Foto: pathdoc - stockadobe.com

Management

Sich verändern, um zu bleiben

Wie Apotheken die Digitalisierung meistern können

„Die Empathie-Berufe werden bleiben“, prophezeite Prof. ­Richard David Precht auf dem diesjährigen Zukunftskongress öffentliche Apotheke des Apothekerverbands Nordrhein e. V. Sie werden bleiben, aber sie werden sich verändern (müssen).

Die Digitalisierung wird Auswirkungen auf die gesamte Gesundheitswirtschaft haben. Sie lässt sich weder aufhalten noch rückgängig machen. Sie lässt sich jedoch mitgestalten und bietet Chancen. Entweder finden und nutzen Apotheker diese Chancen oder es werden andere Marktteilnehmer tun.

Obwohl die meisten Apotheker die Bedeutung dieses Megatrends erkannt haben, sind viele zurückhaltend oder untätig. Als Ursachen zeigen sich Unsicherheit und Überforderung. Das ist leicht nachvollziehbar, denn das Thema ist komplex, die Möglichkeiten teilweise schwer einschätzbar und auch Fehlentscheidungen durchaus wahrscheinlich. Sicher ist aber eines: Mit einer „Vogel Strauß“-Strategie werden Unternehmen es im Wettbewerb zunehmend schwerer haben.

Foto: pathdoc - stockadobe.com
Apothekenkunden sind digital unterwegs – wer als Apotheker am Markt teilhaben möchten, muss deshalb auf das digitale Pferd aufspringen – mit Bedacht und gut geplant.

Digitale Veränderungen – welche sind sinnvoll?

Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten. So unterschiedlich Apotheken sind, so verschieden werden auch die Maßnahmen sein. Eine einzig richtige Lösung wird es nicht geben. Es geht auch nicht ­darum, alles sofort komplett zu verändern. Ziel sollte das aktive Suchen nach digitalen Möglich­keiten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und für neue Geschäftsmodelle sein.

Versetzen Sie sich in die Situation Ihrer Kunden:

  • Was wünschen sich meine Kunden?
  • Welche digitalen Technologien können meinen Kunden das Leben erleichtern?

Richten Sie Ihren Fokus dann auf Ihre Apotheke und suchen Sie nach Antworten auf die folgenden Fragen:

  • Welche digitalen Technologien können uns die Arbeit erleichtern und unser Geschäft konkret verbessern? Denken Sie hier auch an Bereiche wie Führung und Kommunikation.
  • Was können wir tun, um Fachkräfte zu gewinnen beziehungsweise zu ­halten?
  • Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Arbeitsorganisation in unserer Apotheke?
  • Wie schaffen wir eine digital­affine Kultur in unserer Apo­theke?
  • Welche neuen Tätigkeiten entstehen in der Offizin und im Backoffice?
  • Welche zusätzlichen Quali­fikationen benötigen unsere Beschäftigten?

Konkrete Beispiele

  • Auffindbarkeit sicherstellen

Bei Google gibt es über 100.000 Anfragen pro Tag zum Keyword „Apotheke“. Menschen suchen nach Öffnungszeiten, Telefonnummern und Apotheken im Umkreis. Von allen deutschen Bürgern ab 65 Jahren sind mittlerweile mehr als die Hälfte online. Es dient sowohl Ihnen als auch den Verbrauchern, wenn Sie an der Auffindbarkeit Ihrer Apotheke in Such­maschinen arbeiten.

  • Fachkräfte finden

Menschen suchen im Internet nach möglichen Ausbildungsbe­rufen und Arbeitgebern. Mit einer Social Media Präsenz werden Sie von diesen Personen gefunden, entwickeln Ihre Arbeitgebermarke kontinuierlich weiter und begegnen so dem Fachkräftemangel.

  • Interne Kommunikation verbessern

Erfahrungsgemäß stellt die interne Kommunikation in vielen Apotheken eine Herausforderung dar. Gerade hier bieten sich etliche neue Möglichkeiten, die den Informationsfluss erheblich verbessern können. Bereits heute kommunizieren viele Apothekenteams über Messenger Apps oder einzelne Kolleginnen nehmen von Zu Hause per Videokonferenz an Teambesprechungen teil. Auch die Personal­einsatzplanung kann per App gesteuert und kommuniziert werden.

