Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Das blaue Wunder 

Von Redewendungen und Sprichwörtern

Andreas Kaapke

Farben spielen in den Sprich­wörtern und Redensarten der Deutschen eine bedeutsame Rolle. Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass insbesondere die Farbe Blau für vielerlei sprachliche Ausdrücke herangezogen wird, allerdings tendenziell eher negativ behaftet ist.

Wenn einer plappert und eigentlich keine Ahnung hat, dann redet er schon mal ins Blaue hinein, und konsequenterweise sagt man alternativ zur blassen Ahnung auch: Der hat keine blaue Ahnung. Wem jedwede Idee und Orientierung fehlt und wer kein Ziel vor Augen hat, macht eine Fahrt ins Blaue. Wer gerne träumt (Luftschlösser), baut gerne auch blaue Schlösser. Die Lügenbarone lügen einem das Blaue vom Himmel herunter, damit sind Verheißungen und Versprechungen gemeint, deren Substanz nicht vorhanden ist oder auf sich warten lässt. Überraschungen werden auch als blaues Wunder, das es zu erleben gilt, bezeichnet. Menschen, denen schwindlig ist oder die nicht weiter wissen, wird es blau vor Augen.

Am bekanntesten im Zusammenhang mit der Farbe blau ist wohl der alkoholisierte Zustand, der im Volksmund mit „blau sein“ bezeichnet wird. Bisweilen wird dies weiter ausgeschmückt und mit blau wie … z. B. eine Strandhaubitze bezeichnet. Wer sich prügelt, schlägt sich schon mal grün und blau, und wer sich über andere aufregt, ärgert sich blau und schwarz.

Wer blau macht, schwänzt – was auch immer. Der Blaumann indes ist die Berufsbekleidung für viele Arbeiter. Wer schon mal Glück gehabt hat oder sich dann doch noch aus einer brenzligen Situation befreien konnte, ist mit einem blauen Auge davongekommen.

Wer blaues Blut besitzt, ist adelig und gilt als zu den besseren Kreisen gehörend. Da macht es dann wenig aus, wenn man blauäugig ist, also etwas naiv, zu gutgläubig, um bestehen zu können. Besonders gelehrte Frauen nennt man auch Blaustrumpf, gleichwohl hat sich diese Bezeichnung dahin­gehend weiterentwickelt, dass er für einen bestimmten Frauentyp steht, der zwar schlau ist, aber eben auch bisweilen als Spaßbremse angesehen wird.

Apotheken bringt man erst auf den zweiten oder dritten Blick mit der Farbe blau in Verbindung. Zu dominant thront das Rot über den Eingängen, alternativ das grüne Kreuz im internationalen Kontext. Lange Zeit zählten die Apotheker zum blauen Blut der Berufsstände: Wenn man in Gemeinden von den Honoratioren sprach, waren Pfarrer, Lehrer, Arzt und Apotheker gemeint, bisweilen noch der Syndikus. Das hat sich leider nicht bewahrt, zumindest nicht überall. Kann es Trost sein festzustellen, dass dies aber Lehrer und Pfarrer in gleichem Maße wie Apotheker trifft?

Gelehrte Naturwissenschaftlerinnen, also Blaustrümpfe sind manchem suspekt. Wenn sie dann noch belehrend auftreten oder bei der Beratung auch mal schimpfen, paart sich Respekt mit Vorurteilen. Der hohe Frauenanteil bei den Apothekern schürt dieses Klischee.

So sehr blaue Augen bewundert werden, klappt das bei Blauäugigkeit gerade nicht. Und dieses gewisse Maß an Blauäugigkeit muss den Apothekern attestiert werden, die lange – zu lange – Zeit immer wieder an das Gute geglaubt haben, bis jetzt. So sind die Durchhalteparolen bis heute stärker als die Bereitschaft zum Krawall. Und wenn es auf Dauer ausreicht, immer nur mit einem blauen Auge davonzukommen, dann riecht das eher nach Bescheidenheit als nach Sendungsbewusstsein und Deutungshoheit.

Blau sein und blaumachen ist des Apothekers Brot nicht. Zumindest kann man den Apothekerinnen und Apothekern keineswegs vorwerfen, dass sie ihre Aufgaben nicht erfüllen würden. Auch blaue Schlösser (wie auch?) werden nicht gebaut und schon gar nicht das Blaue vom Himmel herunter gelogen. Es bleibt das größte Problem der Apotheker, dass zu viele andere über ihr Wohl und Wehe mitentscheiden dürfen, die keine blaue Ahnung haben oder, noch schlimmer, frech ins Blaue hineinreden. Die Unkenntnis über den Apothekerberuf und die sich daraus ergebenden Mythen sind gewaltig. Und alle Versuche, Entscheidungsträger auf politischer Ebene immer wieder zu informieren, gleichen einer Fahrt ins Blaue. Nun kann man sie nicht grün und blau schlagen, das widerspräche auch dem Selbstbild der Pharmazeuten. Lassen Sie uns hoffen, dass die Apotheker in dieser Legislaturperiode nicht ihr blaues Wunder erleben! |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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