Management

Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einbinden

Nach und nach Entscheidungskompetenz aufbauen

Der Apothekenleiter steht vor einer wichtigen Entscheidung. Sie betrifft die Apotheke insgesamt, also auch das Team, und darum will er die Mitarbeiter beteiligen und einbeziehen. ­Partizipative Entscheidungsprozesse – was heißt das? Wie laufen sie ab, und was muss der Apothekenleiter dabei berücksichtigen? Von Michael Madel

Ein Apothekenleiter muss die Mitarbeiter natürlich nicht bei jeder Entscheidung einbinden. Wenn für eine Entscheidung, die vielleicht sogar die Existenz der Apotheke betrifft, erst ein „Mitarbeiterrat“ einberufen werden müsste, wäre dies eher kontraproduktiv. Warum jedoch sollte er nicht die „Intelligenz der Vielen“ nutzen, um kreative Ideen zu entwickeln und innovative Wege einzuschlagen?

Spielregeln festlegen

In einem ersten Schritt überlegt der Apothekenleiter, an welchen Entscheidungen er die Mitarbeiter partizipieren lassen will. Zudem bedenkt er: Nicht alle Mitarbeiter verfügen über denselben Reifegrad! Wer also sollte an den Entscheidungssitzungen teilnehmen? Im Idealfall sind möglichst alle Mitarbeiter mit dabei – auch, um das Kreativitätspotenzial des gesamten Teams nutzen zu können.

Hilfreich ist es, Spielregeln für den Entscheidungsprozess zu formulieren. So sind die Mitarbeiter angehalten, bei ihren Entscheidungen zu prüfen, welche Konsequenzen diese für die Apotheke und das Team insgesamt haben. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie weniger das Einzelinteresse, sondern eher das ­Teaminteresse oder das Gesamt­interesse zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen.

Zudem sind alle Beteiligten dazu verpflichtet, ihre Vorschläge, ihre Gegenargumente, ihre Einwände und auch ihre Entscheidungen fundiert zu begründen. Angenommen, ein Mitarbeiter sagt nein zu einer Entscheidung, so genügt dies nicht. Er muss das Nein argumentativ sauber begründen und auf die Nachfragen seiner Kollegen und des Apothekenleiters eingehen. Letztendlich soll vor allem rund um die Entscheidung ein Diskussionsprozess in Gang gesetzt werden, an dessen Spielregeln sich selbstverständlich auch der Apothekenleiter hält.

Der Apothekenleiter als Moderator

Der Apothekenleiter nimmt in dieser Phase des Entscheidungsprozesses die Position eines Moderators ein, der als Gleicher unter Gleichen agiert. Er versorgt alle Mitarbeiter mit den notwendigen Fakten, damit sie über denselben Informationsstand verfügen. Und er verabschiedet sich von seiner hierarchisch legitimierten Machtposition. Es liegt in seiner Verantwortung, dass alle Teilnehmer gleichberechtigt angehört werden und ihre Argumente vortragen können. Jeder lässt jeden ausreden, der Redende wird nicht unterbrochen. Ganz wichtig: Die Mitarbeiter müssen sich sicher sein können, dass ihnen selbst abweichende Argumente und Stellungnahmen, die der anscheinenden Mehrheitsmeinung widersprechen, nicht zum Nachteil gereichen. Der Apothekenleiter stellt mithin klar, wie sehr ihm daran gelegen ist, andere Sichtweisen kennenzulernen und einzubeziehen. Er möchte den problemlösungsorientierten Dialog fördern, um die Selbstverantwortung und den Selbstorganisationsgrad der Mitarbeiter, des Teams und der Apotheke insgesamt zu erhöhen.

Foto: alotofpeople – stock.adobe.com
Kreative Ideen Manchmal ist es gut, wenn der Apothekenleiter seine Mitarbeiter bei einer Entscheidungsfindung mit einbezieht. Man sieht dann Dinge in einem anderen Licht und steigert die Motivation im Team.

