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Arzneimittel und Therapie
Von Atopie bis Asthma
Zulassung für Interleukin-Antikörper Dupilumab erweitert
Zum zweiten Mal jährt sich am 27. September 2019 die europäische Zulassung von Dupilumab zur Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei erwachsenen Patienten, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Am 6. Mai 2019 hat die europäische Kommission die Zulassung erweitert: Indiziert ist der monoklonale Antikörper nun auch für die Anwendung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren als Add-on-Erhaltungstherapie bei schwerem Asthma mit Typ-2-Inflammation, das trotz hochdosierter inhalativer Corticosteroide (ICS) plus einem weiteren zur Erhaltungstherapie angewendeten Arzneimittel unzureichend kontrolliert ist.
Nur bei Typ-2-Inflammation
Damit Dupilumab bei Asthma eingesetzt werden darf, muss eine Typ-2-Inflammation vorliegen. Doch was bedeutet das? Vielen Erkrankungen des atopischen Formenkreises – zu denen neben der Neurodermitis und dem Asthma unter anderem die allergische Rhinitis sowie die chronische Rhinosinusitis zählen – liegt eine Typ-2-Inflammation zugrunde. Es finden sich vermehrt Entzündungszellen (z. B. Eosinophile, dendritische Zellen, Typ-2-T-Helferzellen [Th2] oder angeborene lymphoide Zellen der Gruppe 2 [ILC2, innate lymphoid cell]) sowie Zytokine (z. B. IL-4, IL-5 und IL‑13) im Blut. Dies ist bei etwa der Hälfte der Patienten mit schwerem Asthma der Fall. Anhand von Biomarkern kann bestimmt werden, ob eine Typ-2-Atemwegsentzündung vorliegt. Eine erhöhte Eosinophilenzahl von ≥ 150 Zellen/µl und/oder erhöhte Werte für fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid (FeNO) von ≥ 20 ppb weisen gemäß der Leitlinien der Global Initiative for Asthma (GINA) auf eine Typ-2-Inflammation hin. Erhöhte Werte sind Voraussetzung für eine Therapie mit Dupilumab.
Zwei auf einen Streich
Doch wie greift Dupilumab in das Entzündungsgeschehen ein? Der monoklonale Antikörper bindet spezifisch an die α-Untereinheit des IL-4-Rezeptors und hemmt so die Signalwege von IL-4 und IL-13 (s. Abbildung).
Die beiden zentralen Schlüsselmediatoren der Typ-2-Inflammation regulieren unter anderem die Produktion von Immunglobulin E (IgE), das die allergische Reaktion beim Asthma hervorruft. Zusätzlich steuern sie den Transport von Eosinophilen in Gewebe und fördern so die Eosinophilie. IL-4 beeinflusst zudem die Differenzierung von Th0-Zellen zu Th2-Zellen, IL-13 wirkt an der glatten Atemwegsmuskulatur und begünstigt die Atemwegsobstruktion und bronchiale Hyperreaktivität.
Bislang verfügbare Biologika adressieren entweder die erhöhte IgE-Produktion (z. B. Omalizumab) und werden daher bei Patienten mit allergischem Asthma eingesetzt – oder sie sind gegen IL-5 bzw. dessen Rezeptor gerichtet (z. B. Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab) und zur Behandlung von Patienten mit eosinophilem Asthma bestimmt. Jedoch kann sowohl bei allergischem Asthma als auch bei eosinophilem nichtallergischem Asthma eine Typ-2-Inflammation zugrunde liegen. Dupilumab wirkt bei beiden Formen.
Bessere Lungenfunktion
Generell sprechen Patienten mit einer Typ-2-Inflammation auf eine Therapie mit inhalativen Corticosteroiden an. Allerdings lässt sich das Asthma in einigen Fällen auch mit einer hochdosierten ICS-Therapie in Kombination mit einem weiteren Arzneimittel wie einem langwirksamen Beta‑2-Sympathomimetikum (LABA) und/oder einem Leukotrien-Rezeptorantagonisten (LTRA) nicht ausreichend kontrollieren. Diese Patienten können von einer zusätzlichen Therapie mit Dupilumab profitieren.
