Management

Stehen ohne Ermüdung

Wie Sie Gelenke und Rücken schonen können

In der Apotheke wird vielfach im Stehen gearbeitet. Das hat zahlreiche Vorteile: Man verbrennt mehr Kalorien als im Sitzen, trainiert die Muskeln und fördert die Durchblutung. Arbeitspsychologen behaupten, dass die Kommunikation und Beratung mit Kunden im Stehen besser klappt als im Sitzen, z. B. am Telefon. Wer steht, strahlt mehr Selbstbewusstsein aus und wirkt dynamischer. Doch die Kehrseite der Medaille ist, dass stehende Arbeit anstrengend ist und sich auch negativ auswirken kann.

Hals- und Lendenwirbelsäule, in denen eine natürliche Krümmung vorhanden ist, werden beim län­geren Stehen in gleicher Haltung stark belastet. Eine einseitige Haltung führt auf Dauer zu Kreuzschmerzen. Auch die Haltung des Kopfes und der Schultern beeinflusst das Stehen. Wer unbewusst den Kopf leicht nach rechts neigt, belastet auch das rechte Bein stärker. Die Schultern werden im Stehen oft unmerklich etwas nach oben gezogen, eine Verspannung der Nackenmuskeln ist die Folge. Durch Verschleiß oder wiederholte Fehlhaltung besteht die Gefahr von Schmerzen, die möglicher­weise einen Arztbesuch zur Folge haben.

Ja
Nein
1. Wechseln Sie Spiel- und Standbein?
2. Achten Sie auf dynamisches Stehen?
3. Stimmt die Kopfhaltung?
4. Nehmen Sie eine bewusste Haltung beim Stehen ein?
5. Achten Sie auch auf die Haltung der Schultern?
6. Konzentrieren Sie sich im Stehen auf Ihre Körperhaltung?
Haben Sie 6 Mal „Ja“ angekreuzt? Super!

Größere Personen haben auto­matisch eine leichte Neigung des Oberkörpers nach vorne. Diese Haltung belastet den unteren Lendenwirbelbereich, die Schmerzen kommen nicht sofort, und wenn sie später auftreten, geht es oft nicht ohne ärztliche Behandlung. Zunächst muss man sich auf die Körperhaltung konzentrieren, nach einer Eingewöhnungsphase wird die richtige Haltung auto­matisch angewendet und dadurch werden Ermüdung und Unwohlsein vermieden. Eine bewusst gerade Haltung des Oberkörpers bei stehender Arbeit ist ideal.

Dynamisch stehen

Von „dynamischem Stehen“ spricht man, wenn man durch den gelegentlichen Wechsel von Stand- und Spielbein seine Haltung verändert. Dies hat sich besonders bewährt, man sollte damit nicht erst be­ginnen, wenn es zu Ermüdungs­erscheinungen oder Schmerzen kommt. Zwischendurch kann man für einige Sekunden beim Spielbein die Ferse und dann wieder die Fußspitze leicht anheben. Das reduziert die Ermüdung der Beine, die unterschiedlichen Bänder, Gelenke und Muskeln erfahren eine wechselseitige Belastung und Entlastung, die als angenehm empfunden wird. Idealerweise stehen die Beine etwa hüftbreit auseinander, die Fußspitzen sind nach vorne gerichtet. Eine andere Möglichkeit ist, das eine Bein um eine Fußlänge vor das andere zu stellen, und auch dabei Stand- und Spielbein zu wechseln. Durch das Heben der Fußspitze werden die Muskeln im Unterschenkel angespannt, was auf Dauer die Gefahr von Krampfadern verringert.

O-Töne aus der Apotheke

Die Reaktionen der Mitarbeiter sind unterschiedlich, wenn es um stehende Arbeit geht:

„Man kann sich an das Stehen gewöhnen und wenn ich die richtigen Schuhe trage, habe ich keine Probleme. Zwischendurch erledige ich andere Arbeiten, am Regal oder im Labor, und habe dadurch Abwechslung durch Laufen und Sitzen.“

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„Ich bin Teilzeit beschäftigt, da freue ich mich, wenn ich nach der Arbeit sitzen kann. Die aufrechte Haltung beim Stehen ist schon wichtig. Langes Sitzen wie in meinem früheren Beruf ist schlimmer, da hatte ich andere Beschwerden.“

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„Ich hätte mich schon viel früher mit dem Thema Ergonomie bei stehender Arbeit beschäftigen müssen. Seit uns der Apothekenleiter auf die Grundsätze aufmerksam gemacht hat, stelle ich Wohlbefinden bei der Arbeit fest.“

