Aus den Ländern

Vorbereitung auf die neue digitale Apothekenwelt

Landesapothekerkammer Brandenburg: Von Nachwuchssorgen und Problemen der Digitalisierung

POTSDAM (ks) | Die Apotheker blicken derzeit gespannt auf die Sondierungsgespräche in Berlin. Werden CDU, CSU, Grüne und FDP die Weichen für die Jamaika-Koalition stellen können? Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, appellierte bei der Kammerversammlung am 8. November erneut an die Politik, sich für das Rx-Versandverbot einzusetzen. Zudem zeigte er auf, welche Themen die Kammer 2018 beschäftigen werden. Dazu zählt auch die Digitalisierung. Was hier auf die Apotheker zukommt, war zudem Thema eines Gastvortrags von Sören Friedrich, dem Abteilungs­leiter IT/Telematik bei der ABDA.

Als sich die Brandenburger Kammerversammlung vergangene Woche Mittwoch in Potsdam traf, war das Thema Gesundheit und dessen Unterpunkt Apotheken ein erstes Mal in den Sondierungsgesprächen abgehandelt worden. Kammerpräsident Dobbert betonte in seinem Bericht, dass sich seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung im Oktober 2016 schon viel in der Apothekenlandschaft verändert habe. Die Umsätze der ausländischen Versender seien deutlich gestiegen und die Menschen fast permanent zur Prime-Time im Fernsehen der Werbung der großen niederländischen Versandapotheken ausgesetzt. DocMorris sponsere mittlerweile sogar die Junge Union in Bayern. Vor diesem Hintergrund ist Dobbert überzeugt: Falls sich die neue Koalition nicht auf ein Rx-Versandverbot einigen kann, würden die ausländischen Apotheken-Kapitalgesellschaften noch mehr Geld an der Börse einsammeln und den deutschen Apothekenmarkt umkrempeln. Die großen Versandapotheken lockten die Patienten in Deutschland über vielfältige Bonusprogramme mit Geld. Die Apotheken müssten sich auf weitere Abwerbung einstellen, meint der Kammerchef. Hilflos stehe man dem aber nicht gegenüber. Schließlich könne niemand so schnell und sicher versorgen wie die Apotheke vor Ort.

Foto: LAKBB
Die erste Kammerversammlung im frisch gestrichenen und ausgestatteten Saal im Apothekerhaus Brandenburg, das jetzt nur noch von der Kammer genutzt wird.

Rx-Versandverbot soll nicht die Apotheken schützen

Die Politik müsse verstehen, dass es beim Rx-Versandverbot nicht darum gehe, Apotheken zu schützen, sondern die flächendeckende Versorgung für die Bevölkerung zu erhalten, betonte Dobbert. Sollte sich die neue Regierung dennoch nicht zu einem Verbot durchringen, müsse sie zumindest neue Handlungsspielräume für Apotheker schaffen. Dazu gehöre neben der Abschaffung „irrsinniger“ Regularien – etwa bei der Präqualifizierung – eine angemessene Honorierung. Dies müssten die Apotheker nun offen und nicht nur hinter vorgehaltener Hand einfordern, erklärte Dobbert. Er selbst hat jedenfalls noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass es einen politischen Weg gibt, die 24-Stunden-Versorgung sicherzustellen.

Foto: LAKBB
Jens Dobbert und Michael Klauß (re.), Geschäftsführer des AV Brandenburg, der zum Jahresende den Verband verlässt.

Den Kammervorstand beschäftigte im vergangenen halben Jahr aber noch mehr. Zwei Punkte hob der Präsident dabei hervor: Nach dem Auszug des Apothekerverbands Brandenburg (AVB) aus dem einst gemeinsamen Apothekerhaus zu Jahresbeginn, standen Renovierungsarbeiten an. Statt einer baulichen Erweiterung setzte man darauf, das Bestehende aufzufrischen. Auch so konnte schon mehr Platz geschaffen werden.

Ein weiteres Dauer-Projekt der Kammer ist, sich um den beruflichen Nachwuchs zu kümmern. Auf verschiedenen Kanälen wirbt sie für die Berufe in der Apotheke. Im Internet, aber auch mit Material, das die Apotheker in ihrem Schaufenster platzieren können sowie mit einem neu gestalteten Messestand für regionale Ausbildungsmessen. Auch im Jahr 2018 will die Kammer ihren Einsatz fortsetzen. Noch immer hat sie das Projekt Pharmaziestudium in Brandenburg nicht aufgegeben. Ein neues Angebot soll es zudem für PhiPs geben, die ihr praktisches Jahr in Brandenburg absolvieren möchten: die PhiP-Praxiswerkstatt.

Letztlich sprach Dobbert noch das ­Mega-Thema Digitalisierung an. Leider werde der Mode-Begriff heute allzu oft als Feigenblatt für Geschäftsmodelle verwendet, die nicht wirklich etwas mit Digitalisierung zu tun haben – etwa dem Arzneimittelversandhandel. Solche Aktivitäten zerstörten jedoch wirklich sinnvolle andere Modelle, etwa zur Arzneimitteltherapiesicherheit in den Apotheken vor Ort. Wichtig sei, so Dobbert, dass die digitalen Projekte den Patienten nutzen – und dass für Sicherheit gesorgt sei.