So waren unter Dupilumab im Vergleich zu Placebo als Add-on zur Standardtherapie in der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie „Quest“ über 52 Wochen nur etwa halb so viele schwere Exazerbationen zu verzeichnen. Die Lungenfunktion – gemessen anhand der Einsekundenkapazität (FEV1) – verbesserte sich nach 12-wöchiger Therapie mit Dupilumab gegenüber Placebo um 9%. Bei Patienten mit einer Eosinophilenzahl von mindestens 300/mm3 zu Studienbeginn und Patienten mit einem FeNO-Wert von mindestens 50 ppb war der Nutzen am größten. Insgesamt nahmen 1902 Patienten, deren Asthma unter einer mittel-/hochdosierten ICS-Therapie und bis zu zwei zusätzlichen Erhaltungstherapien (z. B. LABA oder LTRA) nicht ausreichend kontrolliert war, an der Quest-Studie teil. Die Therapie mit Dupilumab erwies sich insgesamt als gut verträglich. Jedoch kam es unter dem monoklonalen Antikörper häufiger zu einer Eosinophilie als unter Placebo – und zwar bei 52 (4,1%) vs. 4 (0,6%) der Patienten. Nur in wenigen Fällen äußerten sich die erhöhten Blutwerte auch in klinischen Symptomen. Der Grund für einen vorübergehenden Anstieg der Eosinophilenzahl wird im Wirkmechanismus vermutet: Zwar hemmt Dupilumab über IL-4 und Il-13 sowohl das Überleben als auch die Aktivierung sowie die Rekrutierung von eosinophilen Granulozyten in das Gewebe, nicht jedoch deren Freisetzung aus dem Knochenmark.
Steckbrief Dupixent®
- Subcutane Applikation alle zwei Wochen
- Fertigspritzen in zwei Dosierungen: 200 mg zur Behandlung von Patienten mit schwerem Asthma; 300 mg zur Behandlung von Patienten mit atopischer Dermatitis und zur Behandlung von Patienten mit schwerem Asthma, die auf orale Corticosteroide eingestellt sind oder gleichzeitig an mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis leiden
- Injektion in der Praxis/Klinik oder nach entsprechender Einweisung als Selbstinjektion
- Im Kühlschrank lagern; kann maximal 14 Tage lang bei einer Raumtemperatur von bis zu 25°C aufbewahrt werden
- 45 min vor der Injektion aus dem Kühlschrank nehmen und auf Raumtemperatur bringen
- Fertigspritzen nicht schütteln
Weniger orale Corticoide
Auch bei Patienten, deren Asthma unter einer Therapie mit oralen Glucocorticoiden zusätzlich zu weiterer Asthma-Medikation unzureichend kontrolliert war, brachte eine Therapie mit Dupilumab Vorteile. So konnte in der randomisierten kontrollierten Phase‑3-Studie „Venture“ der Bedarf an systemischen Corticoiden unter Dupilumab als Zusatz zur Standardtherapie stärker gesenkt werden als unter Placebo (-70,1% vs. -41,9%). Fast die Hälfte der 103 Patienten in der Dupilumab-Gruppe konnte die oralen Corticoide komplett absetzen, von den 107 Patienten in der Placebo-Gruppe war es jeder Vierte. Zudem traten unter dem monoklonalen Antikörper seltener schwere Exazerbationen auf, und das Lungenvolumen erhöhte sich gegenüber Placebo signifikant um 220 ml. Doch auch in dieser Studie wurde eine transiente Erhöhung der Eosinophilenzahl im Blut beobachtet: bei 14% der Patienten unter Dupilumab gegenüber 1% der Patienten unter Placebo. In beiden Studien war eine Rötung an der Injektionsstelle die häufigste unerwünschte Wirkung der Dupilumab-Therapie.
Viel Potenzial
Vielleicht gibt es in den nächsten Jahren noch mehr Grund zu feiern: Dupilumab wird bei weiteren Erkrankungen untersucht, die mit einer Typ-2-Inflammation verbunden sind. Verlaufen die klinischen Studien positiv, könnte der monoklonale Antikörper auch in Indikationen wie der chronischen Rhinosinusitis mit Polypen, der eosinophilen Ösophagitis oder der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) eine Zulassung erlangen. |
Quelle
Europäische Kommission lässt Dupilumab (Dupixent) bei schwerem Asthma zu. Pressemitteilung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH vom 09. Mai 2019.
Hintergrundinformationen. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH
Fachinformation Dupixent®. Stand Mai 2019
Global Initiative for Asthma (GINA). Difficult-to-treat & severe asthma in adolescent and adult patients. V2.0 April 2019. www.ginaasthma.org; Abruf am 15. Mai 2019
Castro M et al. Dupilumab Efficacy and Safety in Moderate-to-Severe Uncontrolled Asthma. N Engl J Med. 2018;378(26):2486-2496
Rabe KF et al. Efficacy and Safety of Dupilumab in Glucocorticoid-Dependent Severe Asthma.N Engl J Med. 2018;378(26):2475-2485
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