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Beratung

Wo drückt der Schuh?

Fußdeformationen verhindern und behandeln

Der Fuß ist einer der komplexesten Körperteile des Menschen. Das perfekte Zusammenspiel aus Knochen, Muskeln, Sehnen, Bändern und Bindegewebe sorgt für ein sicheres Stehen und für einen aufrechten Gang. Erst bei Zehenfehlstellungen wie einem Hallux valgus, Hallux rigidus oder bei Hammer- und Krallenzehen fällt auf, welche wichtigen Funktionen die nur rund 20 cm2 große Auflagefläche des Fußes erfüllt. Viele Menschen tragen zu enge, schlecht sitzende Schuhe und bekommen dann nicht nur ein optisches Problem, sondern leidvolle Beschwerden. Doch welche anderen Faktoren spielen eine Rolle? Lassen sich Fußveränderungen konservativ oder nur operativ therapieren? Und welche Versorgungsmöglichkeiten gibt es aus der Apotheke? | Von Ines Winterhagen

Hallux valgus – die schmerzhafte Ballenzehe

Der Hallux valgus stellt mit einer Prävalenz von etwa 23 bis 35 Prozent im Erwachsenenalter die häufigste Vorfußdeformität dar, von der wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind. Generell sind die Beschwerden nicht abhängig vom Ausmaß der Fehlstellung: Bereits kleine Hallux-valgus-Abweichungen können bei manchem Patienten sehr schmerzhaft sein. Charakteristisch für die sogenannte „Ballenzehe“ ist eine Fehlstellung des ersten Zehenstrahls mit Verbreiterung des Vorfußes. Die große Zehe zeigt zum Fußaußenrand in Richtung der kleinen Zehen (siehe Abbildung). Anfangs kann die Großzehe noch mit eigener Muskelkraft gerade gerückt werden, bei dauerndem Druck auf den Zeh entwickelt sich jedoch eine permanente Schieflage. Man spricht dann von einem kontrakten Hallux valgus. Auch die Sehne an der Großzehe wird verlagert. Sie verläuft nicht mehr parallel zur Großzehe, sondern zieht das Gelenk nach außen, was die Fehlstellung noch verstärkt. Der Zeh sitzt dadurch nicht mehr richtig in seinem Gelenk. Zudem ist der erste Mittelfußknochen zur Körpermitte hin abgespreizt. Durch die Vorwölbung kommt es bei fortgeschrittenem Hallux valgus zu schmerzhaften Entzündungen des hervorstehenden Zehenballens, der beim Gehen am Schuh reibt. Die im Ballenbereich auftretende Schwellung, auch bezeichnet als Pseudoexostose, kann in normalem Schuhwerk sehr störend sein. Viele Patienten weichen daher auf größere Schuhe aus, um die Reibung zu vermindern.

Abb. 1: Bei einem Hallux valgus geben der Hallux-valgus(HV)-Winkel und der intermetatarsale Winkel (IM-­Winkel) Auskunft über den Ausprägungsgrad der Deformität.

Weiterhin bewirkt ein Hallux valgus, dass die kleinen Sesambeine – frei an Sehnen aufgehängte paarige Knochen rechts und links der Großzehe – nicht mehr wie beim gesunden Zeh symmetrisch über dem Großzehenstrahl liegen. Die Großzehe knickt im Grundgelenk ein und erfüllt nicht ihre übliche Trageleistung beim Gehen. Dadurch kommt es oft zu einer Überlastung und nachfolgend zu Schmerzen in den Zehenstrahlen der Kleinzehen (Transfermetatarsalgie). Zusätzlich führt die Fehlstellung der großen Zehe dazu, dass die kleinen Zehen nicht mehr genug Platz haben. Sie weichen dann meist nach oben aus, was Druck gegen den Schuh und gegen die benachbarten Zehen verursacht und weitere Zehenfehlbildungen hervorruft. Zu diesen zählt die Krallenzehe (Digitus flexus) mit einer Beugung im Mittelgelenk bei einer Überstreckung im Grundgelenk. Betroffene klagen oft über Brennen und Stechen unter dem Fußballen beim Gehen. Bei der Hammerzehe (Digitus malleus) kommt es hingegen zu einer isolierten maximalen Beugung des Zehenendgelenks. An den gebeugten Flächen entstehen schmerzhafte Druckstellen, Hühneraugen und Schwielen.

