Wirtschaft

Böse Überraschung im Alter

Teil 2: Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf private Lebens- und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht

Teil 2: Apotheker sind als Mitglieder eines Versorgungswerks im Rentenalter oft deutlich schlechter gestellt als Bezieher einer gesetzlichen Rente, da bei der Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ihre gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit herangezogen wird – auch Einmalauszahlungen von privaten Lebens- oder Rentenversicherungen.

Insbesondere in den Jahren vor 2005 wurden Verträge für private Lebens- oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht aufgrund der steuerlichen Absetzbarkeit und einer Steuerfreiheit bei Einmalauszahlung häufig als zusätzliche ­Altersvorsorge und Kapitalbildung fürs Alter abgeschlossen. Bei Abschluss dieser Versicherungen wurde oftmals nur auf die steuer­lichen Aspekte geschaut. Es ergeben sich jedoch abgabenrechtliche Aspekte, die hierbei zu beachten sind und zu einer erheblichen Mehrbelastung führen können.

Wie bereits in AZ 2019, Nr. 37, S. 5 dargestellt, unterliegt bei ­freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kranken- und Pflegeversicherung. Dazu gehören auch Lebens- und Rentenversicherungen mit ­Kapitalwahlrecht. Da bei einer Einmalzahlung die Beitragsbemessungsgrenze im Jahr der Auszahlung regelmäßig überschritten wird, wird sie für die Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf 120 Monate verteilt, d. h. es sind über einen Zeitraum von zehn Jahren Bei­träge zu zahlen.

Beispiel:

Ein Apotheker erhält aus einer privaten Lebensversicherung mit Kapitalwahlrecht mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren eine Einmalzahlung in Höhe von 120.000 Euro. Diese ist aufgrund des Vertragsabschlusses vor 2005 steuerfrei. Für die Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherung ist monatlich 1/120 der Einmalzahlung über 120 Monate zu berücksichtigen, woraus sich die in der Tabelle dargestellten monatlichen Beiträge ergeben.

Tab.: Kranken- und Pflegeversicherung auf Einmalzahlung
Krankenversicherung auf die Einmalzahlung
120.000 €/120 Monate
1.000 Euro × 14,60%   =
146 €
Pflegeversicherung auf die Einmalzahlung
120.000 €/120 Monate
1.000 Euro × 3,05%    =
31 €
monatliche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
177 €

Danach werden auf die Einmalzahlung monatliche Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 177 Euro (jährlich 2124 Euro) fällig. Über den Zeitraum von 120 Monaten sind Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von insgesamt 21.240 Euro zu ­zahlen. Von den 120.000 Euro verbleiben dem Apotheker lediglich 98.760 Euro, während dem Bezieher einer gesetzlichen Rente die vollen 120.000 Euro verbleiben. Dabei gilt, dass auch im Ruhestand Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage von aktuell (2019) monatlich 4537,50 Euro erhoben werden, sodass bei entsprechend hohen Rentenzahlungen die Beiträge auf die Einmalzahlung geringer ausfallen können als im Beispiel. 
 

Viel Geld sparen als Pflichtversicherter

Hieraus zeigt sich, dass die Belastung mit Kranken- und Pflegeversicherung bei Apothekern ab dem Zeitpunkt des Rentenbezugs deutlich höher ausfallen kann als bei Rentnern, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Die Mehrbelastung sowohl auf Vermietungseinkünfte u. ä. als auch auf private Lebens- und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht lässt sich jedoch durch gezielte Planung vermeiden. Diese Mehrbelastungen ­treffen, wie bereits in Teil 1 dargestellt, nur freiwillig Versicherte in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Ziel muss daher sein, Pflichtversicherter in der KVdR zu werden.

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In der Rente kleinere Brötchen backen? Damit es nicht so weit kommt, sollte man u. a. das Thema Kranken- und Pflegeversicherung nicht nur im aktiven Arbeitsleben prüfen und planen, sondern früh Weichen fürs Alter stellen.

Wie lässt sich eine Pflichtmitgliedschaft in der KVdR erreichen? Erste Voraussetzung für die Aufnahme als Pflichtversicherter in der KVdR ist, dass eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird. Ferner müssen sogenannte Vorversicherungszeiten erfüllt sein. Das ist der Fall, wenn in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens 9/10 der Zeit eine freiwillige oder Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestand. Dies lässt sich wie folgt ermitteln: Eintritt in das Berufs­leben mit z. B. 25 Jahren, Renteneintritt mit 67 Jahren, somit umfasst das Erwerbsleben insgesamt 42 Jahre. Die zweite Hälfte beträgt damit 21 Jahre. Davon muss in 9/10, also 19 Jahren, eine freiwillige oder Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden haben.

Doch wie kann ein Apotheker neben der Versorgungswerkrente eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten? Dafür ist eine Vorversicherungszeit von 60 Monaten, also fünf Jahren, in der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich; diese muss nicht an einem Stück, sondern kann über das gesamte Erwerbs­leben ­erworben werden. Es ist daher sinnvoll, über einen Zeitraum von 60 Monaten freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenver­sicherung zu zahlen. Deren Höhe kann zwischen dem für 2019 ­geltenden Mindestbeitrag von 83,70 Euro und dem Höchstbeitrag von 1246,50 Euro liegen. Um einen gesetzlichen Rentenanspruch und damit eine Pflichtversicherung in der KVdR zu erreichen, ist der Mindestbeitrag ausreichend. Schon bei einem monatlichen Beitrag von 83,70 Euro über einen Zeitraum von 60 Monaten besteht somit ein gesetzlicher Rentenanspruch. Das heißt: Durch die Zahlung von insgesamt (83,70 Euro × 60 Monate) 5022 Euro lassen sich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf Vermietungseinkünfte u. ä. und auch auf private Lebens- und Rentenversicherungen vermeiden. Beim obigen Beispiel bedeutet dies, dass durch die Zahlung von 5022 Euro in die gesetzliche Rentenversicherung Kranken- und Pflege­versicherungsbeiträge in Höhe von 21.240 Euro eingespart werden können und zusätzlich noch eine kleine Rente ausgezahlt wird.