  • Kundenbindung erhöhen

Kunden, deren Arbeitszeiten nicht zu den Öffnungszeiten Ihrer Apotheke passen, wünschen sich trotzdem eine umfassende Beratung. Vieles lässt sich telefonisch nur schwer erklären, wie beispielsweise die Anwendung eines Dosieraerosols. Als Apotheker können Sie diese Personen per Videostream beraten – von Angesicht zu Angesicht. Im Anschluss senden Sie gegebenenfalls noch eine SMS, E-Mail oder ein Video mit Erklärungen. Später bringt der Bote die Produkte zum Kunden nach Hause. So verknüpfen Sie die On- und Offlinewelt.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten und Ideen: Vielleicht suchen Sie nach einer digitalen Lösung für die Warenwirtschaft, Preisauszeichnung, Rezeptvorbestellung oder das Wartezeitenmanagement (mit kostenfreiem WLAN-Zugang). Oder Sie möchten eine Online-Verfügbarkeitsabfrage für Medikamente auf Ihrer Webseite installieren. Möglicherweise begeistert Sie aber auch eine virtuelle Sichtwahl, die mit Ihrem Kommissionierautomaten verknüpft und per Smartphone steuerbar ist. Vieles ist bereits jetzt machbar.

Passgenaue Lösungen durch Lernen und Experimentieren

Die Bundesregierung unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bei der Digitalisierung. An der Förderhöhe von 80 Prozent des Beratungshonorars wird die Bedeutung sichtbar, die der Digitalisierung beigemessen wird. Der Staat ist davon überzeugt, dass es auch für die KMU wirtschaftlich notwendig geworden ist, die Chancen der Digitalisierung gewinnbringend einzu­setzen. Das Förderprogramm unternehmensWert:Mensch plus (uWM plus) wurde explizit dafür ins Leben gerufen. Nahezu jedes KMU kann die Unterstützung in Anspruch nehmen, egal ob Friseur, Tischler oder Apotheker.

Mit professioneller Unterstützung können Apotheken passgenaue Lösungen für die digitale Umgestaltung finden. Wie läuft es konkret ab? Apothekeninhaber und Mitarbeiter entwickeln in einem agilen „Lern- und Experimentierraum“ neue Ideen für die Arbeit von morgen und probieren sie aus. Die Förderung ist ergebnisoffen, d. h. Fehler sind einkalkuliert und auch ein Scheitern ist möglich. ­Damit sollen die Beteiligten motiviert werden, am Ende die besten Lösungen für ihr Unternehmen zu finden.

Will sich eine Apotheke im Rahmen einer professionellen Prozessberatung fit für die Digitalisierung machen, sollte sie einige Voraussetzungen erfüllen. Die Beteiligung der Mitarbeiter ist ein Muss. Genauso wichtig ist eine bestimmte Haltung in der Apotheke. Um neue Lösungen zu finden, sollten alle Beteiligten offen, kreativ und bereit sein, Fehler zu machen.

Nutzen Sie Ergebnisse der Trendforschung

Das Trendforschungsinstitut 2b AHEAD ThinkTank GmbH hat 2016 in Kooperation mit dem Apothekerverband Nordrhein e. V. die Trendstudie „Apotheken der Zukunft“ herausgegeben. Von besonderem Interesse sind die Strategie-Empfehlungen, um sich zukunftssicher aufzustellen. Beleuchtet werden darin zudem die Trieb­federn der Apotheken. Außerdem werden unterschiedliche Szena­rien vorgestellt.

Ein Szenario sieht den Apotheker als persönlichen Gesundheitscoach seiner Kunden. Er begleitet und unterstützt gesunde und kranke Menschen bei einer gesunden Lebensführung. Das ist naheliegend, denn zukünftig wird es viel mehr Daten von Kunden und Patienten geben. Die Beliebtheit von Fitness-Trackern ist ungebrochen. Bewegungsaktivitäten, Herzfrequenz, Schlafpensum und vieles mehr werden über Apps ausgewertet und in Clouds gespeichert. Zur Verbesserung der Einnahmetreue gibt es heute schon Tabletten mit Sensoren, die bei Kontakt mit Magen­säure eine Nachricht an das Smartphone senden. Bei gut vernetzten Apothekern können alle Daten, natürlich auch die über Arztbesuche, zusammenlaufen. Als Gesundheitscoach interpretieren Sie die Daten und beraten Ihre Kunden. Beim wem sind solche persönlichen Gesundheitsdaten besser aufgehoben als bei Apothekern?

Die Lektüre ist jedem Apotheker zu empfehlen, der sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte. Die Trendstudie kann kostenfrei her­untergeladen werden (s. Kasten).

Beginnen Sie jetzt

Die Digitalisierung bietet nur den Apotheken gewinnbringende Chancen, die sich auf den Wandel mit nachhaltigen Strategien und neuen Konzepten einstellen. Ein bekanntes Sprichwort sagt: „Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können unsere Segel anders setzen.“ In Zeiten digitaler Transformation ist „Weiter so“ keine Option. Beginnen Sie jetzt mit dem Setzen der Segel. |

Mechthild Maria Horstrup

Mechthild Maria Horstrup, Master of Arts (M. A.) Beratung, Diplom-Betriebswirtin (FH), Autorisierte Prozessberaterin uWM plus, Horstrup Training|Coaching|Beratung, office@horstrup.de, www.horstrup.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.