Ein häufiges Frauenproblem?

Multifaktorielle Gründe spielen eine Rolle für die Entstehung eines Hallux valgus. Der einflussreichste ätiologische Faktor ist die familiäre Disposition. Aufgrund einer konstitutionellen Bänderschwäche können aber auch koinzidente Fußdeformitäten wie ein Spreizfuß mit dauerhaft eingesunkenem Quergewölbe als Auslöser angesehen werden. Durch die Belastung in der Schwangerschaft sind vorwiegend Frauen betroffen. Diese zeigen zudem Beschwerden, weil sie häufig falsche Schuhe tragen. So erhöhen Absätze über vier Zentimeter das Gewicht auf dem Vorfuß und belasten dadurch die Sehnen und Grundgelenke der Zehen. High Heels fördern die Bildung von Spreizfüßen und Krallenzehen, weil das Quergewölbe durch den Druck auseinandergeschoben und parallel dazu auch noch die Großzehe nach außen gedrängt wird, was eine Spreizung des Grundgelenks hervorruft. Spitz zulaufende, enge Schuhe bewirken eine Verkümmerung des Bindegewebes und der intrinsischen Muskeln, die das vordere Fußgewölbe stützen. Zu kleine oder schlecht passende Schuhe verschlechtern zusätzlich Fehlstellungen und Deformitäten des Fußes. Darüber hinaus führen muskuläre Dysfunktionen und neuropathische Grunderkrankungen zur Fehlstellung der Großzehe, ebenso posttraumatische Zustände oder arthrotische Gelenksveränderungen.

Typisches Aussehen ermöglicht schnelle Diagnose

Diagnostisch stellt die Inspektion des Fußes einen wesent-lichen Bestandteil der Untersuchung dar. Bei der Blick­dia-gnose fällt außer der sichtbaren Einwärtsdrehung der großen Zehe (Valgus-Stellung) in aller Regel ein verbreiterter, also aufgespreizter Mittelfuß auf, der zusätzlich zum Hervorstehen des Ballens in Richtung Körpermitte beiträgt. Augenscheinlich sind auch gerötete und entzündete Hautveränderungen über der Pseudoexostose sowie die Hornhautbildung unter den Mittelfußknochen beziehungsweise den Zehen. Diese „Beschwielung“ zeigt eine langfristige Änderung der Druckverhältnisse beim Abrollen des Fußes an und weist in einem fortgeschrittenen Stadium auf eine Transfermetatarsalgie hin.

Bei der Untersuchung wird mitunter geklärt, ob sich die Deformität manuell korrigieren lässt und ob die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenkes schmerzhaft eingeschränkt ist, was auf eine Arthrose hindeutet. Zudem ist die Überprüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität des Fußes obligat. Darüber hinaus sollten Überlastungsprobleme oder Fehlstellungen der Nachbarstrahlen wie Krallen- oder Hammerzehen erfasst und gegebenenfalls behandelt werden. Abschließend sind verwendete Hilfsmittel (Einlagen, Schuhzurichtungen, orthopädisches Maßschuhwerk) hinsichtlich ihres therapeu­tischen Nutzens zu beurteilen.

Neben der Inspektion und Palpation des Fußes erfolgt eine apparative Diagnostik des Hallux valgus mittels Röntgen – und zwar unter Belastung im Stand. Nur die Belastungsaufnahme ermöglicht die korrekte Bestimmung der beiden spezifischen Winkel, welche die therapeutische Behandlung beeinflussen. Der intermetatarsale Winkel I / II stellt den Eröffnungswinkel zwischen dem Mittelfuß-I- und Mittelfuß-II-Knochen dar. Der Hallux-valgus-Winkel wird zwischen dem Grundglied DI und dem Mittelfuß-I-Knochen gebildet. Auf diesen ermittelten Winkelwerten basiert die Einteilung des Hallux valgus in drei Schweregrade: mild, moderat und schwer (siehe Tabelle 1). Hiernach liegt ein Ballenzehen vor, wenn der Winkel am Großzehengrundgelenk am Fußinnenrand mehr als 20° beträgt.

