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- DAZ 33/2018
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Eigenmarken
Lohnen sich Eigenmarken?
Eine perspektivische Betrachtung für Apotheken
Fragen wie „Welche unterschiedlichen Formen von Eigenmarken sind dort anzutreffen?“ oder „Folgen diese den gleichen Marktmechanismen wie andere Güter des täglichen Bedarfs?“ sind derzeit virulent. Von daher lohnt der Blick auf die Entwicklung der Eigenmarken in Apotheken in besonderer Weise. Dabei werden auch die Motive des Einsatzes von Handelsmarken durch Apotheken sowie Motive für den Kauf durch den Verbraucher beleuchtet. Nicht zuletzt nehmen Eigenmarken massiven Einfluss auf die Hersteller von klassischen Markenprodukten und darauf, wie diese sich gegen die Ausweitung von Eigenmarken zu stemmen versuchen.
Markenartikel und Handelsmarken – ist das ein Unterschied?
Handelsmarken sind die Markenartikel des Handels. Dies gilt auch für die als Synonym zu verwendenden Eigenmarken in Apotheken. Mit dieser Kategorisierung soll zweierlei deutlich gemacht werden: Zum einen unterscheiden sich Handels-/Eigenmarken in ihrem Markenauftritt nicht bzw. nur sehr eingeschränkt von klassischen Markenartikeln. So wies Gaiser bereits Mitte der 2000er-Jahre darauf hin, dass die lange im Fokus stehende merkmalsbezogene Begriffsauffassung des Markenbegriffes, wie sie zum Beispiel von einem der Urväter der deutschen Markentheorie Mellerowicz geprägt wurde, ihre Bedeutung eingebüßt hat. Dieses ehemalige Begriffsverständnis umreißt die Marke zu eng, vielmehr können heute nicht nur die von Konsumgüterherstellern konzipierten und eingeführten Massenprodukte als Marke verstanden, sondern auch die Bemühungen im Investitionsgüter- oder Dienstleistungsbereich als Marke interpretiert werden. Ein derlei erweitertes Begriffsverständnis ordnet selbstverständlich auch Eigenmarken dem Markenbegriff zu. Zum anderen wird im Falle der Handelsmarken die sogenannte Markenführung durch den Handelsbetrieb initiiert. Dies bedeutet, dass das Handelsunternehmen das Produkt kreiert, markiert und positioniert. Allerdings werden die Handelsmarken meist von fremden Herstellern im Auftrag produziert und sind nur in diesem einen Handelsunternehmen erhältlich. Damit ist zugleich eine Reduktion der Distribution auf das Handelsunternehmen verbunden. Dem Versuch vieler Markenartikler zur Ubiquität (Überall-Erhältlichkeit) bzw. zum intensiven Vertrieb ihrer Marken wird demnach bewusst die Verknappung gegenübergestellt. Wenn der Verbraucher genau diese Eigenmarke will, kann er sie nur in dem entsprechenden Handelsunternehmen/Apotheke erhalten. Dieses Verfahren entspricht dem selektiven bzw. exklusiven Vertrieb von Markenartikeln. Aus Sicht vieler Verbraucher stellen Handelsmarken ein gleichwertiges Äquivalent zumindest zu den weniger stark profilierten Herstellermarken dar. Hier haben sich dank der Discounter die Eigenmarken zu weitgehend vergleichbaren Substituten der Herstellermarken entwickelt. Im Bereich der Arzneimittel stellen allerdings Eigenmarken per se ein Generikum dar, das auf der Grundlage bereits erfolgreich und mit nachgewiesener Wirkung vermarkteten Originalpräparaten gefertigt werden.
Aus diesen ersten Ausführungen wird ersichtlich, dass Handelsmarken in erster Linie in filialisierten (Supermärkte, SB-Warenhäuser, Kauf- und Warenhäuser) oder organisierten Handelssystemen (Franchisesysteme oder aber Verbundgruppen) erfolgreich zum Einsatz gelangen können und demnach vornehmlich dort vorzufinden sind. Dabei sind filialisierte Systeme gegenüber Franchisesystemen und Verbundgruppen insofern für den Vertrieb von Handelsmarken von Vorteil, als dass der Grad der Eigenständigkeit der Filialleiter deutlich geringer ausfällt als bei den wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Händlern in Franchisesystemen oder in den klassischen Verbundgruppen des Handels. Denn von der Systemzentrale kann sichergestellt werden, dass die Handelsmarken in allen angeschlossenen Häusern anzutreffen sind, was bei Franchisesystemen wahrscheinlich, aber nicht zwingend ist und in Verbundgruppen eher dem Zufall entspringt. Nicht-organisierte Handelsunternehmen, also kleinere, mittelständische Betriebe haben in vielen Branchen nicht die Größe und den Organisationsgrad, um Handelsmarken erfolgreich zum Einsatz zu bringen. Deren Versuche, beispielsweise im Lebensmittelbereich, lokale oder regionale Spezialitäten im Sortiment zu führen, haben hohe Erfolgsaussichten, sind aber nicht als Handelsmarken-Strategie zu bezeichnen. Bei Apotheken ist dies erstaunlicherweise anders. Hier gibt es tatsächlich nennenswerte Beispiele für Einzelapotheken (eine bis vier Verkaufsstellen), die ihre eigene Marke anbieten. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass dies eine absolute Rarität im Vergleich zu anderen Branchen darstellt.
