Arzneimittel und Therapie

ASS ist bei venösen Beinulcera ohne Nutzen

Mittel der Wahl ist die Kompressionstherapie

Ein Cochrane Review von 2016 attestierte einer Therapie mit 300 mg Acetylsalicylsäure (ASS) pro Tag keinen klaren Nutzen bei der Abheilung venöser Beinulzera. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam nun eine weitere Studie, in der 150 mg ASS eingesetzt wurden. Eine effektive medikamentöse Therapie ist nicht in Sicht – der Behandlungs­schwerpunkt liegt also weiterhin auf der Kompressionstherapie.

Die Basistherapie venöser Beingeschwüre, unter denen ungefähr 1% aller Erwachsenen leidet, ist eine adäquate Kompression, bei der das Bein zur Steigerung der Fließgeschwindigkeit des Blutes mit Kompressionsbinden bandagiert wird. Teilweise wird auch die Einnahme von Pentoxifyllin, Flavonoid-haltigen Pharmaka oder Acetylsalicylsäure empfohlen, obwohl deren Wirksamkeit fraglich ist. Der Einsatz von ASS wird mit der Pathophysiologie venöser Beinulcera begründet: Die dem Geschwür zugrunde liegende Hypertension – verursacht durch eine chronische Veneninsuffizienz – aktiviert hämodynamische Kräfte, was unter anderem eine Mobilisierung von Leukozyten sowie eine Plättchenaggregation nach sich zieht. Daher erscheint eine Hemmung der Thrombozytenaggregation mithilfe von ASS sinnvoll. Ob sich dieser Ansatz auch in der Praxis bewährt, wurde in einer neuseeländischen Studie untersucht.

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Bei einem nur schwer heilenden Ulcus am Unterschenkel (Ulcus cruris) staut sich das Blut in den Venen und führt zu einer Mangelversorgung im Gewebe. Die wichtigste Behandlung ist nach wie vor die Kompressionstherapie mit Bandagen oder mit medizinischen Kompressionsstrümpfen.

Keine Vorteile durch ASS

An der doppelblinden, randomisierten Kontrollstudie nahmen 251 Erwachsene teil, die venöse Beinulcera aufwiesen. Alle Patienten erhielten eine Kompressionstherapie, eine Hälfte zusätzlich 24 Wochen lang einmal täglich 150 mg ASS, die andere Hälfte ein Placebo. Primärer Studienendpunkt war die Zeit bis zur Abheilung des Geschwürs, sekundäre Endpunkte bestimmten unter anderem die Lebensqualität, den prozentualen Anteil geheilter Patienten, Veränderungen der Ulcusfläche und unerwünschte Wirkungen.

Effektive Therapie venöser Beinulcera

  • Kompressionsverbände
  • Hochlagern der Beine
  • Verbesserung der Mobilität
  • Reduktion des Übergewichts
  • Hauttransplantation bei ausgewählten Patienten
  • Venenchirurgie bei ausgewählten Patienten

Die mediane Zeit bis zur Abheilung des Geschwürs lag in der ASS-Gruppe bei 77 Tagen und in der Placebo-Gruppe bei 69 Tagen (p = 0,25). Auch bei den sekundären Endpunkten zeigte sich kein Benefit durch die ASS-Einnahme, es war eher das Gegenteil der Fall. So lag die Anzahl geheilter Patienten bei 70% in der ASS-Gruppe und bei 80% in der Placebo-Gruppe (p = 0,07). Die Verkleinerung der Ulcusfläche betrug in der ASS-Gruppe 4,1 cm² und 4,8 cm² in der Placebo-Gruppe. In der ASS-Gruppe wurden 40 unerwünschte Ereignisse regis­triert, in der Placebo-Gruppe 37. Im Hinblick auf die Lebensqualität zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Gruppen.

Aufgrund dieser Ergebnisse raten die Studienautoren von einer ASS-Gabe im Rahmen einer Therapie venöser Beingeschwüre ab. |

Quelle

Jull A et al. Low dose aspirin as adjuvant treatment for venous leg ulceration: pragmatic, randomised, double blind, placebo controlled trial (Aspirin4VLU). BMJ 2017;359:j5157

De Oliveira Carvalho et al. Oral aspirin for treating venous leg ulcers. Cochrane Database Syst Rev. 2016 Feb 18;2:CD009432, doi: 10.1002/14651858.CD009432.pub2

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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