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Die Seite 3
Tod durch Globuli?
Es sind schon beunruhigende Schlagzeilen, die da seit 2010 immer wieder aus den USA zu uns überschwappen. Zehn Kleinkinder sind möglicherweise nach Anwendung von homöopathischen Tabletten gegen Zahnungsbeschwerden verstorben, über 400 Fälle von Nebenwirkungen wie Fieber, epileptische Anfälle, Lethargie, Erbrechen, Schläfrigkeit und Atembeschwerden werden mit diesen homöopathischen Produkten in Verbindung gebracht.
Bei den unter Verdacht stehenden Produkten wird diskutiert, ob dafür Belladonna-Alkaloide verantwortlich sind. Laut Deklaration enthalten sie Belladonna in einer Konzentration von 12X HPUS (Homeopathic Pharmacopoia of the United States). Das entspricht einem betroffenen Anbieter zufolge einem Gehalt von 0,0000002 ng Belladonna-Alkaloide pro Tablette – eine Konzentration, die laut allopathischem Verständnis weit entfernt davon ist, irgendeine Wirkung zu haben, geschweige denn eine tödliche.
Ende Januar dieses Jahres hat die FDA nun mitgeteilt, dass sie in einigen homöopathischen Produkten gegen Zahnungsbeschwerden tatsächlich zu hohe Belladonna-Alkaloid-Werte gefunden hat. Die gemessenen Werte reichten dabei von nicht nachweisbar über nicht quantifizierbar bis zu Werten von 53,4 ng Scopolamin pro Tablette bei den von der Standard Homeopathic Company hergestellten Hyland‘s Baby Teething Tablets. Bei homöopathischen Zahnungsmitteln der Firma Raritan Pharmaceuticals wurde in Proben von zwei Packungen mit je 135 Tabletten in beiden Packungen je eine Tablette mit 357 ng bzw. 390 ng Scopolamin identifiziert, andere Tabletten wiesen einen Atropin-Gehalt von 53 ng bis 1100 ng auf. Auch wenn damit immer noch nicht bewiesen ist, dass zehn Kleinkinder wegen der Einnahme dieser Präparate sterben mussten, ist doch klar, dass hier irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Solche Wirkstoffschwankungen von nicht nachweisbar bis zu Wirkstoffkonzentrationen im Nanogrammbereich pro Tablette innerhalb einer Packung, in der pro Tablette lediglich 0,0000002 ng Belladonna-Alkaloide enthalten sein sollten, sind mit einer ordnungsgemäßen Herstellung innerhalb eines validierten Prozesses nicht in Einklang zu bringen. Der Aufforderung der FDA, diese Produkte vom Markt zu nehmen, ist nur Raritan Pharmaceuticals nachgekommen. Hyland‘s Homeopathy hat noch Anfang Oktober 2016 beteuert, dass seine Teething Tablets sicher sind, wenig später aber den Vertrieb eingestellt, ohne jedoch im Handel befindliche Produkte zurückzurufen.
All das ist mehr als rätselhaft. Warum musste es vom ersten Verdacht bis zum Vertriebsstopp Jahre dauern, warum wurde erst jetzt nachgewiesen, dass die unter Verdacht stehenden Produkte nicht der Deklaration entsprachen und wie konnte es überhaupt dazu kommen, wenn die Homöopathika nach Vorschrift innerhalb eines validierten Prozesses hergestellt worden sind, wie Hyland‘s Homeopathy beteuert?
Ein unbefriedigender Erklärungsversuch ist der, dass Homöopathika in den USA – anders als in Deutschland – keinen Arzneimittelstatus haben. Sie werden von der FDA weder zugelassen noch auf Qualität und Unbedenklichkeit hin überprüft. Auch scheint die FDA nicht befugt zu sein, die Marktrücknahme solcher Produkte zu veranlassen.
Bei uns sind Homöopathika zugelassene oder registrierte Arzneimittel, deren Qualität und Unbedenklichkeit nachgewiesen werden müssen und die wie alle Arzneimittel der Pharmakovigilanz unterliegen. Der Herstellungsprozess ist validiert und wird im Rahmen von GMP-Inspektionen überprüft. Zudem sollten bei Inprozesskontrollen und spätestens bei der Chargenfreigabe Produktionsfehler erkannt werden. Wenn dann doch einmal was aus dem Ruder läuft, sind unsere Überwachungsbehörden befugt, schnell einzuschreiten und die Präparate vom Markt zu nehmen. Bei aller Diskussion um die Homöopathie: Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass auch Homöopathika, deren unsachgemäße Herstellung durchaus zu einer Gefährdung der Verbraucher führen kann, in diesem Punkt den gleichen Anforderungen genügen müssen wie jedes andere Arzneimittel auch.
Doris Uhl
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