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Therapien im Gespräch

Rheuma und …

Konventionelle und innovative Therapien bei Autoimmunkrankheiten

cae |  Chronische, zumeist auto­immune Entzündungserkran­kungen weisen zwar ein breites Spektrum an Symptomen auf, die sich in den Gelenken, der Haut oder im Nervensystem manifestieren können, doch sind die zugrunde ­liegenden Mechanismen uniform auf eine Überaktivierung der Immunabwehr zurückzuführen. Diese pathologische Überreaktion kommt wesentlich durch proinflammatorische Zytokine zustande, die sich ­daher als Zielstrukturen für eine kausale Entzündungsblockade anbieten. Die effektive Hemmung proinflammatorischer Zytokine durch monoklonale Antikörper hat die Erfolgsgeschichte der Biologicals begründet.

Wie Autoimmunerkrankungen entstehen

Eine Homöostase zwischen aktivierten Immunzellen (z. B. T- und B-Zellen) und regulatorischen T- und B-Zellen sorgt normalerweise für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen der Toleranz gegenüber dem eigenen Gewebe und der Immunantwort gegenüber Fremdstoffen und Pathogenen. Im Normalfall verhindern selbstreaktive Immunzellen und Antikörper eine überschießende Immunantwort gegen körperfremde Epitope und begrenzen zugleich die Autoimmunität. Demgegenüber ist eine länger andauernde Autoimmunität pathologisch. Sie zerstört das Gewebe, gegen das sie sich richtet.

Während einer normalen Immunantwort auf eine Infektion kommt es immer zur Kommunikation zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem. Entgleisungen des adaptiven Teils rufen die verschiedenen Autoimmunerkrankungen hervor. (DAZ 18, S. 38)

Methotrexat und Co. bei Rheuma

Die Basistherapeutika der rheumatoiden Arthritis sind sehr heterogene Arzneistoffe, die längerfristig die Krankheitsprogression verhindern und daher als Disease Modifying Antirheumatic Drugs (DMARDs) bezeichnet werden. DMARDs weisen aber keine analgetische Wirkkomponente auf.

Der „Goldstandard“ in der Basis­therapie des Rheumas ist der Folsäure-Antagonist Methotrexat (MTX). Zeigt sich nach vier bis acht Wochen kein therapeutisches Ansprechen, kann die orale Dosis erhöht oder Methotrexat subkutan appliziert werden. Wenn auch hierdurch keine ausreichende Besserung eintritt, kann Methotrexat mit einem anderen DMARD ergänzt werden (Leflunomid oder Hydrochloroquin mit Sulfasalazin). Bei anhaltend hoher Krankheitsaktivität oder MTX-Unverträglichkeit können nach ca. drei Monaten weitere therapeutische Optionen hinzugezogen werden.

Bei Versagen der Basistherapie mit zwei verschiedenen DMARDs bzw. bei deren Unverträglichkeit kann mittlerweile auf ein breites Spektrum von monoklonalen Zytokinhemmern zurückgegriffen werden.

Zytokinhemmer

Zu den Zytokinen zählen

  • die Interleukine,
  • die Tumornekrosefaktoren,
  • die Chemokine sowie
  • die Interferone.

Der Tumornekrosefaktor TNF‑α ist in vielfältige pathologische Entzündungsreaktionen und Prozesse involviert, sodass seine Hemmung den Entzündungsfortgang in verschiedenen Krankheitsbildern blockieren kann. Derzeit sind fünf TNF‑α-Antagonisten auf dem Markt, die auch in der Apothekenpraxis eine Rolle spielen (Abb. 1, Tab. 1). Obwohl die Apotheker nicht in die Therapie der TNF‑α-Blocker eingreifen dürfen (Ausnahme: Austauschbarkeit der Bioidenticals Remsina® und Inflectra®), ergeben sich für die Beratung der Patienten vielfältige Ansatzpunkte:

  • Durch die resultierende Immunsuppression der Patienten gilt ihrer Selbstmedikation besondere Aufmerksamkeit.
  • Bei der Reiseberatung ist auf die höheren Gefahren durch Infektionen mit bakteriellen (Tuberkulose!) oder parasitären Erregern hinzuweisen.
  • Impfungen mit Totimpfstoffen gelten für diese Patienten in der Regel als komplikationslos, Impfungen mit Lebend­impfstoffen müssen durch den behandelnden Arzt er­wogen werden.

Von den proinflammatorischen Interleukinen werden gegenwärtig IL-6, IL‑12, IL-17A und IL-23 durch verschiedene Antikörperpräparate gehemmt (Tab. 1).

Abb. 1: Struktureller Vergleich der fünf TNF-α-Antagonisten.