Über die gemessenen Winkel hinaus müssen auch allge­meine Anamnesekriterien wie Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen, Fußpilz sowie neurogene oder rheumatische Erkrankungen bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden. So ist eine Operation bei einer arteriellen Verschlusskrankheit ausdrücklich kontraindiziert.

Tab. 1: Schweregrade des Hallux valgus gemessen am intermetatarsalen Winkel I / II (IM-I / II-Winkel) und Hallux-valgus-Winkel (HV-Winkel)
Schweregrad
IM-I / II-Winkel
HV-Winkel
mild
11 bis 15°
21 bis 30°
moderat
16 bis 20°
31 bis 40°
schwer
> 20°
> 40°

Stufenschema zum therapeutischen Vorgehen

Die Behandlungsstrategie hängt von den individuell vorliegenden Umständen der Erkrankung ab, dem jeweiligen Stadium des Hallux valgus sowie vom Leidensdruck des Patienten, vom Alter und einer eventuell bestehenden Arthrose im Großzehengrundgelenk. Die Therapie zielt dabei ab auf eine Schmerzreduktion, eine Korrektur der Fehlstellung und einen Funktionsgewinn der Großzehe. Die konservative Behandlung umfasst in der ambulanten ersten Stufe die Beratung über eine Anpassung der Belastung, über geeignete Sportmöglichkeiten und eine optimale Schuhversorgung mit weichem Oberleder sowie genügend Raum für die Zehen. In leichten Hallux-valgus-Fällen sollte eine Druckentlastung des Großzehenballens im Vordergrund der Therapie stehen. Dazu tragen häufiges Barfußlaufen und die Auswahl von offenen oder geweiteten Schuhen bei. Lokal können entzündungshemmende Salben zum Einsatz kommen, systemisch nichtsteroidale Antiphlogistika. Auch Krankengymnastik und manuelle therapeutische Maßnahmen können durch­geführt werden.

Belastungsschmerzen wie eine Metatarsalgie lassen sich im Rahmen der symptomatischen Behandlung gut durch Einlagen mit eingearbeiteter Pelotte behandeln. Dieses Polster im Vorfußbereich hebt das Fuß-Quergewölbe passiv an und reduziert den Druck unter den Mittelfußköpfchen II bis IV. Eine spezielle orthopädische Schuhzurichtung, die Ballenrolle unter dem Schuh, erleichtert die Abrollbewegung des Fußes und entlastet somit bei schmerzhafter Arthrose das bewegungseingeschränkte Großzehengrundgelenk. Beschwerden an den kleinen Zehen kann mit Polstern und Zehenrichtern entgegengewirkt werden (z. B. PediSoft®Zehenspreizer, Zehenseparator, Ballen- oder Kleinzehenschutz, Vorfußeinlage, PediSoft® TexLine Hammerzeh-Korrektur-Pad, Scholl Professional Zehen Schutzhaube klein, Gehwol Hammerzehen Polster). Allerdings ist die Grenze zur Operation regelmäßig dann erreicht, wenn sich Hammer- oder Krallenzehen gebildet haben.

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Eine Hallux-valgus-Schiene korrigiert die Zehenfehl­stellung, schützt und entlastet den schmerzenden Ballen­bereich und unterstützt den gesamten Fuß beim Abrollen.

Die Stellung der großen Zehe lässt sich ohne Operation allenfalls beim wachsenden Skelett mit Orthesen (siehe Tabelle 2) dauerhaft verbessern. In dieser Zeit können Nachtschienen verordnet werden. Eine permanente Korrektur der knöchernen Deformität ist jedoch nach Abschluss des Wachstums nicht mehr möglich. Daher empfiehlt auch die S2e-Leitlinie in der Stufe 2 der ambulanten bzw. stationären Maßnahmen beim Vorliegen eines symptomatischen Hallux valgus die operative Therapie, wenn Beschwerden durch einen einfachen Wechsel des Schuhwerks oder durch andere konserva­tive Behandlungen nicht zu beheben sind. Entscheidend für den Erfolg ist die richtige Auswahl der Operationstechnik, die sich nach der jeweils vorliegenden Fehlstellung richtet. Den einzelnen Verfahren liegen unterschiedliche Prinzipien zugrunde, wie die gelenkerhaltende Korrekturosteotomie oder die gelenkresezierende Versteifung beziehungsweise Resektionsarthroplastik. Da kontrollierte Studien keine hinreichend großen Fallzahlen und einen zu geringen Nachbeobachtungszeitraum aufweisen, gestaltet sich ein Vergleich der verschiedenen Operationsmethoden schwierig.

