Arzneimittel und Therapie

Vielseitiges Ketamin

Antidepressive Wirkung über Opioid-Rezeptoren vermittelt

Bislang war unklar, welche Mechanismen dem raschen Wirk­eintritt von Ketamin bei Depressionen zugrunde liegen. Eine neue Studie legt nahe, dass Opioid-Rezeptoren eine entscheidende Rolle spielen.

Ketamin wird neben seiner ursprünglichen Indikation als dissoziatives Anästhetikum auch off-label zur Behandlung therapieresistenter Depressionen eingesetzt. Hier sticht der Wirkstoff durch seinen raschen Wirkeintritt heraus: Während die meisten Antidepressiva eine Latenzzeit von rund zwei Wochen haben, spüren Patienten oft bereits nach ein bis zwei Ketamin-Anwendungen eine Wirkung. Doch wie kommt dieser Effekt zustande?

Ketamin ist ein NMDA-Rezeptor-Antagonist, und es wurde angenommen, dass der akut antidepressive Effekt hierauf beruht. Allerdings konnte bei anderen NMDA-Rezeptor-Antagonisten keine antidepressive Wirkung festgestellt werden. Außerdem legen präklinische Studien nahe, dass die antidepressive Wirkung über Modulation anderer Rezeptoren, wie z. B. des AMPA-Rezeptors vermittelt wird.

Foto: bluedesign – stock.adobe.com
Auf dem Weg zur Zulassung befindet sich ein Esketamin-­Nasenspray zur Behandlung von therapieresistenten Depressionen (s. DAZ 2018, Nr. 29, S. 32).

Da Ketamin auch mit δ-, κ- und μ-Opioid-Rezeptoren interagiert, wurde in einer kleinen Studie untersucht, ob die Wirkung über diese Rezeptoren vermittelt werden könnte. Die Forscher wählten ein Crossover-Design, bei dem Patienten mit therapieresistenten Depressionen vor einer Ketamin-Infusion entweder orales Placebo oder den Opioid-Rezeptor-Blocker Naltrexon erhielten. 28 Tage später wurde den Patienten das entsprechend andere Therapieschema verabreicht.

Zwölf Patienten erhielten beide Infusionen. Es zeigte sich, dass die Naltrexon-Gabe die antidepressive Wirkung des Ketamins signifikant abschwächte: Im Vergleich zu Placebo fiel die Reduktion auf der 17-Item-Hamilton-Skala am ersten Tag nach der Ketamin-Infusion durchschnittlich um 16,7 Punkte geringer aus. Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Therapieschemata blieben bis zum dritten Tag nach Infusion bestehen, waren aber ab dem fünften Tag nicht mehr vorhanden. In Bezug auf die dissoziativen Effekte von Ketamin zeigten sich hingegen keine Unterschiede zwischen den Behandlungen. Da zudem unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit und Erbrechen unter Naltrexon überwogen, wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Dennoch liefert sie wichtige Hinweise auf den Wirkmechanismus von Ketamin bei Depressionen. Um herauszufinden, welcher Opioid-Rezeptor hier die entscheidende Rolle spielt, sind jedoch weitere spezifischere Studien notwendig. |

Quelle

Williams NR. Attenuation of Antidepressant Effects of Ketamine by Opioid Receptor Antagonism. Am J Psychiatry 2018; doi:10.1176/appi.ajp.2018.18020138

Apothekerin Sarah Katzemich

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