DAZ aktuell

„Sanfter Preiswettbewerb“ geht nicht

ABDA kritisiert Monopolkommission und 2HM-Gutachten

BERLIN (tmb) | Am 20. September hat die ABDA ihre Stellungnahme zum jüngsten Hauptgutachten der Monopolkommission abgegeben. Sie ist damit einer Aufforderung der Bundesregierung gefolgt. Die ABDA erklärt, dass einheitliche Arzneimittelpreise zum Versorgungssystem gehören und der von der Kommission vorgeschlagene „sanfte Preiswettbewerb“ die erklärten Ziele nicht erreicht. Die ABDA bricht zudem ihr Schweigen zum 2HM-Honorargutachten und kritisiert es scharf.
Foto: ABDA
Chroniker im Fokus Die ABDA fürchtet, dass auf einen „sanften Preiswettbewerb“, wie ihn die Monopolkommission vorschlägt, vor allem Chroniker wie Diabetespatienten reagieren - und zum Versandhandel abwandern.

Am 3. Juli hatte die Monopolkommission ihr Hauptgutachten veröffentlicht und sich darin intensiv mit der Honorierung der Apotheken beschäftigt (siehe DAZ 2018, Nr. 28, S. 56 ff). Wie schon in den Gutachten von 2006 und 2010 hatte die Monopolkommission darin einen „sanften Preiswettbewerb“ gefordert. Dabei solle die GKV-Selbstbeteiligung durch eine Servicepauschale ersetzt werden, die jede Apotheke selbst festsetzt. Außerdem hatte die Monopolkommission den Versandhandel als geeignete Unterstützung für die flächendeckende Versorgung betrachtet. Unmittelbar darauf hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt das Hauptgutachten in einer Pressemitteilung kritisiert.

Ablehnung durch frühere Bundesregierungen

In ihrer differenzierten Stellungnahme erinnert die ABDA nun an ihre frühere Kritik am Modell des „sanften Preiswettbewerbs“ und an die diesbezüglichen Stellungnahmen der damaligen Bundesregierungen. 2007 hatte die Bundesregierung erklärt, die wettbewerblichen und ökonomischen Aspekte könnten nicht gegen die Arzneimittelsicherheit und die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung aufgewogen werden. 2010 hatte sich die Bundesregierung zu einheitlichen Arzneimittelpreisen bekannt und das Sachleistungsprinzip betont, bei dem die Arzneimittel nicht vom Endverbraucher finanziert werden. Die ABDA erklärt nun, die Idee des „sanften Preiswettbewerbs“ leide nach wie vor „an grundsätzlichen Mängeln, die ihre Realisierbarkeit massiv bezweifeln lassen“.

Argumente gegen „sanften Preiswettbewerb“

Die Gleichpreisigkeit sei ein tragendes Element des Versorgungssystems, das nicht ohne Schaden für das System entfernt werden könne. Einheitliche Preise würden Fehlanreize verhindern, die Unabhängigkeit der Beratung sichern und die Steuerung von Patienten durch Kostenträger verhindern. Außerdem seien sie die Grundlage für viele Steuerungselemente der GKV in einem Sachleistungssystem, das nach dem Solidarprinzip organisiert ist.

Die Monopolkommission hatte argumentiert, der „sanfte Preiswettbewerb“ würde die ländliche Versorgung stärken, weil die ländliche Bevölkerung für kürzere Wege höhere Servicepauschalen in Kauf nehme. Doch die ABDA entgegnet, Chroniker würden auf Preissteigerungen reagieren und gerade diese Patienten wären als Existenzgrundlage für die ländlichen Apotheken unverzichtbar. Die ABDA verweist auf die Erfahrung anderer Branchen und verdeutlicht, dass höhere Preise auf dem Land dem Solidarprinzip widersprechen. Außerdem bemängelt sie den „logistisch“ geprägten Blick der Monopolkommission, die auf Pick-up-Stellen und Dispensierautomaten verwiesen hatte, die den Apotheken ebenfalls die Existenzgrundlage entziehen würden.

Ähnliche Sicht beim BAH

(bro). Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hat ebenfalls eine Stellungnahme zum Hauptgutachten der Monopolkommission abgegeben und würdigt darin den einheitlichen Apothekenabgabepreis als eine der „maßgebenden Säulen des deutschen Krankenversicherungssystems“. Schon bei einer teilweisen Lockerung befürchtet der BAH „erhebliche Konsequenzen“ und negative Auswirkungen auf die Apotheken wie geringere Apothekendichte, steigende Konzentration, sinkende Angebotsvielfalt und die Benachteiligung der Landbevölkerung.

Abwägung durch Gesetzgeber

Die ABDA kritisiert auch die grundsätzliche Sicht der Monopolkommission zur Bemessung der Apothekenvergütung. Die Kommission berücksichtige die Sicherstellung der Versorgung allenfalls gleichrangig zum Preisniveau und verkenne damit den Ansatz des Gesetzgebers, „der seine grundrechtlich zwingend vorgegebenen Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung im Arzneimittelgesetz und im Apothekengesetz umgesetzt“ habe. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot sei auf einen Ausgleich von Grundrechtspositionen ausgerichtet. Diese Abwägung habe der Gesetzgeber in den geltenden Gesetzen getroffen. Die von der Monopolkommission vorgeschlagenen Notapotheken und Einschreibemodelle seien ebenfalls nicht geeignet. Letztere seien mit vielen organisatorischen Problemen verbunden und eine Pauschalvergütung übertrage das Mengenrisiko auf die Apotheken.

Kritik am Honorargutachten

Da die Monopolkommission auch auf das Honorargutachten der Agentur 2HM eingegangen war, sah sich die ABDA offenbar veranlasst, ihr Schweigen zum Honorargutachten zu brechen. Sie erklärt dazu: „Schon das fehlende Verständnis dessen, was Apotheken leisten und welche Rahmenbedingungen sie dabei zu beachten haben, macht das 2HM-Gutachten als Grundlage für Handlungsempfehlungen unbrauchbar.“ Daraufhin kritisiert die ABDA den „inkonsistenten Umgang“ der Monopolkommission mit dem 2HM-Gutachten. Die Monopolkommission kritisiere die Berechnungsgrundlagen und Methoden von 2HM, beziehe sich dann aber darauf. Dies schwäche wiederum die Empfehlungen der Monopolkommission. |

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