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Interpharm 2018 - Cannabis-Workshop
Rezepturen leicht gemacht
Wie stellt man Tropfen und Kapseln mit Dronabinol richtig und möglichst einfach her?
Die alte Kulturpflanze Cannabis sativa hat mehrere pharmakologisch interessante Inhaltsstoffe zu bieten – allen voran die Phytocannabinoide, die ihre Wirkung über das Endocannabinoid-System im menschlichen Körper entfalten. Das Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) gilt als einer der Hauptakteure bei der medizinischen Anwendung. Seine ausgeprägte psychomimetische Wirkung entwickelt THC vorwiegend über Stimulierung von CB1-Rezeptoren auf zentralen und peripheren Nervenzellen, indem Calcium-Kanäle blockiert und Kalium-Kanäle geöffnet werden. In der Folge wird die neuronale Erregbarkeit verringert. Diese Wirkung könnte in der Theorie für eine ganze Reihe von Indikationen von Nutzen sein, in der Praxis bestätigt sich jedoch keine „Allheilwirkung“, wie Dr. Christian Ude, Stern-Apotheke Darmstadt, und Dr. Mario Wurglics, Goethe-Universität Frankfurt/Main, in ihrem Vortrag anhand der Studienlage deutlich machten. Mäßige Evidenz liegt vor in Bezug auf Schmerzen, multiple Sklerose und Chemotherapie-induziertes Erbrechen. In allen anderen denkbaren Indikationen ist die Datenlage noch (zu) dünn. Cannabis-basierte Arzneimittel sollten deshalb nur in Betracht gezogen werden, wenn andere etablierte Therapieioptionen nicht ausreichend wirksam sind. Bei Kindern sollte eine Anwendung von Dronabinol nur in Ausnahmefällen erfolgen, da ein Einfluss auf Hirnentwicklung, Impulskontrolle, Aufmerksamkeit sowie der Bildung sozialer und organisatorischer Kompetenzen nicht auszuschließen ist.
Da gibt es was im NRF …
Seit dem 10. März 2017 dürfen Ärzte Cannabis-Blüten, Extrakte sowie Rezeptur- und Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis als Betäubungsmittel verordnen. Die Erstattung der Therapiekosten durch die gesetzlichen Krankenkassen ist möglich, erfordert aber vorab eine Genehmigung. Diskussionsbedarf gibt es nach wie vor zur Therapie mit getrockneten Cannabis-Blüten, bei denen eine reproduzierbare Anwendung problematisch ist. Eine deutlich bessere Wahl sind nach Ansicht des Referentenduos zugelassene Fertigarzneimittel (in Deutschland Sativex® und Canemes®) und standardisierte Rezepturen mit dem Reinstoff Dronabinol, wie sie vom Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) vorgeschlagen werden.
Für die perorale Anwendung stehen zwei Vorschriften zur Verfügung: Dronabinol-Kapseln 2,5 mg, 5 mg oder 10 mg (NRF 22.7) und Ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8). Ein Tipp: Die Firma Bionorica ethics bietet die Ausgangssubstanz in DAC-Qualität inklusive Schnelltest zur Identitätsprüfung (z. B. PZN 02887668) sowie zur Arbeitserleichterung Herstellsets (PZN 02887800 bzw. 02887817) an. Die Dokumentation in Form von Plausibilitätsprüfung, Herstellungsanweisung und Herstellungsprotokoll erfolgt wie gewohnt.
Live und in Farbe
Auf der Interpharm wurde in einem improvisierten Bühnen-Labor Schritt für Schritt gezeigt, wie die Identitätsprüfung von Dronabinol und die Herstellung von Tropfen und Kapseln bis hin zur Kennzeichnung funktioniert (siehe Abb. 1, 2 und 3). Da Dronabinol sauerstoff- und lichtempfindlich ist, muss zügig gearbeitet werden. Eine Violettfärbung der Lösung während oder nach der Herstellung ist ein Hinweis auf eine Sauerstoffeinwirkung. Manchmal ist die Färbung reversibel. Bei geringer Färbung der Substanzoberfläche sollte die gefärbte Zone verworfen werden.
Auf das Etikett der Zubereitung gehört: Name und Anschrift der Apotheke, Name des Patienten, Inhalt nach Gewicht, Rauminhalt oder Stückzahl, Art der Anwendung, Gebrauchsanweisung (muss der Apotheke zumindest schriftlich vorliegen!), Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile, Herstellungsdatum, Verwendbarkeitsfrist und – soweit erforderlich – Hinweise auf besondere Vorsichtsmaßnahmen. Empfohlen wird die Angabe: „Für Kinder unzugänglich aufbewahren.“ Als Dosierhilfen kommen ein Senkrechttropfer, eine Kolbenpipette und eine Dosierpumpe in Betracht.
Taxiert wird am Ende als Rezepturarzneimittel nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung. Statt der Rezeptur-PZN wird eine Sonder-PZN für Cannabis-basierte Arzneimittel aufgedruckt, im Fall von Dronabinol ist es die Nummer 06460665. Probleme könnten sich lediglich bei der Abrechnung der Sets ergeben, da nicht alle Krankenkassen deren Kosten übernehmen. Hier lohnt es sich, vorab beim zuständigen Apothekerverband nachzufragen.
Im Patientengespräch
Was sollte dem Patienten bei der Abgabe der Rezepturarzneimittel mit auf den Weg gegeben werden? Für Dronabinol-Tropfen ist der Hinweis wichtig, dass sie nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden sollten. Falls eine Dosierpumpe als Dosierhilfe verwendet wird, muss dem Patienten erklärt werden, dass es sich nicht um ein Nasenspray handelt, sondern die Tropfen peroral eingenommen werden (Dosierung in Hüben). Die Tropfen dürfen nicht mit Wasser verdünnt werden, da wegen des Rückstands an der Glaswand die Gefahr der Unterdosierung besteht. Dagegen empfiehlt sich die Einnahme mit Brot oder Zucker, bei Sondennahrung mit Milch oder Fett. Um eine gleichbleibende Wirkung zu gewährleisten, sollte der Patient individuell eine Standardisierung in Bezug auf Nahrungsaufnahme vornehmen, das heißt, die Einnahme sollte immer unter gleichen Bedingungen erfolgen, vorzugsweise vor dem Essen.
Im NRF finden sich Vorschläge zur Dosierung. Ein Beispiel: Beginn mit 2,5 mg Dronabinol abends, Steigerung alle drei Tage um 2,5 mg und Verteilung auf zwei bis drei Einzeldosen am Tag. Die empfohlene langfristige Tagesdosis bewegt sich zwischen 5 mg und 30 mg Dronabinol.
Die Patienten sollten auf Nebenwirkungen in der Titrationsphase vorbereitet werden. Sehr häufig treten Müdigkeit und Schwindel auf, auch paranoide Reaktionen sind möglich. Selten kommt es zu Halluzinationen und Herzrasen. Ein Absetzen der Medikation sollte grundsätzlich nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Während der Therapie ist Alkohol-Konsum tabu. Komedikationen müssen sorgfältig überprüft werden, da ein Interaktionspotenzial auf CYP-Ebene besteht. |
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