (HR = 1,70; p < 0,001). Meist waren es gastrointestinale Blutungen; im Hinblick auf intrazerebrale oder tödliche Blutungen bestanden keine signifikanten Unterschiede.

Rivaroxaban enttäuscht bei Schlaganfallprophylaxe

Die Phase-III-Studie NAVIGATE ESUS sollte klären, ob nach einem ­embolischen Schlaganfall Rivarox­aban (15 mg/Tag) besser zur Sekundärprävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien geeignet ist als ASS (100 mg/Tag). Sie wurde vorzeitig beendet. Eine planmäßige Zwischenanalyse hatte ergeben, dass die Wirksamkeit von Rivaroxaban gegenüber ASS in den Behandlungsgruppen ähnlich war und es nur geringe Aussichten gab, bei Fortsetzung der Studie eine Überlegenheit von Rivarox­aban zu zeigen.

Quelle: Pressemitteilung der Firma Bayer vom 5. Oktober 2017

Konsequenzen für die Therapie

Diese Studie wurde auch auf der Online-Plattform Medscape vorgestellt und kommentiert. Unter anderem wird angemerkt, dass auch nach Berücksichtigung der Blutungskomplikationen die Kombinationstherapie noch immer einen deutlichen Benefit aufweist. Vermutlich wird diese Therapieoption zukünftig in Leitlinien beachtet und die Gabe von Rivaroxaban plus ASS für ein breiteres Patienten­kollektiv empfohlen werden. |

Quelle

Eikelboom JW et al. Rivaroxaban with or with­out Aspirin in stable cardiovascular disease. N Engl J Med 2017;377:1319-1330, DOI: 10.1056/NEJMoa1709118

Reisdorf S. COMPASS-Studie: Wird nun der NOAK Rivaroxaban bald Standard für alle Patienten mit stabiler KHK oder PAVK? European Society of Cardiology (ESC) 2017, 26. bis 30. August 2017, Barcelona/Spanien, www.medscape.com

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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