Sind Handelsmarken ein generelles Phänomen?
Besonders bei Lebensmitteln werden Handelsmarken immer stärker eingesetzt, bekannt sind aber auch Handelsmarken z. B. bei Textilien (McNeal bei Peek und Cloppenburg, Clockhouse bei C&A, Manguun bei Kaufhof usw.), im Elektrobereich (Worx bei Hornbach) oder in Parfümerien (Beauty System bei Douglas) oder eben auch bei Apotheken.
Handelsmarken haben in der Regel bei mittlerweile objektiv vergleichbarer Produktqualität ein deutlich niedrigeres Preisniveau als Herstellermarken. Zahlreiche Erhebungen haben ergeben, dass ein Großteil der Verbraucher Hersteller- und Handelsmarken als qualitativ ebenbürtig empfindet, mit steigenden Zahlen. Dafür ist jedoch der Zusatz- bzw. Imagenutzen der Eigenmarken häufig deutlich unterhalb der Herstellermarken angesiedelt.
Demnach sind Handelsmarken vor allem in solchen Segmenten anzutreffen, in denen das objektive Preis-Leistungs-Verhältnis kaufentscheidend ist, während in Segmenten, in denen das Image die entscheidende Rolle spielt, Handelsmarken eher schwach vertreten sind. So macht es durchaus Sinn, um auf die erforderliche Produktionsmenge zu kommen, Eigenmarken in den Segmenten anzubieten, die als Schnelldreher bezeichnet werden können, also für viele Nachfrager eine Relevanz haben.
Was motiviert zum Einsatz von Handelsmarken?
Früher wurde sehr häufig als Argument für Handelsmarken vorgebracht, dass damit in erster Linie Lücken im Sortiment geschlossen werden sollen. Zwischenzeitlich mutet dieses Motiv eher grotesk an, im Arzneimittelmarkt von seiner Struktur her sowieso. Bei der heute anzutreffenden Fülle an Produkten und Marken dürfte in keinem Segment und in keiner Branche eine derartige Lücke bestehen, die nicht schnell und kompetent durch klassische Markenartikel geschlossen würde bzw. werden könnte. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen von Originalpräparaten liegen im Apothekenbereich immer Alternativen vor. Dieses allgemeine Argument trifft auf Apotheken zweifelsfrei nicht zu. Manches Handelsunternehmen versuchte Hersteller dazu zu bewegen, bestimmte Produkte in einer Preis-Qualitäts-Relation zu produzieren, die der eigenen strategischen Positionierung nahekam. Auch hier dürfte das Argument bei Apotheken nicht greifen. Hersteller waren indes vorsichtig, sich auf Gedeih und Verderb einem Handelsunternehmen zu verschreiben, da mit einer Verschiebung der Strategischen Positionierung des Handelsunternehmens, durch Unternehmenszusammenschlüsse oder auch durch Managementfehler die Abhängigkeit von diesem Unternehmen oft als zu hoch eingestuft wurde. Trotzdem sind Markenartikler heute für jeden Impuls aus dem Handel dankbar, um ihr eigenes Programm an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Neben eigenen Marktforschungsbemühungen erweisen sich diese Anregungen als wichtiges Indiz für die Zukunftsfähigkeit der Produkte und damit des Unternehmens. Zumal diese Anregungen auch deutliche Indikatoren für die Listbarkeit von Produkten darstellen.
