Gesundheitspolitik

Spahn äußert Zweifel am Rx-Versandverbot

Bundesgesundheitsminister will Vorschläge der Apotheker zur Honorarreform

BERLIN (bro) | Seit einigen Wochen ist Jens Spahn (CDU) nun als Bundesgesundheitsminister im Amt. Die Apotheker warten seitdem gespannt auf seine erste Äußerung dazu, wohin die Reise im Apothekenmarkt gehen soll. Nun war es so weit: Der Minister erschien am vergangenen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, um sich dort den Fragen der Abgeordneten zu stellen. Von besonderem Interesse ist dabei das Rx-Versandverbot, das die seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 bestehende Bedrohung der Vor-Ort-Apotheken durch ausländische Versender beenden könnte und für das sich SPD und Union laut Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode „einsetzen“ werden. Was Spahn dazu äußerte, ist ernüchternd: Er habe, so wurde berichtet, Zweifel an der juristischen Machbarkeit und große europarechtliche Bedenken. Mehr Hoffnung könnten die Apotheker beim Thema Honorar haben: Spahn hält eine Reform für wichtig und ist offen für Vorschläge aus der Apothekerschaft.
Foto: Jens Spahn
Jens Spahn fehlt die Idee zur Umsetzung des Rx-Versandverbots.

Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche fragte laut Informationen von DAZ.online den Bundesgesundheitsminister nach dem Rx-Versandverbot. Sie wollte wissen, wie Spahn zu der Vorgabe im Koalitionsvertrag steht und wie er gedenkt, diese umzusetzen. Teilnehmern zufolge äußerte sich der Minister kritisch – seine Aussagen ließen „zweifeln“, ob ein Rx-Versandverbot überhaupt juristisch machbar wäre.

Zudem wollte Schulz-Asche wissen, wie Spahn nach den Vetos des Bundeswirtschafts- und des Bundesfinanzministeriums gegen das Verbot aus der vergangenen Legislaturperiode die gleiche Maßnahme begründen wolle. Spahn, damals Staatssekretär im Bundesfinanz­ministerium, soll erklärt haben, dass damals und heute große europarechtliche Bedenken bestünden. Ein neuer Entwurf müsse diese Bedenken ausräumen – bisher fehle jedoch die Idee, wie man diese Aufgabe lösen solle. Spahn erklärte immerhin, dass er zur Lösung des Problems bereits im Austausch mit den betroffenen Ministerien stehe.

Teilnehmer berichteten auch, dass Spahn sich zum Thema „Staats­haftung“ äußerte. Zur Erklärung: Die Gegner des Rx-Versandverbots hatten angeführt, dass Deutschland für eine solche Maßnahme in Staatshaftung genommen werden könne. Hier ließ Spahn erkennen, dass es zu dieser These unterschiedliche Ansichten gebe. Er soll aber nicht erklärt haben, welche Auffassung das Bundesgesundheitsministerium dazu vertritt. Spahn sprach auch über den Marktanteil der (EU-)Versandhändler und erklärte, dass dieser aufgrund seiner Höhe zumindest derzeit nicht das ausschlaggebende Kriterium für das Verbot sein könnte.

Spahn erwartet Vorschläge der Apotheker zum Honorar

Recht überraschend soll der Minister außerdem erklärt haben, dass er das eigentliche Problem im Apothekenmarkt in der Honorierung sehe. Er bezeichnete die Honorarstruktur als „reformbedürftig“ und soll auch hinterfragt haben, wie man die Einkommensunterschiede zwischen den Apothekern „auflösen“ könnte. Was das Honorar betrifft, will der Minister aber ausdrücklich nicht selbst an Vorschlägen arbeiten. Er erklärte, dass er zeitnah mit den Apothekern sprechen werde und Antworten und Vorschläge zum Honorar-Thema erwarte.

Neue Vorwürfe wegen ­Kontakt zu Max Müller

Zwischenzeitlich wurde Spahn erneut öffentlich mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er vor einigen Jahren zusammen mit dem heutigen DocMorris-Vorstand Max ­Müller als Lobbyist im Auftrag der Pharmaindustrie tätig war. In der TV-Talksendung „Maischberger“ äußerte der Pflegekritiker Armin Rieger: „Sie haben doch zusammen mit Ihrem Büroleiter, dem Hr. Jasper und dem Hr. Müller, ­einem der am besten vernetzten Pharmalobbyisten, die GbR gegründet.“ Und weiter: „Ich bin da sehr skeptisch, dass jemand, der zunächst als Lobbyist gearbeitet hat, nun als Gesundheitsminister Gesetze macht.“ Spahn stritt die Beteiligung nicht ab, wollte aber lieber über das eigentliche Thema sprechen – schließlich seien auch Details über die Geschichte im Internet zu finden.

Einen ähnlichen Vorwurf – ohne diesen allerdings näher zu be­legen – hatte bereits kürzlich Oliver Kalkofe in der NDR-Satiresendung „extra 3“ erhoben. Wörtlich äußerte er: „Aber so tickt nunmal ein Gesundheitsminister, der vorher für die Pharmalobby ge­arbeitet hat und von Versandapotheken ­bezahlt wurde, während er sich im Bundestag für die Liberalisierung des Apothekenmarktes einsetzte.“ |

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