Arzneimittel und Therapie

Ebola fordert Krisenmanagement heraus

Experimenteller Impfstoff soll Ausbreitung im Kongo und in den Nachbarregionen eindämmen

Seit dem 8. Mai 2018 ist in der Demokratischen Republik Kongo ein erneuter Ebolafieber-Ausbruch bekannt; es ist der neunte seit der Entdeckung des Ebola-Virus vor vierzig Jahren. Dieses Mal fallen jedoch ein paar Besonderheiten auf: Zum ersten Mal ist die Infektion in Städten und an Verkehrsknotenpunkten nachgewiesen, und zum ersten Mal wird eine Impfung durchgeführt.

Bislang ist der jüngste Ausbruch auf den Kongo begrenzt, allerdings wappnen sich nun auch dessen Nachbarstaaten gegen die Erkrankung. Neben den bisherigen Maßnahmen zur Krankheitseindämmung wie Isolation und das Einhalten hygienischer Regeln wird erstmals durch WHO-Mit­arbeiter eine Ebola-Ringimpfung mit einem experimentellen, noch nicht zugelassenen Impfstoff (s. unten) durchgeführt. Die für das Impfprogramm erforderlichen Infrastrukturen (u. a. mobile Diagnoselabors, spezielle Ebola-Abteilungen in lokalen Gesundheitszentren, eine Luftbrücke zwischen Kinshasa, Mbandaka und Bikoro, Aufklärungskampagnen) wurden in Kooperation mit Ärzte ohne Grenzen, dem Roten Kreuz und anderen Partnern aufgebaut. Im Vergleich zu den vorhergehenden Ebola-Ausbrüchen liegen dieses Mal einige Verbesserungen wie ein rasches Handeln der WHO, ein effizienteres Krisenmanagement und der Einsatz einer Vakzine vor. Erschwerende Faktoren sind das Übergreifen der Infektion auf Städte und Erkrankungen in der Provinz Équateur. 40% der Bevölkerung in Équateur gehören der Pygmäen­population Twa an. Diese Bevölkerungsgruppe ist besonders vulnerabel und aufgrund ihrer Kultur und Sprache schwer für eine Vakzinierung zu erreichen.

Foto: nanomanpro – stock.adobe.com
Die Gattung Ebolavirus gehört zur Familie der Filoviren. Es sind fünf Arten der fadenförmigen, behüllten Einzel(−)-Strang-RNA-Viren bekannt: Zaire, Sudan, Taï Forest, Bundibugyo und Reston.

rVSV-ZEBOV im Ring-Einsatz

Am 21. Mai 2018 begann in der Demokratischen Republik Kongo eine Impfaktion gegen Ebola. Eingesetzt wurden rund 7500 Dosen des experimentellen Impfstoffs V920 (rVSV-ZEBOV; Merck); weitere 8000 Dosen sollen folgen. Bei rVSV-ZEBOV handelt es sich um eine Lebendvakzine, die auf dem Vesicular Stomatitis Virus (VSV) basiert. In das Genom dieses replikationsfähigen viralen Vektors wurde das Gen des Ebola-Virus eingefügt, das für das Oberflächen-Glykoprotein kodiert. Gegen dieses Antigen richtet sich dann die Immunantwort der Geimpften. Die aktuelle Impfaktion im Kongo erfolgte im sogenannten Ring-Verfahren, d. h. wird ein Ebola-Fall bestätigt, sollen alle Kontakte und Kontakte von Kontakten geimpft werden. Außerdem sollen Helfer wie etwa die behandelnden Ärzte, Einsatzkräfte, Bestatter etc. geimpft werden. Die Impfung ist freiwillig. Aufgrund einer Lagertemperatur der Vakzine zwischen minus 60 bis minus 80 Grad Celsius ergeben sich bei der Verteilung logistische Schwierigkeiten. Der Impfstoff wurde bereits in diversen Studien sowie in der Endphase des großen Ebola-Ausbruchs in Westafrika (2014/2015) in Guinea und Sierra Leone erfolgreich getestet.

rVSV-ZEBOV bei Kindern

Ein internationales Wissenschaftlerteam prüfte den Impfstoff rVSV-ZEBOV erstmals auch an Kindern. 115 Erwachsene, 20 Jugendliche sowie 20 Kinder hatten in Gabun den Impfstoff gegen die Viruskrankheit erhalten und bei geringen Nebenwirkungen eine gute Immunabwehr entwickelt. Zudem hatten Teilnehmer aus von Ebola betroffenen Ländern oft schon vor der Impfung Antikörper gegen das Virus gebildet. Sie zeigten nach der Impfung eine bessere Immunantwort als Menschen ohne Antikörper im Blut. Bereits mit geringen Impfdosen konnte eine ausgezeichnete Immunantwort erzielt werden.