Handelsmarken dienen viel eher als Gegengewicht zu den starken Herstellermarken. Die Neigung der Markenartikelindustrie, nahezu alle Distributionskanäle für sich zu nutzen und damit einer Ubiquität für den Kunden Rechnung zu tragen, erschwert die Profilierung des Handelsunternehmens gegenüber seinen Kunden. Wenn alle relevanten Marken in allen relevanten Konkurrenzbetrieben und -betriebsformen anzutreffen sind, hat es das Handelsunternehmen schwer, sich gegenüber den Kunden zu profilieren. Der Wettbewerb wird dann nicht allzu selten über den Preis ausgetragen, im Apothekensektor auch beim Rand- und Ergänzungssortiment, also im Freiwahlbereich und dieser kommt für Eigenmarken infrage, was auf Dauer zu einer Verschlechterung der Ertragssituation führt. Die Ausweitung der Discounter ist Indiz für dieses Argument und leistet dem weiteren Ausbau von Handelsmarken Vorschub. Deshalb wird es von den Handelsunternehmen als konsequent betrachtet, sich in Teilen dem Preiswettbewerb zwischen den klassischen Markenartikeln zu entziehen und über das Angebot eigener Handelsmarken ein attraktives Gegenangebot zu schaffen. Hier sind die Handelsunternehmen auch nicht an die Preispolitik der Hersteller gebunden, die durch Sonderangebotsaktionen sich ihrerseits von den Konkurrenzprodukten abheben möchten und den Handel ermuntern mitzumachen. Da es die Handelsmarke nur in dem einen Handelsunternehmen gibt, kann die Preispolitik konstant gehalten werden oder aber es erfolgt gezielt eine Preisaktion in allen Outlets des Unternehmens. Herstellermarken dienen den Kunden gerade dazu, Preisunterschiede im Handel zu erkennen und darauf zu reagieren. Lidl hatte dies vor einiger Zeit mit einer beeindruckenden Kampagne deutlich gemacht, bei der jeweils links das prominente Markenprodukt mit Preis abgebildet war und rechts die Eigenmarken-Alternative, ebenfalls mit Preis. Oft können Handelsunternehmen nur auf die preisliche Positionierung der auch bei ihnen gelisteten Markenartikel durch die Konkurrenz reagieren, was gegebenenfalls zu einer ungewollten Anpassung der strategischen Positionierung führen kann.
Gleichwohl ist es vor dem Hintergrund dieser Argumentationskette verwunderlich, dass die Handelsunternehmen ihre Handelsmarken nach wie vor nahezu ausschließlich über den Preis positionieren. Gerade weil der Preisvergleich bei Handelsmarken nur eingeschränkt – innerhalb der Category, aber nicht zwischen den Handelskonzernen – möglich ist, böten sich zahlreiche Möglichkeiten der Positionierung der Eigenmarken. Hier wird deutlich, wie stark der Anteil von Handelsmarken am Gesamtsortiment mit der strategischen Ausrichtung der Betriebsform korreliert. Da außerhalb der Apotheken in erster Linie discountorientierte Unternehmen Handelsmarken einsetzen, ist der im Fokus stehende Wettbewerbsvorteil der Preis und muss es auch sein. Das oben bereits angeführte Beispiel Beauty System von Douglas liefert den Beweis, dass auch anders operiert werden kann. Die preisliche Positionierung ist weit von den Preisen bei Discountern entfernt.
Ein weiteres Motiv von Handelsunternehmen, Handelsmarken einzusetzen, liegt darin, das Image der Einkaufsstätte zu verbessern. Da es nur in diesem Geschäft Marke X oder Y gibt, kommt es zwischen dem Image der Handelsmarke und dem Image des Handelsunternehmens zu einem engen kausalen Zusammenhang. Da die Steuerung der Marke auch ausschließlich durch das Unternehmen erfolgt, können hier klare Imagevorteile generiert werden. Auf der anderen Seite darf man sich als Handelsunternehmen aber nicht der Illusion hingeben, annehmen zu wollen, dass die eigene Marktstärke in allen Bereichen groß genug ist, auf bekannte Markenartikel zu verzichten. Im Discounterbereich haben sich einzig vor allem Aldi und mit Abstrichen Lidl bislang erfolgreich dieser Strategie zugewandt und sie nahezu perfektioniert. Durch konsequentes Auslisten von Markenartikeln definiert sich dann der Discounter nahezu ausschließlich über die eigenen Handelsmarken. Dies geht aber nur, wenn das Unternehmen selbst als Marke identifiziert wird. Dies kann bei Apotheken sehr gut funktionieren. Das Image der Einkaufsstätte ersetzt das Bündel an Images der angebotenen Marken und löst die Abhängigkeit von Lieferanten auf. Zudem muss einschränkend festgehalten werden, dass die hierüber erzielbaren Imagevorteile sich bislang nahezu ausschließlich durch das Argument „Preisführer“ einstellten. Nicht jeder will Preisführer sein oder „hat die Substanz dazu“. Schließlich finden sich vergleichbare Anstrengungen auch bei Verbünden von Fachgeschäften.
