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Rx-Versandverbot

Wohin führen Alternativen?

Bereits diskutierte Möglichkeiten, den Versandhandelskonflikt zu lösen

eda, bro, ks, tmb | Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016 zur deutschen Arzneimittelpreisbindung stellte sich die Frage: Wie können die Präsenzapotheken vor einem ruinösen Preiswettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz geschützt werden? Das Rx-Versandverbot muss her, lautete die klare Antwort der Apothekerschaft, die auch in der Union, allen voran vom damaligen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, und der Fraktion Die Linke für richtig befunden wurde.

Noch am Tag des Urteils war es der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich, der sich als erster Politiker traute, das Verbot zu fordern. Im Bundesgesundheitsministerium fanden zwei kurze Treffen mit der ABDA-Spitze statt, und schon wenige Wochen später legte Minister Gröhe einen Gesetzentwurf vor, der genau dieses Verbot einführen wollte.

Bekanntlich biss er sich mit diesem Vorhaben jedoch monatelang die Zähne am Koalitionspartner, der Bundes-SPD, aus. Für die Sozialdemokraten sollte das Rx-Versandverbot bestenfalls dann kommen, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht funktionieren. In den Bundesländern sah man das anders: Schnell stellte sich beispielsweise die NRW-SPD auf die Seite der Apotheker, auch Niedersachsens damalige SPD-Gesundheitsministerin Cornelia Rundt wollte den Rx-Versand verbieten. Noch viel intensiver waren die Bemühungen Bayerns in dieser Richtung: Der Freistaat brachte einen Antrag zum Rx-Versandverbot in die Länderkammer ein. Dieser wurde dann auch beschlossen, fand aber – wegen der oben beschriebenen Widerstände der Bundes-SPD – nie eine Mehrheit im Bundestag.

Rechtliche Bedenken und keine Einigung

Die Alternativen der SPD: Ein Beratungshonorar für Apotheker und ein auf zwei Jahre beschränktes im Sozialrecht verankertes Rx-Boni-Verbot, weil man wusste, dass eine Neuregelung der Honorierung länger dauern könnte. Das wiederum fand keinen Anklang in der Union. Gröhes Referentenentwurf enthielt zwar neben dem Verbot Neuregelungen zum Botendienst und wurde nach einer ersten Kritik der anderen Ministerien einmal nachgebessert, er schaffte es aber nicht einmal ins Stadium eines Kabinettsentwurfs. Nicht nur die SPD-geführten Bundesministerien für Wirtschaft und Justiz stellten sich quer – auch das Finanzministerium, in dem seinerzeit der heutige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Staatssekretär war, meldete Bedenken an. Verfassungs- und europarechtliche Hindernisse wurden angeführt, die Gefahr einer Staatshaftung beschworen. Auch wenn es ebenso Expertenstimmen gab, die diese Probleme verneinten, wagte die Große Koalition letztlich nicht einmal den Versuch, Gröhes Gesetzentwurf weiterzuverfolgen.

Es wurde ein Politikum

Nur die Linken im Bundestag machten sich stark für das Rx-Versandverbot – doch für die Union kam eine Verbündung mit der Linksfraktion in diesem Punkt nicht infrage. Erschwerend kam hinzu, dass die Legislaturperiode ihrem Ende zuging. Es wurde argumentiert, dass ein Notifizierungsverfahren vor der EU-Kommission nötig und das Gesetz gar nicht mehr rechtzeitig vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017 umsetzbar wäre. Das Rx-Versandverbot wurde zum Thema im Koalitionsausschuss – doch bis zum Schluss fanden Union und SPD keine gemeinsame Linie. Die ABDA hingegen hielt eisern Kurs. Sie blieb dabei: Eine bessere Lösung als das Rx-Versandverbot gibt es nicht.

Es folgten der Wahlkampf und die Wahlen und eine anschließende zähe Regierungsbildung. In den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD schaffte es schließlich das Rx-Versandverbot, verbunden mit der Formulierung, man wolle sich dafür „einsetzen“.

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Auf der Suche nach Plan B, C oder D?

Dann wurde Jens Spahn neuer Bundesgesundheitsminister. Und heute lässt sich festhalten: Mehr als „einsetzen“ hat Spahn in dieser Angelegenheit auch nicht unternommen. Dem Minister ist wohl bewusst, was im Koalitionsvertrag steht – doch offensichtlich ist er doch mehr auf der Suche nach einem alternativen Weg. Lange umging Spahn das Thema gänzlich. Bis zum Apothekertag vor wenigen Wochen in München versprach Spahn mehrfach Klarheit, von einer Lösung war die Rede. Doch die brachte der Minister nicht mit.

Und so sind es mittlerweile zwei Jahre, die die Apotheker in Deutschland mit der immer schärferen Konkurrenz aus dem Ausland leben müssen. Und in dieser Zeit stand der Markt nicht still: Die Zahl der Apotheken geht beständig zurück. Gleichzeitig haben die beiden großen EU-Versender einen Eroberungszug gestartet: Sowohl die Shop Apotheke als auch DocMorris wachsen und expandieren seit zwei Jahren unkontrolliert.

Seit Wochen verhandelt die ABDA nun mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) darüber, wie man den Apothekenmarkt der Zukunft gestalten könnte. In den Gesprächen geht es einerseits um die nach wie vor ungelöste Frage, wie man die Situation nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung auflösen kann, sodass Apotheken gegenüber EU-Versendern nicht länger benachteiligt werden. Andererseits zeigt sich, dass aber auch das Apothekenhonorar immer weiter in den Mittelpunkt rückt.

In diesen Tagen steht zwischen der ABDA und dem BMG ein weiteres Treffen an. Ob das BMG dann schon ein Vorgehen kommuniziert, ist völlig unklar. Ganz egal, welchen Plan das BMG für den Apothekenmarkt hat – ob es nun doch das Rx-Versandverbot gibt oder eine Paketlösung mit mehreren Ausgleichsmaßnahmen: Die ABDA will sich am 5. Dezember bei ihrer Mitgliederversammlung nochmals in größerer Runde treffen, um über die Pläne der Politik zu beraten. |

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