Arzneimittel und Therapie

Blau gemacht

Rivotril®-Tropfen sorgen für Verwirrung

rr | Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) empfiehlt, im Fall des Antiepileptikums Rivotril®-Tropfen nur blaue Lösungen wie das Original abzugeben und von farblosen Importen Abstand zu nehmen.

Um eine missbräuchliche Nutzung zu erschweren, setzte der Hersteller im Jahr 2012 den Rivotril®-Tropfen (Clonazepam) den Farbstoff Brillantblau FCF (E133) zu – allerdings nicht europaweit. In Italien ist bis heute nur die farblose Lösung zugelassen. Durch importierte Ware aus EU-Mitgliedstaaten passiert es immer wieder, dass Patienten sowohl farblose als auch blaue Lösungen erhalten. Aus Verunsicherung setzten einige von ihnen das Arzneimittel ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ab.

Seit dem zweiten Halbjahr 2013 erreichten die AMK 16 Spontan­berichte zu Rivotril®-Tropfen aus 15 Apotheken, davon zehn verschiedene Chargen von vier Importeuren betreffend. In sieben Fällen stimmte die beigelegte deutsche Gebrauchsinformation bezüglich der „sonstigen Bestandteile“ oder der Beschreibung des „Aussehens“ mit der tatsächlichen Farbe der Lösung nicht überein. Die meldenden Apotheken hatten Zweifel an der pharmazeutischen Qualität der eingesandten Arzneimittel. Für drei Reklamationsmuster gab das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) offiziell Entwarnung: Identität und Gehalt waren nicht zu beanstanden. Eine Manipulation oder Fälschung hält man für unwahrscheinlich. Um aber Irritationen zu vermeiden, empfiehlt die AMK, von Importen Abstand zu nehmen, die sich bezüglich der Hilfsstoffe vom Originalarzneimittel erkennbar unterscheiden.

Im Zusammenhang mit dem Farbwechsel gingen auch Meldungen über unerwünschte Wirkungen wie Schwindel und Zittern des Unterkiefers ein. Zudem wurde eine mangelnde Wirksamkeit beanstandet.

Farbe und Compliance

Professor Dr. Ralf Stahlmann, Leiter des Masterstudiengangs Toxikologie an der Charité, Berlin, geht von einem nicht unerheblichen Einfluss der Zusatzstoffe auf die Compliance aus: „Wer regelmäßig ein Medikament einnehmen muss, wird es zu schätzen wissen, wenn die Zubereitung angenehm riecht und schmeckt und eine ansprechende Farbe hat.“ Er vermutet darin die Gründe, weshalb den Rivotril®-Tropfen neben dem Wirkstoff Clonazepam auch Pfirsich-Aroma, Saccharin und Brillantblau zugesetzt werden. Psychologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Farbe von Arzneimitteln zur Wirksamkeit beiträgt, so wirkt blau eher sedierend und pink stimulierend. Bedenken über die Sicherheit von Brillantblau hat Professor Stahlmann nicht: „In tierexperimentellen Studien erwies sich Brillantblau bei allen untersuchten Spezies auch in höheren Dosierungen und langfristiger oraler Verabreichung als nicht toxisch. Dies liegt vor allem an seiner geringen Bioverfügbarkeit. Das wasserlösliche Triphenylmethan-Derivat wird ganz überwiegend unverändert mit den Fäces ausgeschieden.“ Die zuständige europäische Behörde EFSA hat den Stoff daher zur Färbung von Lebensmitteln zugelassen. Nie ganz ausschließen könne man aber seltene allergische Reaktionen. |

Quelle

AMK-Meldung vom 21. Februar 2017

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