Tab. 2: Produktübersicht verfügbarer Bandagen, Orthesen und Verbandschuhe (Beispiele)
Produktname (Hersteller)
Eigenschaften
Größe/Farbe
PediSoft® TexLine Hallux-Pad (Bort Medical GmbH, www.bort.com)
Textilbezug, maschinenwaschbar bei 30 °C
small bis Schuhgröße 40, large ab Schuhgröße 41
Farbe: haut
Valco® Soft Hallux valgus-Schiene
(Bort Medical GmbH, www.bort.com)
textile Orthese zur korrigierenden oder postoperativen Stabilisierung der Großzehe;
seitliche Verstärkungsschiene und plantare Spreizfuß-Pelotte;
individuelle Einstellmöglichkeiten
small, medium, large; richtet sich nach Umfang in cm um Vorfuß hinter dem Ballen
Farbe: schwarz
Stück: rechts oder links
Valco® Hallux valgus-Schiene
(Bort Medical GmbH, www.bort.com)
Orthese zur physiologischen Korrektur des Großzehengrundgelenks; zwei verstellbare Verschlussbänder; Kaschierung der Schienen­innenseite mit Schaumstoff
small, medium, large; abhängig von der Schuhgröße
Farbe: weiß/blau
Stück: rechts oder links
Dynamics Hallux valgus Nachtschiene
(Ofa Bamberg GmbH, www.ofa.de)
zur korrigierenden oder postoperativen Stabilisierung der Großzehe;
individuell einstellbarer Hebelmechanismus
small, medium, large; abhängig von der Schuhgröße
Farbe: haut/blau
Stück: rechts oder links
Dynamics Hallux valgus Bandage
(Ofa Bamberg GmbH, www.ofa.de)
Bandage mit entnehmbarer Spreizfußpelotte, unterstützt das Fußquergewölbe;
leichte Kompression entlastet den Mittelfuß
Fußumfang vor dem Grundgelenk der kleinen und der großen Zehe messen; Größe entspricht dem Fußumfang in Zentimetern.
Farbe: haut
Stück: rechts oder links
TAS® (Toe Alignment Splint) Hallux Valgus Zehenschiene
(Darco (Europe) GmbH, www.darco.de)
Fixierung und Ausrichtung der operierten und korrigierten Zehen; weiches Material, Verzicht auf starre Kunststoffelemente; Sandalenverband um den Rückfuß verhindert ein Abgleiten der Schiene; bei 30 °C waschbar
Einheitsgröße, einstellbar auf alle Fußgrößen, beidseitig tragbar
Farbe: weiß
Hallufix® Hallux valgus Schiene
(Hallufix AG, www.hallufix.com)
Orthese zur Korrektur bei leichtem bis mittlerem, noch korrigierbarem Hallux valgus sowie nach Hallux valgus-Operationen; atmungs­aktives Material, flexibles Schienengelenk, Gel­kissen kühlt und schützt den gereizten Ballen; Handwäsche bis 30 °C (ohne Gel-Seitenkissen)
Einheitsgröße, rechts und links tragbar
Farbe: weiß
Compressana Tape Sox Typ Hallus valgus
(Compressana GmbH, www.compressana.de)
Korrektursocken mit eingearbeiteten gerichteten Zügen (Tapes), die den Großzeh in seiner ursprünglichen Achse stabilisieren; maschinenwaschbar bei 60 °C
sieben verschiedene Größen, abhängig von der Schuhgröße; drei verschiedene Korrekturstärken (leicht, mittel, stark)
Farben: schwarz, weiß und blau
Compressana Tape Correction Loops
(Compressana GmbH, www.compressana.de)
nicht haftende, hautfreundliche Tape-Schlaufen, die auf Stoff aufgebracht sind, um Fußfehlstellungen zu korrigieren; können barfuß oder unter Socken oder Strümpfen getragen werden
acht verschiedene Größen, abhängig von der Schuhgröße;
Farben: ocean, makeup und diamant
Bort Metatarsal-Bandage mit Pelotte
(Bort Medical GmbH, www.bort.com)
elastische Spreizfußbandage mit entnehmbarer Pelotte;
Unterstützung und Aufrichtung des Quergewölbes des Mittelfußknochens
in sechs Größen; richtet sich nach
Umfang in cm um Vorfuß hinter dem Ballen;
Farbe: haut
Lieferung paarweise
Bort Hallux valgus- / Verbandschuh
(Bort Medical GmbH, www.bort.com)
extrem weicher Vorfuß;
physiologisch gewölbte Abrollsohle; Vorfußentlastung durch Negativ-Absatz;
vollständig aufklappbar
sechs verschiedene Größen; abhängig von der Schuhgröße
Farbe: rohweiß
Stück: rechts oder links
Dynamics Hallux valgus-Schuh
(Ofa Bamberg GmbH, www.ofa.de)
speziell abgerundete und versteifte Sohle erleichtert das Abrollen des Fußes; weich gepolstertes Fußbett im vorderen Bereich
Schuhgröße 35 bis 48
Farbe: weiß oder schwarz
Stück: rechts oder links