Resultat einer erfolgreich initiierten Handelsmarkenpolitik kann die Bindung von Kunden an das Handelsunternehmen sein. Gelingt es, die als Handelslabel gelisteten Produkte beim Konsumenten unverzichtbar erscheinen zu lassen, ist die Bindung an das Unternehmen, ggf. sogar an die Verkaufsstätte, sichergestellt.
Fünf Typen von Eigenmarken in Apotheken
Es lässt sich eine Reihe von Varianten von Eigenmarken in Apotheken identifizieren.
Typ 1: Eigenmarken nur einer Apotheke plus der eigenen Filialen und ggf. Einbindung von kooperierenden Apotheken. So vertreibt die Bären-Apotheke Dr. Jochen Vetter Rottenburg, Tübingen, Herrenberg ihr eigenes Paracetamol und Ibuprofen.
Auch die Rathaus-Apotheke Hagen mit Dr. Christian und Dr. Klaus Fehske haben an Eigenmarken einiges zu bieten. So kann man nachlesen: „Unsere über 70 hauseigenen Produkte vereinen meist altes Apotheker-Wissen über Heilkräuter und ihre Zubereitung. Wenn Sie eines dieser Mittel erwerben, tun Sie auch Hagener Kindern etwas Gutes: Von jedem verkauften Produkt spenden wir 20 Cent an den Kinderschutzbund Hagen und an das Rotary Projekt ‚Sprache verbindet‘. Wenn Sie mehr über unsere Produkte und deren Anwendung wissen möchten, sprechen Sie uns bei Ihrem nächsten Besuch an und holen sich unseren ‚Hauseigene Produkte-Katalog‘. Das wohl prominenteste unserer Produkte: Unser Rathausbitter – ein aromatischer Magenbitter.“
Auch Thomas von Künsberg Sarre bietet in seiner Apofaktur Eigenmarken an. Und zwar in seinen vier Apotheken und in drei weiteren Partnerapotheken. Von Künsberg Sarre produziert unter der Marke Apofaktur nicht nur für den eigenen Bedarf. Er gestaltet sein Produkt so neutral, dass es auch für andere Apotheken individualisierbar und als Eigenmarke zu verkaufen ist. Die Schachtel lässt viel freien Platz für etwaige Logos. „Man kann dann entweder ein Schildchen mit dem Namen der Apotheke draufkleben oder aber auch einen Einnahmehinweis“, erläutert Künsberg das Konzept: „Wir kleben auf die freie Stelle das Preisschild mit dem Namen der jeweiligen Apotheke.“ Ein besonderer Clou sind Aufkleber mit QR-Code, die die Mitarbeiter während des Verkaufsgesprächs auf die Packungen aufbringen können. Scannt der Kunde zu Hause den Code ein, kann er sich auf Youtube ein Beratungsvideo zum jeweiligen Produkt ansehen. Verzichten musste Künsberg dagegen auf das Apotheken-A auf den Packungen: Der Apothekerverband hatte der Verwendung zugestimmt, solange er nur für den eigenen Bedarf produzierte.
Typ 2: Hergestellt in einer Apotheke, Vertrieb auch über andere Apotheken. So wie schon von Künsberg Sarre arbeitet die Bahnhof-Apotheke Kempten unter Leitung von Apotheker Dietmar Wolz schon lange. Er schreibt: „Als wir 1988 die ersten Original-Stadelmann®-Aromamischungen herstellten, wollten wir mit den wertvollen Helfern aus der Natur vor allem werdende Mütter in der Zeit von Schwangerschaft und Geburt unterstützen. Heute finden Sie in unserem Produktkatalog eine Vielzahl von Ätherisch-Öl-Produkten für sämtliche Lebensbereiche. Besonders stolz sind wir, dass die Stadelmann®-Aromamischungen nicht nur im häuslichen Alltag als wohltuende Begleiter geschätzt werden, sondern sich auch in der professionellen Pflege etabliert haben.“
Typ 3: Eigenmarken von Versandapotheken. Stellvertretend sei hierbei auf das Sortiment von apo-rot verwiesen.
Typ 4: Eigenmarken von Kooperationen. Natürlich macht es Sinn, dass Kooperationen stellvertretend für ihre angeschlossenen Mitglieder Eigenmarken produzieren. Dadurch lassen sich Losgrößen deutlich einfacher erreichen und das Flop-Risiko signifikant verringern. Zudem sind Fixkostendegressionseffekte denkbar.
