Gesundheitspolitik

Eigenbedarf nur mit Arztausweis?

Gericht befasst sich mit Ärzteprivileg in der Arzneimittelverschreibungsverordnung

BERLIN (ks) | Ärzte, die für den Eigenbedarf Arzneimittel in der Apotheke erwerben wollen, brauchen dafür kein Rezept. Der Apotheker hat sich aber „über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen“. Das heißt im Regelfall: Er muss sich den Arztausweis zeigen lassen, um ein rezeptpflichtiges Arzneimittel abgeben zu können. Zwingend ist der Arztausweis aber nicht, entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Hamburg. (Urteil vom 29. August 2019, Az.: 17 K 6197/18)

Geklagt hatte ein Mediziner gegen die Ärztekammer Hamburg. Dort war er seit 2007 freiwillig Mitglied, nachdem er seine Tätigkeit als Arzt in die USA verlegt hatte. 2009 zog er dann ganz in die USA und praktizierte nicht mehr als Mediziner. 2017 trat eine neue Kammersatzung in Kraft. Danach endet eine freiwillige Mitgliedschaft zwei Jahre nach Wegzug in das Ausland. Und so teilte die Kammer dem Arzt mit, dass auch seine Mitgliedschaft mit Ablauf des 10. Juni 2019 ende.

Das wollte der Mediziner nicht ­akzeptieren. Dabei kam es ihm ­eigentlich nur auf eines an: seinen – an die Kammermitgliedschaft gebundenen – Arztausweis. Ohne diesen könne er sich bei seinen Besuchen in Hamburg in der Apotheke nicht mehr als Arzt ausweisen und damit auch keine Medikamente zum Eigenbedarf erwerben. Denn die Apotheke akzeptiere lediglich den Arztausweis als Identitätsnachweis, nicht aber seine Approbationsurkunde. Dies habe ihm auch die Apothekerkammer Hamburg bestätigt.

Es gibt auch andere Nachweismöglichkeiten

Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht wurde nun aber abgewiesen. Das Urteil führt vor allem aus, dass die Satzung der Ärztekammer Hamburg auf den Kläger anwendbar und mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Doch die Richter gehen auch auf § 4 Abs. 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ein – die Norm, die es Ärzten ermöglicht, auch ohne Rezept Rx-Arzneimittel in der Apotheke zu erwerben. Im Urteil heißt es, es dürfte „in rechtlicher Hinsicht unzutreffend“ sein, wenn der Kläger behaupte, dass er ohne seinen Arztausweis in Apotheken keine Arzneimittel für den Eigenbedarf bekommen könne. Unabhängig davon, dass man sich fragen könne, ob der nicht berufstätige Kläger überhaupt eine „verschreibende Person“ im Sinne der Norm ist, sehe § 4 AMVV lediglich vor, dass der Apotheker sich über seine Identität Gewissheit zu verschaffen habe. Dies sei z. B. auch möglich – gegebenenfalls kumulativ – durch Vorlage der Approbationsurkunde (im Original), eines von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz ausgestellten certificate of good standing sowie eines amtlichen Ausweises.

Die Richter halten zudem die Begründung der Hamburger Apothekerkammer, warum nur der Arztausweis bundesweit als Identitätsnachweis gelten könne, für „rechtlich nicht haltbar“: Diese meint, das Fehlen eines Arztausweises begründe einen hinreichenden Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch (§ 17 Abs. 8 ApBetrO).

Letztlich überlässt es das Gericht aber dem Mediziner, wie er sich in der Apotheke durchsetzt. Auch wenn dies „sicherlich beschwerlich“ sei, so sei ihm dies doch möglich. Die Richter stellen jedenfalls klar, dass es weder Haupt- noch Nebenzweck der Mitgliedschaft bei der Ärztekammer sei, Ärzten zu ermöglichen, Arzneimittel für den Eigenbedarf erwerben zu können. Die Regelung des § 4 Abs. 2 AMVV stelle eine Privilegierung für Ärzte dar, die von Verfassungs wegen nicht gefordert ist und die eine Mitgliedschaft bei der Kammer nicht voraussetzt. Dem Kläger sei es ohne Weiteres möglich und zumutbar, seine Arzneimittel wie jeder andere Bürger auf dem „gewöhn­lichen Wege“ zu beschaffen. |

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