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Ausbildung

Studium entrümpeln?!

Der BPhD will Lehrinhalte überarbeiten und die Approbationsordnung ändern

du | Das Pharmaziestudium und die Lehrinhalte sind spätestens seit der Verabschiedung des Perspektivpapiers 2030 durch die ABDA Gegenstand heftiger Diskussionen. Auch der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) hat sich mit der Thematik auseinandergesetzt und ein Thesenpapier zur Bewertung und Überarbeitung der Approbationsordnung und zur Verbesserung des Pharmaziestudiums verabschiedet.

Im Frühjahr 2015 wurde innerhalb des BPhD die Arbeitsgruppe Zukunft gegründet mit dem Ziel, Ausbildungsinhalte auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen und zu evaluieren. Dazu wurde unter anderem von Dezember 2015 bis Ende Januar 2016 eine Umfrage unter allen Studierenden durchgeführt. Auf Basis der Ergebnisse wurde dann das BPhD-Thesenpapier erstellt. Es enthält konkrete Forderungen zur Ausweitung, Kürzung und Streichung von Themengebieten.

Pharmazeutische Kompetenz steigern

Folgende Themengebiete sollen wegen ihrer Bedeutung für die pharmazeutische Kompetenz ausgebaut werden:

  • Pharmakologie, Pharmakotherapie und der pharmakologisch-toxikologische Demonstrationskurs einschließlich der Toxikologie – diese Gebiete werden als Herzstück des Studiums gesehen,
  • Anatomie und Physiologie,
  • Pharmazeutische Betreuung, Therapiebewertung und Therapieindividualisierung als Schwerpunkt der Klinischen Pharmazie,
  • Arzneiformenlehre und Technologie, wobei hier eine Zusammenarbeit mit PTA-Schulen angeregt wird,
  • die Biopharmazie,
  • Biotechnische Grundlagen, Immunologie und Antibiotika,
  • die Organik als Grundlage für die Pharmazeutische und Medizinische Chemie.

Was reduziert und gekürzt werden soll

Reduzieren wollen die Studierenden die Themengebiete Arzneimittelanalytik und Arzneistoffanalytik: nasschemische Analysen sollen gestrichen werden, instrumentell-analytische Verfahren sind zu bevorzugen. Auch die quantitative Analytik nimmt nach Ansicht der Studierenden einen nicht adäquaten Umfang ein. Allerdings werden nasschemische Titrationen als Grundlage für sinnvoll erachtet. Kürzungspotenzial bietet auch das Themengebiet Anorganische Chemie. Die anorganischen Grundlagen sollen reduziert und direkt mit den Grundlagen der organischen Chemie verknüpft werden.

Die Themengebiete Pharmakologie, Pharmakotherapie sowie der pharmakologisch-toxikologische Demonstrationskurs sollen ausführlicher behandelt werden. Die Studierenden sehen sie als einen der wichtigsten Teile pharmazeutischen Wissens und als Herzstück des Studiums. 28% wünschen sich mehr Pharmakologie und 10% mehr Pharmakotherapie im Hauptstudium.

Thesenpapier des BPhD: www.bphd.de

Das Fach Nomenklatur mit eigenständiger Vorlesung und Klausur wird für entbehrlich gehalten, die Kenntnisse können nach den Vorstellungen der Studierenden auch im Themengebiet organische Chemie vermittelt werden.

Auch die alleinstehenden Veranstaltungen zu mathematischen und statistischen Methoden ohne Bezug zur Pharmazie empfinden die Studierenden als nicht mehr zeitgemäß. Sie regen eine Integration von statistischen Rechnungen in die Bereiche der physikalischen Grundlagenvermittlung und die Technologie an und wünschen sich ein besonderes Augenmerk auf die Nutzung von geeigneter Software.

Auch das Themengebiet Physik nimmt den Studierenden zu viel Raum ein und lässt in puncto Nutzen Wünsche offen. Grundlagen werden zwar als wichtig erachtet, doch sollten sie einen direkten Bezug zu den Anwendungsgebieten der Pharmazie haben. Zytologische und histologische Grundlagen der Biologie sollen zusammen mit dem Praktikum zum Bestimmen von Teedrogen gelehrt werden, die Biochemie-Vorlesung und das Praktikum gekürzt und besser mit der Pharmakologie abgestimmt werden. Das Fach Qualitätssicherung möchten die Studierenden in das Technologie-Praktikum integrieren, die speziellen Rechtsgebiete ins praktische Jahr verschieben. Die Geschichte der Pharmazie wird für entbehrlich gehalten, allenfalls sollten interessierte Studenten im Rahmen einen Wahlkurses tiefer in das Thema einsteigen können.

Was neu aufgenommen werden soll

Neu aufnehmen möchte der BPhD das Fachgebiet Scientific English, psychologische Grundlagen integriert in den Fachbereich Klinische Pharmazie und das Fach Ethik, eingebettet in ein Seminar zur Pharmakoökonomie. Ab dem ersten Semester sollen zudem Computerkenntnisse vermittelt und vertieft werden.