Notwendige Lernprozesse

Erfahrungsgemäß entstehen im Entscheidungsmeeting mehrere Reflexionsschleifen, in denen die Teilnehmer um die richtige Entscheidung ringen. Dies läuft nicht immer reibungslos und ohne Komplikationen ab. Denn oft sind zunächst einmal Lernprozesse auf beiden Seiten notwendig: Die meisten Apothekenleiter müssen Erfahrungen mit dem Umstand sammeln, Macht und Entscheidungsbefugnisse zumindest teil- und zeitweise abzugeben. Und die Mitarbeiter müssen lernen, verantwortlich mit der neuen Verantwortung umzugehen.

Nach und nach erwerben die Be­teiligten die Fähigkeit, die eigenen Argumente konkret darzulegen und die Gegenargumente kritisch unter die Lupe zu nehmen und auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen: Enthält zum Beispiel ein Einwand Inhalte, die vom Team berücksichtigt werden sollten, weil sie letztendlich zu einer Verbesserung führen?

Zwang zum konstruktiven Nein

Um die Sachebene noch mehr zu betonen, kann ein Teammitglied verpflichtet werden, bei einem Einwand oder einem Nein stets einen Gegenvorschlag einzubringen. Der Zwang zum konstruktiven Nein erzieht dazu, nur begründ­bare Einwände zu formulieren.

Die Verlagerung von Entscheidungsmacht in das Mitarbeiterteam mag im Einzelfall zeitliche Verzögerungen nach sich ziehen. Immerhin will jedes begründete Argument bedacht sein. Andererseits entsteht eine neue kreative Dynamik: Weil jedes Argument an Gewicht gewinnt, hören sich die Beteiligten besser zu. Sie wägen die Äußerungen der Kollegen ab und achten auf die saubere ­Beweisführung der eigenen Ansichten. Dies bedingt eine Inten­sivierung und Verbesserung der Kommunikation, es entsteht eine argumentenzentrierte Feedbackkultur.

Motivation steigt deutlich

Die Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen führt oft nicht nur zu kreativen Ideen und lebendigen Teamprozessen. Darüber hinaus wirkt sie sich äußerst positiv auf die Motivation aus. Die Mitarbeiter fühlen sich wahrhaft ernst genommen und wollen die Entscheidungen in all ihren Konsequenzen mittragen und bei der Umsetzung tatkräftig mitwirken. Denn immerhin basieren die damit verbundenen Aktionen und Aktivitäten ja auf den eigenen Entscheidungen!

Für Transparenz sorgen

Ein Stolperstein kann bei der endgültigen Entscheidung auftreten, insbesondere wenn diese strittig ist. Wenn dann doch nur wieder der Apothekenleiter entscheidet, kann der Versuch, eine partizipative Unternehmenskultur zu verwirklichen, nach hinten losgehen.

Eine Patentregel, wie der Apothekenleiter vorgehen sollte, gibt es wohl nicht. Bei existenziellen ­Entscheidungen, an denen er die Mitarbeiter trotzdem beteiligen will, ist es wohl angemessen, sich ein Vetorecht vorzubehalten. Immerhin trägt er letztendlich das Hauptrisiko. Andere Entscheidungen können per Abstimmung getroffen werden. Es wird überdies Entscheidungen geben, die auch ohne den Apothekenleiter möglich sind.

Dieser sollte von vornherein die Karten auf den Tisch legen und verdeutlichen, wie am Schluss die definitive Entscheidung gefällt wird. So verhindert er, dass die Mitarbeiter von falschen Voraussetzungen ausgehen und enttäuscht sind. Wenn es darum geht, „nur“ die kreative Innovationskraft der Mitarbeiter zu nutzen oder sie als Ratgeber heranzuziehen, ist es klug, dies vorher zu kommunizieren.

Fazit

Der Apothekenleiter sollte wo immer möglich Vertrauen schenken und es zulassen, dass die Mitarbeiter eigene Entscheidungen treffen. Die dafür notwendigen Entscheidungsprozesse bereitet er detailliert vor, indem er konkrete Spielregeln aufstellt. Dabei geht es vordringlich um die Frage, wie das Team auf eine konstruktive Weise in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden kann. Die Folge: Nach und nach bauen die Mitarbeiter Entscheidungskompetenz auf. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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