Bedeutungsträger
Name (INN)
Präparat
Target*
-lim-u-mab
Adalimumab
Belimumab
Golimumab
Humira
Benlysta
Simponi
TNF-α
BLyS
TNF-α
-li-zu-mab
Certolizumab Pegol
Daclizumab
Mepolizumab
Reslizumab
Tocilizumab
Cimzia
Zinbryta
Nucala
Cinqaero
RoActemra
TNF-α
IL-2-R
IL-5
IL-5
IL-6-R
-li-xi-mab
Basiliximab
Infliximab
Simulect
Remicade
IL-2-R
TNF-α
-kin-u-mab
Secukinumab
Ustekinumab
Cosentyx
Stelara
IL-17A
IL-12, IL-23
-ki-zu-mab
Ixekizumab
Taltz
IL-17A

* R = Rezeptor

Ein weiteres Target zur Entzündungshemmung stellen Zytokin-Rezeptoren dar. Sie sind für die Signalweiterleitung auf Januskinasen (JAK) und STAT-Proteine (Signaltransduzierer und Aktivatoren der Transkription) angewiesen. Durch die Rezeptorblockade wird die Proliferation von Entzündungszellen gehemmt (Abb. 2).

Abb. 2: Januskinase-Inhibitoren führen zu einer reduzierten Phosphorylierung von STAT-Proteinen und unterbinden die Aktivierung des JAK-STAT-Signalwegs. Als Folge wird bei Patienten mit rheumatoider Arthritis die Proliferation von Entzündungszellen gehemmt. Tofacitinib ist ein selektiver Inhibitor der JAK1, JAK2 und JAK3. Baricitinib hemmt die JAK1 und JAK2. JAK*: JAK2 oder JAK3.

Wie bei allen Biologicals sind hinsichtlich der Metabolisierung keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen zu beachten.

Einen Überblick über die auf dem Markt befindlichen rekombinanten Zytokinhemmer und einen Ausblick auf aktuelle Entwicklungen gaben zwei Beiträge in der DAZ. (DAZ 10, S. 60 und DAZ 41, S. 46)

Multiple Sklerose – mehr Compliance durch Oralia

Auf dem Gebiet der Immuntherapeu­tika hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan, was auch die Therapie der Multiplen Sklerose maßgeblich beeinflusst hat. Nach wie vor wird bei einem akuten Schub die möglichst zeitnah beginnende Therapie mit einer intravenösen Gabe einer hohen Glucocorticosteroid-Dosis empfohlen. Wichtig ist aber auch, die Progression der Erkrankung möglichst zu verhindern, also die Aktivität des Immunsystems so zu modulieren, dass die Entzündungen nicht weiter fortschreiten.

Das Stufenschema der Leitlinie sieht die Wirkstoffe Glatirameracetat und die Beta-Interferone als gleichwertig an. Die Beta-Interferone sind zum Teil bereits seit 20 Jahren zugelassen. Man geht davon aus, dass sie relativ allgemein proinflammatorische Ereignisse modulieren, indem sie z. B. die Expression von Zytokinen oder Adhäsions­molekülen beeinflussen oder die Th17-vermittelten Entzündungsreaktionen inhibieren. Ebenfalls eher allgemein immunmodulierend scheint Glatirameracetat (Copaxone®) zu wirken. Die Mechanismen, wie die Mischung synthetischer Polypeptide aus nur vier verschiedenen Aminosäuren die Pathophysiologie der Multiplen Sklerose beeinflussen, sind nicht genau geklärt. Es kommt infolge der Anwendung des Peptidgemisches zu einer gesteigerten Aktivierung von Th2-Zellen gegenüber Th1-Zellen, wodurch auch verstärkt antientzündliche Zytokine wie IL-4 und IL-10 ausgeschüttet werden. Außerdem sind vermehrt regulatorische T-Zellen vor Ort zu finden, die ebenfalls die Entzündungsreaktion unterdrücken.

Abb. 3: Verordnungen von Arzneistoffen zur Behandlung der Multiplen Sklerose im Zeitraum von 2006 bis 2015. Gesamtverordnungen nach definierten Tagesdosen. Quelle: Schwabe 2016; Grafik: Zündorf

Sowohl für Beta-Interferone als auch für Glatirameracetat gingen die Verordnungszahlen seit 2013 etwas zurück (Abb. 3). Deutlich gestiegen sind hingegen die Verordnungszahlen für Dimethylfumarat und Teriflunomid, die für die Langzeittherapie milder Formen der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose angewendet werden können. Durch die einfacheren, oral verfügbaren Arzneiformen kommen diese Wirkstoffe der Patienten-Compliance entgegen, müssen allerdings (mehrmals) täglich eingenommen werden. (DAZ 34, S. 52) |

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