Mehr Individualisierungsmöglichkeiten

Insgesamt wünscht sich der BPhD mehr Individualisierungsmöglichkeiten, unnötige Anwesenheitspflichten sollen abgeschafft und zum Selbststudium ermuntert werden. Das Studium soll entzerrt und um ein Semester verlängert werden, die vorlesungsfreie Zeit soll externen Praktika und der Famulatur vorbehalten bleiben. Die Famulatur selbst soll auf vier Wochen verkürzt werden, wobei verpflichtende zwei Wochen in der Offizin als ausreichend ­angesehen werden.

Der BPhD empfiehlt eine Verlängerung des ­Studiums um mindestens ein Semester, da so das Studium entzerrt wird und die vorlesungsfreie Zeit auch frei bleibt, um beispiels­weise externe Praktika oder die Famulatur zu absolvieren.

Thesenpapier des BPhD: www.bphd.de

Für das Wahlpflichtfach wird eine Ausdehnung auf zweimal vier Wochen gefordert, vier Wochen sollen in der Offizin abgelegt werden können, weitere vier Wochen in einem Arbeitskreis oder forschenden Institut. Abgeschlossen werden soll es durch eine schriftliche wissenschaftliche Arbeit auch für den Offizinteil (beispielsweise Pharm. Betreuung, Medikationsmanagement AMTS).

Jobben in der Apotheke

Beim 1. Staatsexamen wünschen sich die Studierenden, dass Noten repräsentativer Klausuren mit in die Note einfließen. Zudem sollen den Studenten mit dem Bestehen des 1. Staatsexamens mehr Befugnisse bei der Arbeit in öffentlichen Apotheken sowie als Hilfswissenschaftler eingeräumt werden. Auf Nachfrage erklärte der BPhD, dass Studenten mit dem 1. Staatsexamen bereits die PKA bei der Bestellung und Warenannahme unterstützen oder Botendienste erledigen können. Sie wären auch ideal für die Arbeit in der Rezeptur und im Labor geeignet. Im Grundstudium verbringe man fast 1000 Stunden im Labor, weitaus mehr als in theoretischen Lehrveranstaltungen. In Arzneiformenlehre werde außerdem vermittelt, wie man Salben oder Cremes zubereitet oder Kapseln befüllt. Das Wissen soll genutzt werden. Viele Studierende, die neben dem Studium arbeiten müssen, würden lieber in der Apotheke arbeiten und dort nebenbei Praxiserfahrung sammeln wollen, als im Supermarkt hinter einer Kasse zu sitzen oder am Wochenende zu kellnern. Die Möglichkeiten, die solche Studentenjobs auch für Apotheken bieten, sollte man nicht ignorieren.

Gegen Willkür beim 2. Staatsexamen

Der BPhD empfiehlt eine Vereinheitlichung des 2. Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung, um die Subjektivität der Prüfungen sowohl standortbezogen als auch bundesweit zu reduzieren. Auf Nachfrage erklärte er, dass das Ziel eine vergleichbarere Gestaltung sei und an einer mündlichen Prüfung festgehalten werden soll. Verlangt wird jedoch ein objektiveres und faireres Vorgehen bei der Prüfung. Momentan würde jeder Professor bei der Prüfung seinen eigenen Stil verfolgen. An dieser Stelle wären Guidelines für die Prüfungen sinnvoll. Auch im Abitur gebe es Erwartungshorizonte, an denen sich die Schüler orientieren könnten. Warum nicht auch für das 2. Staatsexamen Pharmazie, welches viel mehr Kompetenz und Verantwortung vermittelt? Die Medizinstudierenden würden inzwischen außerdem über einen nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalog zur Ergänzung des Gegenstandskatalogs des IMPP verfügen. Das wünscht sich der BPhD auch für die Pharmazeuten. Momentan werde jeder Student von einem Prüfer abgefragt und bewertet. Dieses Konzept sei extrem subjektiv und nicht akzeptabel. Es sollte neben dem Prüfer und Protokollanten auch jemanden mit einer äquivalenten fachlichen Meinung und Entscheidungsgewalt geben, entweder einen Vertreter des Landesprüfungsamtes oder einen Apotheker. Die Noten müssen vergleichbarer werden, so die Forderung des BPhD.

Im dritten Abschnitt sollen vermehrt auch im Krankenhaus oder der Industrie erworbene Kompetenzen anerkannt und abgefragt werden.

Approbationsordnung muss novelliert werden!

Darüber hinaus spricht sich der BPhD für eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit aus und fordert eine konsequente Umsetzung der von der Fachgruppe „Klinische Pharmazie“ der DPhG erarbeiteten Standards zur universitären Ausbildung im Fach Klinische Pharmazie.

Eine Novellierung der Approbationsordnung sieht der BPhD als unabdingbar an, da durch das Streichen und Hinzufügen von diversen Themen eine bessere Gewichtung entsteht. Dabei möchte der BPhD das Fach Klinische Pharmazie inhaltlich stärken und von der Pharmakologie abtrennen. Eine neue Approbationsordnung sei dabei ein Signal für die Institute und Professoren, diese neue Gewichtung auch umzusetzen. Darüber hinaus habe sie Symbolcharakter gegenüber der Öffentlichkeit und dem Gesundheitswesen. Es würde zeigen, dass Apotheker ihren Nachwuchs stärken und auf das neu definierte Berufsbild vorbereiten wollen. |

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