Wer kennt HBA und SMC-B?

Mehr ins Detail ging dann der Tele­matik-Chef der ABDA, Sören Friedrich. Das Thema seines Gastvortrags: Die Ausgabe der HBA und SMC-B durch die Landesapothekerkammern. Schon die Abkürzungen sind nicht jedem geläufig: Es geht zum einen um den elektronischen Heilberufsausweis (HBA), der so etwas wie das Gegenstück der Heilberufler – und damit auch des Apothekers – zur elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für die Versicherten ist. Er ist zum einen Sichtausweis, er ermöglicht aber auch eine Authentifizierung (elektronische Identitätsprüfung) und eine verschlüsselte Kommunikation. Mit ihm bekommt der Apotheker Zugang zur Telematik-Infrastruktur (TI) und den Informationen auf der eGK. Zudem enthält der HBA eine qualifizierte elektronische Signatur des Apothekers.

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ABDA-Telematik-Chef Sören Friedrich erklärte, was es mit dem HBA und der SMC-B auf sich hat.

Damit auch Apothekenmitarbeiter bei der Versorgung auf die Daten der Versicherten zugreifen können, gibt es eine weitere Karte, die sogenannte Security Module Card Typ B (SMC-B) oder Institutionskarte. Voraussetzung ist, dass der Apotheker mit dem HBA zuvor einen solchen Zugriff legitimiert hat. Zudem wird die SMC-B für die Identifikation der gesamten Apotheke in der TI genutzt. Sie unterstützt zudem die HBA-Funktionalitäten.

Damit diese Karten zum Einsatz kommen können, muss allerdings erst einmal der Zugang zur TI stehen. Wie Friedrich erklärte, ist die TI, die man sich als Datenautobahn vorstellen kann, die für eine sichere Vernetzung zwischen den Leistungserbringern im Gesundheitswesen sorgt, auf höchstem Sicherheitsniveau bereits „gebaut“. Auf ihr sollen künftig die eGK-Daten – für Apotheken relevant ist vor allem der elektronische Medikationsplan – transportiert werden. Dickere Pakete wie die Patientenakte sollen folgen. Gewisse Schwierigkeiten bereiten aber noch die „Auffahrten“ zu dieser Autobahn. Diese Auffahrt erfolgt über den sogenannten VPN-Zugangsdienst. VPN steht eigentlich für virtuelles privates Netzwerk – aber das Kürzel steht auch für Sicherheit weit über den privaten Bereich hinaus in größeren (Unternehmens-)Netzwerken. Hier geht es um den zentralen Zugang zur TI. Die Telematik-Betreiberorganisation Gematik muss die Anbieter zulassen – und ist dabei laut Friedrich immerhin „auf einem guten Weg“. Der VPN-Tunnel ist auch der Punkt, an dem sich der Konnektor der Apotheken anmeldet. Der Konnektor ist eines der neuen Geräte, die sich Apotheken künftig zulegen müssen. Er ist ein komplexer Datenrouter, sozusagen das Eintrittstor in die TI, wie Friedrich erläutert. Er ist eine Box, die parallel zur sonstigen Apotheken-Internetanbindung, etwa über eine Fritz-Box, läuft. Dieser Konnektor ist noch in der Zulassungsphase. Friedrich geht davon aus, dass er frühestens im dritten Quartal 2018 bereit steht – dann müssten auch HBA und SMC-B verfügbar sein. Allerdings könnte es auch Anfang 2019 werden. Zeit wird es dann: Ab Januar 2019 sieht das Gesetz vor, dass der Medikationsplan elektronisch aktualisiert wird. Ab Anfang 2018 werden jedenfalls die Kammern schon einmal geschult, damit sie ihre Mitglieder über die Fragen rund um die Telematik informieren können. Die Kammern sind auch diejenigen, die die HBA und SMC-B in einem streng geordneten Verfahren ausgeben werden. Damit es dann richtig losgehen kann, brauchen die Apotheken auch noch Kartenlesegeräte, mit denen sie elektronischen Gesundheitskarten der Patienten einlesen können. Wie viele – darüber wird derzeit noch diskutiert. Die ABDA hätte gern für jeden Abgabeplatz in der Apotheke eines, der GKV-Spitzenverband, der für die Geräte eine Pauschale übernimmt, sähe gerne weniger.

Und was kostet das?

Wie Friedrich berichtete, sind die Kosten für das gesamte Unterfangen bislang nur zu schätzen oder noch gar nicht klar. Über sie muss die ABDA immer wieder mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln. Im Moment wird davon ausgegangen, dass ein Konnektor für die Apotheke mit rund 1000 Euro zu Buche schlägt, ein Kartenlese-Terminal mit 500 Euro. Die Kosten für den HBA werden sich voraussichtlich auf zehn Euro im Monat belaufen, die für die SMC-B auf etwa acht Euro. Unklar sind noch die Kosten für den VPN-Zugangsdienst, die Installation, Schulung und den Betrieb. Es gibt also noch einiges zu tun. Doch dass alle Aktivitäten rund um die eGK länger brauchen als zunächst geplant, ist man bereits gewohnt. |

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