Typ 5: Eigenmarken von Großhändlern. Bei diesem Typus muss mit Vorsicht argumentiert werden, ob es sich tatsächlich noch um Eigenmarken handelt. Denn ein konstitutives Merkmal von Eigenmarken liegt darin begründet, dass der Vertrieb exklusiv vorgenommen wird. Beliefert aber ein Großhändler 10.000 Apotheken, ist dies jede zweite und es ergeben sich hinreichend viele Konstellationen, in denen alles andere als Exklusivität gegeben ist. Diese Marken sind eher ein klassisches Generikum, der Großhändler quasi wie der Herausgeber einer Herstellermarke ungeachtet, ob er sie produziert oder produzieren lässt.
Billig, das will ich – Motive der Konsumenten
Der Konsument tut sich zusehends schwer, Unterschiede im Marktauftritt von klassischen Markenartikeln und Handelsmarken zu erkennen. Er differenziert immer weniger, zumal ihm die definitorischen Feinheiten zwischen Markenartikel und Handelsmarke egal sein dürften. Für ihn ist allein entscheidend, wie das aus seiner Sicht empfundene Preis-Leistungs-Verhältnis ausfällt. Für den Konsumenten sind laut Studien zwei Faktoren für den Kauf bzw. Nicht-Kauf von Handelsmarken wesentlich. Denn bemerkenswert ist ja ohne Zweifel, dass es Warenbereiche gibt, in denen Handelsmarken keine oder eine nach wie vor sehr untergeordnete Rolle spielen. Gäbe es solche Faktoren nicht, müsste der Annahme gefolgt werden, dass sich der Trend zu Handelsmarken in allen Warenbereichen in etwa gleich entwickelt. Zum einen sind die Art des Produkts und die Marktstruktur für den Erfolg von Handelsmarken ausschlaggebend. So führt beispielsweise die Fähigkeit von Marken zur Reduktion des Kaufrisikos bei Kunden zu einer hohen Stabilität von Markenartikeln. Besteht aber kein hohes wahrgenommenes Risiko bei Produkten, gewinnen die Handelsmarken an Bedeutung. Von daher sind Produktgruppen, in denen Technologie und Innovationsgrad eine hohe Rolle spielen, für Handelsmarken kaum zu erobern. Hier bleibt der Markenartikel „Platzhirsch“.
Zusammengefasst kann man sagen: Je höher das wahrgenommene Risiko beim Kauf und je höher die Reduktion des Risikos durch einen Markenartikel ist, desto geringer fallen die Erfolgschancen für die Handelsmarke aus. Hier haben es Arzneimittel etwas schwerer, da das Risiko vom Verbraucher als tendenziell hoch eingestuft wird. Da aber die Betriebsstätte Apotheke dieses Risiko wieder mildert, funktioniert in Apotheken etwas, was in anderen Branchen so nicht funktionieren könnte. Die Expertise des Apothekers ersetzt das Vertrauen in den etablierten Markenartikel.
Fazit
Der Entwicklung der Handelsmarken werden je nach Perspektive unterschiedliche Wachstumschancen eingeräumt. Unbestritten stellen die Handelsmarken in vielen Produktbereichen attraktive Alternativen zum bestehenden Angebot der Markenartikler dar. Es gibt aber kaum Anlass annehmen zu wollen, dass den klassischen Marken der Rang abgelaufen wird. Echte Innovationen, Konzentration auf Kernmarken, stringente Bewerbung der Marken und gut getimte Aktionen, gemeinsam mit dem Handel betriebenes professionelles Category Management und klares Bekenntnis zum und Wahrung des Preisabstands zu den Handelsmarken sind Erfolgsgaranten für den klassischen Markenartikel. Den Verbraucher wird es freuen, der Wettbewerb der beiden Systeme wird die Innovationskraft des Markenartikels und das Preis-Leistungs-Verhältnis der Handelsmarken weiter forcieren. Wem in welchen Produktfeldern die Gunst des Konsumenten zufällt, hängt vom Ideenreichtum und vom Marketing der jeweiligen Markenpolitik ab. Aber war dies je anders? In Apotheken finden sich Eigenmarken mit einem leicht modifizierten Fokus. Denn hier vermag das Image des Apothekers mit seinem Team die Eigenmarke zu veredeln. Wird dies konsequent bespielt, lenkt die Apotheke auf die Eigenmarke und irgendwann dann umgekehrt die Eigenmarke auf die Apotheke. |
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