Unterschiedliche Operationsmethoden

Die gelenkerhaltende operative Therapie umfasst sowohl die Korrektur der Großzehenrichtung als auch der periartikulären Weichteile, also Gelenkkapseln, Muskeln und Sehnen. Im Rahmen der Osteotomie wird der Knochen über einen kleinen Hautschnitt auf der Innenseite des Großzehengrundgelenks durchtrennt, um die Zehe in eine normale Position zu überführen. Die Einheilung der Knochenfragmente erfolgt meist mithilfe von kleinen Metallschienen und Schrauben, die den Knochen in der neuen Position fixieren. Nach der Fixation wird die Pseudoexostose abgetragen und die Gelenkkapsel so gerafft, dass die große Zehe zum Abschluss der Operation sachgerecht steht. Auch eine Kürzung oder Verlängerung der Sehne kann angebracht sein, damit die sehnenführenden Sesambeinchen wieder zentriert rechts und links vom Großzehenknochen liegen und die Sehnen wieder einen Zug entlang des Zehenstrahls ausüben.

Hallux rigidus – Versteifung der Großzehe

Hallux rigidus ist eine Arthrose des Großzehengrundgelenks, die mit einem schmerzhaften Bewegungsverlust einhergeht, die Abrollbewegung erschwert und im fortgeschrittenen Stadium das Gehen längerer Strecken unmöglich macht. Diese abnutzungsbedingte Veränderung kann bis zur vollständigen Gelenkeinsteifung führen. Häufig treten dabei Schwellungen und Rötungen des Gelenks auf. Zu den begleitenden Symptomen zählen zunehmende Platzprobleme im Schuh, Verschlimmerung bei kalter Witterung sowie Folgebeschwerden am Knie- und Hüftgelenk durch die Fehlbelastung. Als mögliche Ursachen kommen erbliche Faktoren, Mikrotraumata des Gelenks durch Gewalteinwirkung, kräftiges Anstoßen oder Bruch und Fehl- bzw. Überbelastungen wie bei Fußballspielern oder Balletttänzern infrage. Ebenso sind Schuhe mit hohen Absätzen prädisponierend. Häufig treten auch Sekundärarthrosen bei Gicht auf. Die Diagnose erfolgt über die Patientenanamnese. Außerdem kann im Röntgenbild meist eine Veränderung des Gelenkspaltes oder der Mittelfußkopfform festgestellt werden.

Im fortgeschrittenen Stadium hilft oft nur eine Operation

Grundsätzliches Ziel der Behandlung des Hallux rigidus ist es, ein Fortschreiten der Großzehengrundgelenksarthrose zu verhindern, um ein schmerzfreies Laufen zu ermöglichen. Generell ist auf Schuhwerk mit weichem Material zu achten, das nicht auf die knöchernen Anbauten drückt. Ansonsten beginnt die Therapie je nach Ausprägungsgrad und Stadium mit konservativen Maßnahmen wie beispielsweise spezieller Einlagenversorgung und Schuhzurichtung (Schuhe mit eingearbeiteter Sohlenversteifung, Abrollhilfe), Zugbehandlung im Rahmen der Physiotherapie, entzündungshemmenden Medikamenten oder Injektionsbehandlungen, z. B. mit intraartikulär injizierter Hyaluronsäure.

