Arzneimittel und Therapie

Bei Harnwegsinfekten symptomatisch behandeln ...

... kann die Dauer der Antibiotika-Einnahme verringern

Unkomplizierte Harnwegsinfekte sind die zweithäufigste Ursache für Antibiotika-Verschreibungen. Nicht-steroidale Antirheumatika wie Diclofenac könnten zur Therapie der akuten Beschwerden eingesetzt werden. In einer Studie verringern sie die Einnahmezeit von Antibio­tika, gleichzeitig wurde aber auch das Risiko für komplizierte Harnwegsinfekte erhöht.

Die unkomplizierte Harnwegsinfektion (HWI) ist eine der häufigsten bakteriellen Infektionen, vor allem bei weiblichen Erwachsenen. Ungefähr die Hälfte der Frauen leidet mindestens einmal in ihrem Leben unter einer unkomplizierten Harnwegsinfektion. Die in der Behandlung der unkomplizierten Harnwegsinfektion eingesetzten Antibiotika machen 10 bis 20% aller Antibiotika-Verschreibungen in der ambulanten Behandlung aus und stehen damit nach Antibiotika-Rezepten für Atemwegsinfektionen an zweiter Stelle.

Weltweit wird versucht, die Antibiotika-Resistenz zu reduzieren, indem die Einnahme von Antibiotika optimiert bzw. verringert wird. Dazu gehört es auch, unterstützende Arzneimittel zu finden, die die Behandlung verkürzen oder die antibiotische Behandlung von bakteriellen Infektionen mit niedrigem Risiko verschieben.

Dabei muss immer der Nutzen einer Antibiotika-Therapie gegen das Potenzial für einen negativen Krankheitsverlauf abgewogen werden, wenn keine Antibiotika eingesetzt werden.

Symptome einer unkomplizierten Harnwegsinfektion können durch eine lokale Erhöhung proinflammatorischer Faktoren, wie Prostaglandine, ausgelöst werden. Aus diesem Grund wird der Einsatz nichtsteroidaler entzündungshemmender Arzneimittel (NSAR) bei der Linderung von Symptomen erwogen. In einer randomisierten, doppelblinden Nichtunterlegenheitsstudie in der Schweiz wurde untersucht, ob der Einsatz des NSAR Diclofenac dem Einsatz des Antibiotikums Norfloxacin nicht unterlegen war [1]. 253 Frauen im Alter von 18 bis 70 Jahren mit einem unkomplizierten Infekt der unteren Harnwege wurden randomisiert und symptomatisch mit Diclofenac (n = 133) oder antibiotisch mit Norfloxacin (n = 120) behandelt. Der primäre Endpunkt war die Auflösung der Symptome am Tag 3. Der sekundäre Endpunkt war die Verwendung eines Antibiotikums (einschließlich Norfloxacin und Fosfomycin als Verum) bis zum 30. Tag.

Häufiger Pyelonephritis unter Diclofenac

54% der Frauen, die Diclofenac erhielten, und 80% der Frauen, die Norfloxacin einnahmen, zeigten am Tag 3 keine Symptome mehr. Die mittlere Zeit bis zum Verschwinden der Symptome betrug vier Tage in der Diclofenac-Gruppe und zwei Tage in der Norfloxacin-Gruppe. 62% der Frauen in der Diclofenac-Gruppe und 98% in der Norfloxacin-Gruppe verwendeten bis zum 30. Tag Antibiotika. Bei sechs Frauen in der Diclofenac-Gruppe (5%), aber keiner in der Norflox­acin-Gruppe wurde eine Pyelonephritis (p = 0,03) diagnostiziert. Die Studie ergab insgesamt, dass Diclofenac Norfloxacin zur Symptomlinderung bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen unterlegen ist. Außerdem wird Diclofenac wahrscheinlich mit einem erhöhten Risiko für Pyelonephritis in Verbindung gebracht, obwohl es den Einsatz von Antibiotika bei Frauen mit unkompliziertem Harnwegsinfekt reduzierte.

Fazit für die Praxis

Wenn man ein nichtsteroidales Antirheumatikum befürwortet, könnte Ibuprofen anstelle von Diclofenac genommen werden, da unter diesem Wirkstoff eine Pyelonephritis seltener vorzukommen scheint. Auch das Analgetikum Paracetamol könnte häufiger eingesetzt werden, da hier weniger Nebenwirkungen bekannt sind.

Wird eine verzögerte Verschreibung für eine unkomplizierte Harnwegsinfektion verwendet, also das Rezept erst später eingelöst, so führt das wahrscheinlich zu einer 20- bis 25%igen Verringerung der eingesetzten Antibiotika. Ärzte könnten daher auch eine verzögerte Verschreibung von Antibiotika ausgeben. So hätten Frauen einen schnellen Zugang zu Antibiotika, wenn sich die Symptome nicht innerhalb von 48 Stunden bessern, müssten aber nicht per se ein Antibiotikum einnehmen. Die Kombination von Schmerzmittel und verzögerter Verschreibung könnte, wenn weitere Studien das untermauern, ein Weg sein, um unkomplizierte Harnwegsinfektionen wirkungsvoll zu therapieren und gleichzeitig den Einsatz von Antibiotika zu verringern [2]. |

Quelle

[1] Kronenberg et al. Symptomatic treatment of uncomplicated lower urinary tract infections in the ambulatory setting: BMJ 2017;359:j4784

[2] Little P. Antibiotics or NSAIDs for uncomplicated urinary tract infection? Pain relief and a delayed antibiotic prescription is a pragmatic and balanced approach. BMJ 2017;359:j5037

Apothekerin Janine Naß

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