Stehende Arbeit in der Apotheke erfordert stabile und bequeme Schuhe möglichst ohne Absätze. Orthopädische Schuheinlagen sind angesagt, wenn Stehen als belastend empfunden wird. Auch Stützstrümpfe sind hilfreich, aber sie werden meist zu spät und unwillig verwendet. Harter Boden ist untauglich, empfohlen wird eine Bodenschutzmatte im Bereich des HV-Tischs. Wer seine Sensibilität trainiert, erkennt rechtzeitig Signale des Körpers, die auf eine „Gefahr“ hinweisen, und ändert seine Haltung durch Gewichts­verlagerungen. Übergewichtige Personen belasten ihre Knie und Hüften extrem, auch wenn alle ergonomischen Regeln eingehalten werden. Gewichtsreduktion kann hier sehr hilfreich sein, besonders in Hinblick auf spätere Gelenkprobleme.

Bewährt haben sich Erinnerungshilfen, damit die guten Vorsätze nicht vergessen werden. Dazu notiert man auf kleinen „Post-it-Zetteln“ die wichtigsten Gedanken, z. B.: aufrecht stehen, Knie nicht komplett durchstrecken, Schultern nicht hochziehen. Kollegen können sich untereinander immer wieder auf Fehlhaltungen aufmerksam machen.

Foto: jonnysek – stock.adobe.com
Stundenlang stehen Sogar auf einem Bein kann der Flamingo stundenlang stehen. Klagen über Rückenschmerzen sind bislang nicht bekannt ...

Progressive Muskelentspannung

Eine gute Übung bei verspannten Muskeln ist die progressive Muskelentspannung. Dabei geht es um den Wechsel zwischen der festen Anspannung einer Muskelpartie und anschließender Entspannung. Bei der Anspannung wird das Blut aus den Blutgefäßen gepresst. Nach dem Loslassen und der Entspannung kann sich die Muskulatur wieder mit Blut vollsaugen, ähnlich wie ein Schwamm. Damit wird eine bessere Sauerstoffversorgung erreicht. Der Entspannungsvorgang (ca. 10 Sekunden) dauert etwa doppelt so lange wie der Anspannungsvorgang (ca. 5 Sekunden). Dieser Vorgang wird zwei- bis dreimal wiederholt, die Anspannung erfolgt nur bis zur Schmerzgrenze. Auch im Stehen lässt sich die Kurzentspannung durchführen.

Machen Sie alles richtig? Damit Sie immer wieder an Ihre guten Vorsätze erinnert werden, können Sie diese auf kleinen „Post-it-Zetteln“ notieren, die Sie z. B. am Computerbildschirm oder an einem Regal im Backoffice anbringen.

Ergonomie beim Heben

Gelegentlich müssen in der Apotheke auch Pakete gehoben und transportiert werden. Selbst wenn es sich um leichte Gewichte handelt, sind ergonomische Regeln zu beachten.

Beim Heben einer Last muss man so dicht wie möglich an den Gegenstand herantreten und den Körper möglichst nahe und frontal zur Last positionieren. Die Füße sind mindestens hüftbreit und mit der ganzen Fußsohle aufgesetzt, so kommt die Wirbelsäule in die physiologisch richtige Form. Dann geht man mit gestreckter Wirbelsäule in die Hocke herunter. Die Beine werden bis maximal 90 Grad gebeugt, tiefere Knie­beugen stellen durch die Knorpel­abnutzung ein Risiko dar.

Man nimmt den Gegenstand und zieht ihn zunächst an den Körper heran. Beide Hände umfassen die Last und „drücken“ sie an den Oberkörper. Gedanklich stellt man sich auf den Hebevorgang ein und bringt die Muskulatur in einen Vorstartzustand, wie es ein 100-m-Sprinter vor dem Start tut. Die Last wird gleichmäßig durch Strecken im Hüft-, Knie- und Sprunggelenk angehoben.

Beim Heben wird der Rücken ge­rade gehalten, damit sich die Belastung auf Knie- und Hüftgelenke verteilt. Keinesfalls darf man sich während des Hochhebens drehen, sondern erst am Ende des Hebens. Statt die Luft beim Heben auto­matisch anzuhalten, muss man beim Anheben ausatmen – so wie es ein Gewichtheber tut. Falscher Ehrgeiz führt dazu, dass man sich überschätzt und ergonomische Tipps vernachlässigt. |

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher, Fachautor und Referent, Heidelberg

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