Reichen konservative Maßnahmen nicht aus oder ist die Arthrose zu weit fortgeschritten, kommen unterschiedliche chirurgische Verfahren zum Einsatz. Die operative Behandlung lässt sich in zwei Methoden unterteilen:

  • Gelenkerhaltende Therapien mit dem Ziel, die Gelenkbeweglichkeit im Großzehengrundgelenk sowie die Schmerzsymptomatik zu verbessern. Sie eignen sich besonders bei leichteren Formen, also in frühen Arthrosestadien. Bei der Cheilektomie, einer operativen Stellungsänderung des Mittelfußköpfchens, werden Knochenauswüchse, Schleimhautverdickungen und geschädigte Knorpelstücke aus dem Großzehengrundgelenk entfernt.
  • Nicht gelenkerhaltende Verfahren. Hierzu zählen die Großzehengelenk-Versteifung (Arthrodese), die Resek­tionsarthroplastik sowie die Großzehengrundgelenks­prothese.

Patienten mit Hallux rigidus sind in der Regel älter. Ab einem Alter von 65 Jahren weisen viele Patienten beim Hallux valgus bereits degenerative Veränderungen auf. Hier sind rekonstruktive Verfahren nicht mehr sinnvoll, weil sich die Gelenkbeweglichkeit meist nicht ausreichend erholt und häufig Schmerzen verbleiben. Bei körperlich inaktiven Patienten greift man daher vorzugsweise auf die Resektionsarthroplastik mit Entfernung der Basis des Grundglieds der großen Zehe zurück. Nachteilig ist hierbei der fast vollständige Funktionsverlust der Großzehe, die nicht mehr ausreichend beim Abrollen auf den Boden drückt. Häufige Folge ist dann eine Transfermetatarsalgie, also Schmerzen unter den mittleren Mittelfußköpfen. Eine operative Versteifung kann bei fortgeschrittener Arthrose den Belastungsschmerz reduzieren. Sie ist nach wie vor der Goldstandard bei körperlich sehr aktiven Patienten und bei stark ausgeprägten Deformitäten. Ein Vorteil ist die endgültige Positionierung der großen Zehe. Kontrovers diskutiert wird hingegen, ob die versteifte Großzehe als fester Hebel beim Abrollen auf den Boden kommt und die kleinen Mittelfußköpfe entlastet oder aber benachbarte Gelenke mehr arbeiten müssen mit der Gefahr von Anschlussarthrosen. Alternativ zur Gelenkversteifung kann eine Endoprothese am Großzehengrundgelenk eingesetzt werden mit dem Vorteil, die Beweglichkeit zu erhalten und einen schmerzfreien, fast vollständigen Bewegungsumfang wiederherzustellen. Nachteilig kann sich hingegen eine Lockerung des Prothesenmaterials durch zu starke mechanische Belastung auswirken.

Plädoyer für Barfußgehen

Nicht das Tragen von Schuhen ist natürlich, sondern das Barfußgehen. Werden unsere Füße permanent in Schuhen eingeengt, können sie die von der Natur vorgesehenen Aufgaben nur noch sehr eingeschränkt erfüllen. Schritt für Schritt schädigen wir damit unsere Füße und nachfolgend auch andere Körperbereiche. In einer

Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in München wurde festgestellt, dass eine Änderung der Fußkontaktfläche positive Auswirkungen auf die Haltungseigenschaften hat. Durch die Entspannung der Füße in größeren Schuhen und eine Gewichtsverteilung auf eine breitere Kontaktfläche ergab sich automatisch eine bessere Haltung beim Gehen. Seitliche Bewegungen des Beckens wurden minimiert, die dort sonst zu Veränderungen und Verschleißerscheinungen führten. Je mehr Raum die Zehen hatten, um sich gerade auszurichten, desto besser war auch der Verlauf der Beinachse und somit die Entlastung des Knies und der Hüfte. Carsten Stark, in Fachkreisen bekannt für sein Spezialwissen zum Thema natürliche Fußgesundheit, geht in seinem Buche „Füße gut, alles gut“ auf verschiedene Fußmaßnahmen abseits der Standards ein, wie z. B. Fußtraining in einer Steinwanne, weiterhin auf richtige Bewegungsmuster und adäquates Schuhwerk. Darüber hinaus setzt er sich kritisch mit der Einlagenversorgung, orthopädisch in den Schuh eingearbeiteten Auslassungen oder Abrollhilfen und Medizinprodukten wie Zehenspreizern auseinander.