Da die Apothekerversorgung keine Kindererziehungszeiten abbildet, bieten diese sich als weitere Möglichkeit zur Erreichung der Vorversicherungszeiten an. Für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, werden pro Kind drei Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet. Schon bei zwei Kindern, die nach 1992 ge­boren wurden, sind die Vorversicherungszeiten bei der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt und es besteht ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente sowie eine Pflichtmitgliedschaft in der KVdR. Weitere Auskünfte und Unterstützung hierzu erhalten Sie bei jedem Rentenberater.

Steuerliche Belastung ­mindert die Rente

Neben den abgabenrechtlichen ­Belastungen unterliegt die Altersrente auch der Einkommensbesteuerung. Die Altersrente, die das jeweilige Versorgungswerk an den Apotheker zahlt, stellt sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) EStG dar. Dabei richtet sich die Höhe des Besteuerungsanteils nach dem Jahr des Renteneintritts. Bei Rentenbeginn bis 2005 liegt die Besteuerung bei 50 Prozent der Rentenbezüge, seit 2006 steigt der Besteuerungsanteil jährlich um 2 Prozentpunkte bis zum Jahr 2020. Ab 2020 steigt der Besteuerungsanteil jährlich um 1 Prozentpunkt, bis im Jahr 2040 ein Besteuerungsanteil von 100 Prozent erreicht ist.

Der Besteuerungsanteil, der zu Beginn des Renteneintritts maßgeblich ist, bleibt über die gesamte Laufzeit unverändert. Dies bedeutet, dass bei einem Apotheker, der im Jahr 2010 in Rente gegangen ist, der Besteuerungsanteil bei 60 Prozent liegt. Bei einem Renteneintritt im Jahr 2020 liegt der Besteuerungsanteil schon bei 80 Prozent und im Jahr 2040 bei 100 Prozent. Durch geschickte Wahl des Zeitpunkts des Renteneintritts kann also eine geringere Besteuerung während des ganzen Bezugszeitraums erreicht werden. Zukünftige Rentenanpassungen, die nach dem Jahr des Renteneintritts erfolgen, unterliegen hingegen der vollen Besteuerung.

Beispiel: Ein Apotheker geht mit Erreichen der Altersgrenze im Jahr 2010 in Rente. Die monatliche Rente beläuft sich auf 3000 Euro. Im Jahr 2012 wird die Rente um 3 Prozent auf monatlich 3090 Euro erhöht. Die Jahresrente beläuft sich 2010 und 2011 auf 36.000 Euro. Hiervon unterliegen 60 Prozent, d. h. 21.600 Euro, der Besteuerung. Im Jahr 2012 beträgt die Rente dann insgesamt 37.080 Euro. Die bisherigen 36.000 Euro ­unterliegen weiterhin nur mit 60 Prozent der Besteuerung, ­während die Rentenerhöhung von insgesamt 1080 Euro im vollen Umfang besteuert wird, sodass Steuern auf 22.680 Euro entrichtet werden müssen.

Im Vergleich dazu unterliegt die Rente eines Apothekers, der im Jahr 2040 in Rente geht, in voller Höhe der Besteuerung. Dies bedeutet, dass die steuerliche Belastung für Apotheker, die zukünftig in Rente gehen, höher ist als die Belastung für Apotheker, die sich bereits im Ruhestand befinden.

Fazit

Im Rahmen der Planung der Alterseinkünfte wird häufig nur auf mögliche steuerliche Be- und Entlastungen geachtet. Mindestens genauso wichtig ist die Belastung mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Dies sollte frühzeitig in die Planung mit einbezogen werden.

Die Versorgungswerke zahlen im Alter in der Regel eine deutlich ­höhere Rente als die gesetzliche Rentenversicherung, doch kann es für freiwillig gesetzlich oder pflichtversicherte Apotheker sinnvoll sein, zumindest über einen Zeitraum von 60 Monaten freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, um später Pflichtmitglied in der KVdR zu werden. Hierbei sollte das Augenmerk nicht auf die Rente gelegt werden, sondern vielmehr auf die Ersparnis der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Auch kann für Apotheker, die freiwillig gesetzlich versichert sind, ein Wechsel in die private Krankenversicherung eine Überlegung sein.

Wichtig ist, das Thema Kranken- und Pflegeversicherung nicht nur für die Zeit des aktiven Arbeitslebens zu prüfen und zu planen, sondern schon frühzeitig die Weichen fürs Alter zu stellen, damit später keine bösen Überraschungen auf einen warten. |

Dipl.-Finanzwirt (FH)/M.A. Niko Hümmer ist angestellter Steuerberater bei der bundesweit tätigen Kanzlei Dr. Schmidt und Partner mit Niederlassungen in Koblenz, Dresden, ­München und Oberhausen

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