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Gesundheitspolitik
NRW regelt Apothekenüberwachung neu
Nach dem Bottroper Zyto-Skandal: NRW-Gesundheitsminister Laumann kündigt häufigere Kontrollen für alle Apotheken an
„Vertrauen entsteht nur durch Transparenz: Von diesem Grundsatz ausgehend haben wir weitergehende Konsequenzen aus den Vorkommnissen in Bottrop für die Apothekenüberwachung in Nordrhein-Westfalen gezogen“, erklärte Laumann. Wie sein Haus erläuterte, bezieht sich das neue Konzept zur Apothekenüberwachung auf alle Apotheken und wird für die Kreise und kreisfreien Städte als für die Apothekenüberwachung zuständigen Behörden verbindlich in Kraft gesetzt werden.
Demnach finden künftig einmal im Jahr unangemeldete Personalkontrollen in allen Apotheken statt. Hierdurch soll die Anwesenheit von ausreichend pharmazeutischem Fachpersonal in allen Bereichen der jeweiligen Apotheke geprüft werden. Laut Ministerium entwickeln die Apothekerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen Lippe (AKWL) derzeit zudem ein Konzept zur Überprüfung der Warenein- und -ausgänge.
Bei Apotheken, die Injektions- und Infusionsarzneimittel wie Zytostatika herstellen, sollen zusätzlich mindestens einmal jährlich unangemeldet Proben aus der laufenden Produktion gezogen und amtlich untersucht werden. Soweit ein solcher Probenzug im Einzelfall nicht sachgerecht erscheint, können sogenannte „Rückläufer“ gezogen werden.
Alle drei Jahre Voll-Revision für alle
Zudem werden grundsätzlich bei allen Apotheken ohne einen solchen Schwerpunkt alle drei Jahre angemeldete, vollständige Apothekenrevisionen vor Ort durchgeführt. Waren die Ergebnisse früherer Inspektionen positiv, könne das Intervall im Rahmen einer Einzelfallprüfung auf maximal fünf Jahre ausgedehnt werden, so das Ministerium. Der Inhalt dieser vollständigen Revision soll sich aus einer Verfahrensanweisung ergeben, deren konkrete Ausgestaltung noch mit den zuständigen Behörden erörtert werde. Apotheken, die Arzneimittel zur parenteralen Anwendung herstellen oder die sich aufs patientenindividuelle Verblistern von Arzneimitteln spezialisiert haben, müssen sich alle zwei Jahre auf eine unangemeldete Vollrevision einstellen.
Das NRW-Ministerium weist zudem darauf hin, dass sich das beschriebene Vorgehen nur auf die anlassunabhängige Überwachung bezieht. Soweit ein Anlass vorliege (z. B. Patientenbeschwerden/Auffälligkeiten), könne die Kontrollfrequenz erhöht werden.
Vergleichsstudie geplant
Laumann kündigte überdies die Beauftragung einer Vergleichsstudie an. Diese soll feststellen, ob und in welchem Maß die Krankheitsverläufe von Patientengruppen, die Zytostatika aus der „Alten Apotheke“ erhalten haben, von denjenigen Patientengruppen abweichen, die mit ordnungsgemäß hergestellten Arzneimitteln behandelt wurden. Die Studienleitung soll Prof. Dr. Ulrike Haug vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen übertragen werden – zuvor sind allerdings noch datenschutzrechtliche Fragen zu klären. Mit Ergebnissen rechnet Laumann nicht vor Ende 2019. „Zwar dürfte es wissenschaftlich nicht möglich sein, für einzelne Patienten, die über die Alte Apotheke in Bottrop versorgt wurden, individuelle Aussagen zu einem gesundheitlichen Schaden zu treffen“, sagte der Minister. „Wir müssen aber diese Chance nutzen, die grundsätzlichen Auswirkungen dieses beispiellosen Skandals auf die Versorgung der Bevölkerung mit Zytostatika wissenschaftlich aufzuarbeiten.“
Kritische Kammern
Bislang haben sowohl Politik als auch Apotheker großen Wert darauf gelegt, dass der Bottroper Zyto-Skandal ein Einzelfall ist und die Apotheker dafür nicht in Sippenhaft genommen werden können. Daher zeigen sich die beiden Apothekerkammern in NRW befremdet von Laumanns Plänen. So erklärte ein Sprecher der AKWL: „Wir sind verwundert über das Vorgehen des Ministeriums. Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, zu differenzieren zwischen Maßnahmen, die Zytostatika-herstellende Apotheken betreffen und Maßnahmen, die alle Apotheken betreffen. Nach unserem ersten Eindruck wird hier aber einiges vermischt.“ Und auch die AKNR hat wenig Verständnis für das Vorgehen des Ministeriums. Gegenüber DAZ.online erklärte Kammerpräsident Lutz Engelen: „Ich war sehr überrascht über die Pressemitteilung des Gesundheitsministeriums. Eigentlich war in den Gesprächen mit Herrn Laumann und dem Ministerium immer klar, dass es sich bei dem schrecklichen Fall in Bottrop um einen kriminellen Einzelfall handelt.“ |
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