Nachbehandlung dauert mehrere Wochen

Die postoperative Therapie orientiert sich am durchgeführten operativen Verfahren. Je nach Methode ist bis zur gesicherten Wundheilung eine Hochlagerung für zwei Wochen, Kühlung und entzündungshemmende Behandlung mit NSAR zu empfehlen. In Abhängigkeit von der erreichten Stabilität kann eine Voll- oder Teilbelastung im Verbandschuh, einer Art Halbschuh mit flacher und steifer Sohle, oder mit Orthese bzw. Gipsschuh erfolgen. Rekonstruktive Eingriffe müssen bis sechs Wochen nach der Operation mit ausrichtenden und fixierenden Verbänden gesichert werden, bis die Weichteile in der gewünschten Position verheilen. Nach acht bis zwölf Wochen sind die Patienten in der Regel wieder uneingeschränkt gehfähig. In der Frühphase ist die Gelenkbeweglichkeit durch intensivierte Physiotherapie und Eigentraining zu verbessern. Eingebrachte Knochenimplantate können nach sechs bis neun Monaten entfernt, bei beschwerdefreien Patienten aber durchaus auch belassen werden.

Richtige Handhabung und Reinigung der Bandagen

Je nach Ausstattung können Orthesen entweder nur tagsüber oder aber auch zusätzlich nachts getragen werden. Einige Schienen lassen sich in bequemen Schuhen mit weitem Vorfußbereich und breitem Einstieg tragen, wobei darauf zu achten ist, dass die Korrekturwirkung der Schiene erhalten bleibt. Bandagen mit Pelotte sind direkt hinter den Köpfchen der Mittelfußknochen zu positionieren. Vor dem Waschen sollte die Pelotte aus ihrer Tasche entfernt werden. Die meisten Hallux-valgus-Schienen und Bandagen sind bei maximal 30 °C von Hand mit Feinwaschmittel ohne Weichmacher (z. B. Ofa Clean Spezialwaschmittel) waschbar. Nach dem Ausspülen werden die Bandagen vorsichtig ausgedrückt, ohne sie zu wringen. Das Trocknen erfolgt an der Luft, nicht im Trockner oder auf der Heizung. Es ist unbedingt darauf zu achten, im Anwendungsbereich der Korrekturhilfen keine fett- oder säurehaltigen Mittel, Salben oder Lotionen auf die Haut aufzutragen, damit das Material nicht angegriffen wird. |

Quellen

Coughlin MJ, Jones, CP. Hallux valgus: demographics, etiology, and radiographic assessment, American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 2007;28(7):759-77

Deenik AR, de Visser E, Louwerens J, de Waal Malefijt M, Draijer FF, de Bie RA. Hallux valgus angle as main predictor for correction of hallux valgus, BMC musculoskeletal disorders 2008;9:70

Menz HB, Morris ME. Footwear characteristics and foot problems in older people, Gerontology 2005;51(5):346-351

Stark, C. Füße gut, alles gut. Südwest Verlag 2014 und www.meinefuesse.de

S2e-Leitlinie Hallux valgus, AWMF-Register Nr. 033/018, Stand 01/2015

Waizy H. Die aktuelle S2e-Leitlinie zum Hallux valgus, Bayerisches Ärzteblatt 12/2015, S. 656-660

Wülker N, Mittag F. The treatment of hallux valgus, Dtsch Arztebl Int 2012; 109(49): 857−68

https://gelenk-doktor.de

Produktinformationen der Hersteller

Autorin

Ines Winterhagen, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde; Autorin für die DAZ und den Deutschen Apotheker Verlag; Referentin und Mitglied im Aus- und Weiterbildungsausschuss der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg

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