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Arzneimittel und Therapie
FDA warnt vor oralem Benzocain
Potenzielle Gefahr lebensbedrohlicher Methämoglobinämie
Nicht zum ersten Mal warnt die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) vor dem Risiko einer Methämoglobinämie (s. Kasten) im Zusammenhang mit Benzocain. Bereits 2014 wurde darauf hingewiesen. Doch auch danach wurden weitere Fälle bekannt. Zwischen Februar 2009 und Oktober 2017 erfasste die FDA insgesamt 119 Fälle, die meisten davon schwerwiegend und behandlungsbedürftig.
Insbesondere bei Kleinkindern unter zwei Jahren betrachtet die FDA das Nutzen-Risiko-Verhältnis nach Auswertung der Fallberichte daher als negativ und fordert die Hersteller zu einer Marktrücknahme der betroffenen Produkte auf. In den USA stehen derzeit noch einige Benzocain-haltige Präparate zur Linderung von Beschwerden beim Zahnen zur Verfügung. Doch auch bei Erwachsenen und Kindern über zwei Jahren besteht nach Meinung der FDA Anlass zur Sorge: Hier sollen entsprechende Warnhinweise in die Produktinformationen oraler Arzneimittel mit Benzocain zur Selbstmedikation aufgenommen werden. Nicht nur OTC-Präparate sind betroffen, auch verschreibungspflichtige Lokalanästhetika sollen mit einem standardisierten Hinweis auf das Risiko einer Methämoglobinämie versehen werden.
Methämoglobinämie
Bei einer Methämoglobinämie ist die Sauerstofftransportfähigkeit des Bluts stark eingeschränkt. Grund dafür ist die vermehrte Oxidation von Hämoglobin (zweiwertiges Eisen) zu funktionsunfähigem Methämoglobin (dreiwertiges Eisen). Eine Methämoglobin-Konzentration im Blut von über 70% führt zum Tod. Verschiedene Substanzen wie Sulfonamide oder anorganische Nitrite gelten als mögliche Auslöser einer toxischen Methämoglobinämie. Das Risiko im Zusammenhang mit Lokalanästhetika ist schon seit Längerem bekannt (s. auch DAZ 2012, Nr. 39, S. 42). Bei Säuglingen ist das Risiko besonders hoch, da bei ihnen die enzymatische Reduktion des Methämoglobins langsamer erfolgt als bei Erwachsenen. Auch weitere Personengruppen sind gefährdet: Bei Atemwegsbeschwerden wie Asthma, Bronchitis oder einem Lungenemphysem, bei Patienten mit Herzerkrankungen und bei älteren Menschen besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko.
Typische Symptome sind die einer Zyanose (Blässe, Grau- oder Blaufärbung der Haut, Lippen und Nägel) verbunden mit Kopfschmerz, Müdigkeit, Übelkeit, Tachykardie, Atemnot, Unruhe und Verwirrtheit. Treten diese innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden nach Benzocain-Einnahme auf, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Als Antidot bei akuten Intoxikationen wird oral Toluidinblau oder intravenös Methylenblau appliziert.
Situation in Deutschland
Benzocain-haltige Präparate gegen Zahnungsbeschwerden sind in Deutschland nicht auf dem Markt. Die Auswahl an Lutschpastillen, -dragees, und -tabletten zur Behandlung von Halsschmerzen ist hingegen groß. So ist das Lokalanästhetikum unter anderem in den beliebten OTC-Produkten neo-angin® Benzocain dolo 8 mg, Dorithricin® Halstabletten (mit 1,5 mg Benzocain) und Dolo-Dobendan® (mit 10 mg Benzocain) zu finden. Für kleine Kinder sind diese Arzneimittel jedoch nicht geeignet. Viele der Benzocain-haltigen Produkte sind erst ab sechs (Dolo-Dobendan®) oder sogar erst ab 16 Jahren zugelassen. Oder sie enthalten Levomenthol, was einen Einsatz bei Säuglingen und Kindern bis zu zwei Jahren in jedem Fall verbietet (Benzocain Lutschdragees 3,6 mg, Inresa Arzneimittel). Wie in der Fachinformation von Dorithricin® vermerkt, ist eine sachgemäße Art der Anwendung (Lutschen) bei Säuglingen und Kleinkindern ohnehin nicht gewährleistet und der Einsatz somit nicht angebracht. Doch auch bei Erwachsenen kann Benzocain zum Problem werden: In den deutschen Fachinformationen und Packungsbeilagen ist der Hinweis zu finden, dass insbesondere bei einer Überdosierung eine Methämoglobinämie auftreten kann. |
Quelle
Risk of serious and potentially fatal blood disorder prompts FDA action on oral over-the-counter benzocaine products used for teething and mouth pain and prescription local anesthetics. Safety Announcment der U.S. Food and Drug Administration (FDA) vom 23. Mai 2018. www.fda.gov
Gelbe Liste. www.gelbe-liste.de; Abruf am 24. Mai 2018
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