Impfstoffentwicklung geht weiter

Neben dieser Vakzine werden derzeit auch weitere Impfstoffe und Therapien entwickelt oder bereits in Studien untersucht. So etwa der monoklonale Antikörper mAb114, der am National Institute of Health in Bethesda, Maryland, in einer Phase-1-Studie (VRC 608) eingesetzt wird. Im US-amerikanischen klinischen Studienregister werden zahlreiche Studien (geplante und bereits laufende Studien) auf­geführt, in denen insgesamt acht unterschiedliche Impfstoffe geprüft werden sollen.

Chronik der jüngsten Ereignisse

Am 8. Mai 2018 wurde die WHO von der Demokratischen Republik Kongo über einen erneuten Ausbruch der Ebola-Virus-Krankheit informiert.

  • Als Virus-Spezies wurde EBOV-Zaire (gleiche Spezies wie 2013/14 in Westafrika) identifiziert.
  • Betroffene Provinzen sind u. a. Équateur, die aktuell bekannten Fälle stammen aus den Gesundheitsdistrikten Bikoro, Iboko und Wangata.
  • 25. Mai 2018: kumulative Fallzahlen (seit 4. April 2018): 58 Fälle, 30 laborbestätigt, 14 wahrscheinlich, 14 Verdachtsfälle, 29 Todesfälle. Letalität 50%.
  • Bikoro bleibt das Epizentrum mit 50% der Fälle und 74% der bestätigten Fälle.
  • 38% der Fälle sind aus Iboko, ca. 45 km von Bikoro, von wo der erste Fall gemeldet wurde. Der Indexfall, also der Patient, der das Virus aus dem Tierreich akquiriert hat („spill over case“), wurde bisher nicht gefunden.
  • 6 laborbestätigte Fälle und 4 Verdachtsfälle im Stadtteil Wangata in der Großstadt Mbandaka (1,2 Mill. Einwohner).
  • 3 Fälle bei Gesundheitspersonal in Bikoro.
  • > 600 Kontaktpersonen werden verfolgt.
  • Seit dem 21. Mai 2018 wird der noch nicht zugelassene, aber bislang sehr gut wirksam getestete Impfstoff rVSV-ZEBOV für Riegelungsimpfungen um Kontaktpersonen und für den Schutz des eingesetzten Gesundheitspersonals in COD eingesetzt. Bis 26. Mai sollten 1000 Personen geimpft sein.

[Quelle: Auswärtiges Amt; Stand 25. Mai 2018]

Gefahr für Deutschland?

Die Ausreise einer infizierten Person nach Deutschland ist aktuell sehr unwahrscheinlich, vor allem, solange der Ausbruch auf die Provinz Équateur beschränkt bleibt. Dem Statistischen Bundesamt zufolge reisen von der Demokratischen Republik Kongo jeden Monat nur etwa 200 bis 500 Passagiere nach Deutschland. Auch das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten bewertet das Risiko einer Einschleppung und Ausbreitung des Virus in der Europäischen Union aktuell als extrem gering. Von Reisen in die betroffene Region wird vom Auswärtigen Amt dringend abgeraten. |

Quellen

Haug C. Keeping Your Cool — Doing Ebola Research during an Emergency. NEJM published online May 23, 2018. doi: 10.1056/NEJMp1806978

Agnandji S. et al. Safety and immunogenicity of rVSVΔG-ZEBOVGP-Ebola vaccine in adults and children in Lambaréné, Gabon: A phase I randomised trial.“ PLOS Medicine 2017;14(10):e100240

Henao-Restrepo AM et al. Efficacy and effectiveness of an rVSV-vectored vaccine in preventing Ebola virus disease: final results from the Guinea ring vaccination, open-label, cluster-randomised trial (Ebola Ça Suffit!). Lancet 2017;389(10068):505-518

National Institutes of Healt. NIH begins testing Ebola treatment in early-stage trial. www.nih.gov; Abruf am 28. Mai 2018

Robert Koch Institut. Ebolafieber. www.rki.de; Abruf am 27. Mai 2018

Auswärtiges Amt. Demokratische Republik Kongo: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung). www.auswaertiges-amt.de; Abruf am 27. Mai 2018

World Health Organizazion. Ebola virus disease – Democratic Republic of the Congo. www.who.int; Abruf am 27. Mai 2018

Universität Tübingen. Ebola-Impfstoff auch bei Kindern einsetzbar. www.uni-tuebingen.de; Abruf am 27. Mai 2018

Clinicaltrials.gov. www.clinicaltrials.gov/; Abruf am 28. Mai 2018

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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