Arzneimittel und Therapie

Glucosamin überrascht

Einnahme ist mit Herz-Kreislauf-Schutz assoziiert

bj/cst | Ob Nahrungsergänzungs­mittel mit Glucosamin bei Arthrose helfen können, ist umstritten. Doch nun überraschen die Supplemente mit einer erfreulichen „Nebenwirkung“: So scheint die Einnahme von Glucosamin mit einem geringeren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert zu sein.

Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie wertete ein internationales Forscherteam Daten der UK-Biobank von 466.039 Personen aus, die zu Studien­beginn keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Die Teilnehmer wurden durchschnittlich über ­sieben Jahre beobachtet. Dabei wurde unter anderem erfasst, welche Nahrungsergänzungsmittel eingenommen wurden. Als Endpunkte werteten die Forscher aus, wie viele Teilnehmer im Studienverlauf eine koronare Herzkrankheit entwickelten, einen Schlaganfall erlitten oder aufgrund von kardiovaskulären Ursachen verstarben.

19,3% der Teilnehmer hatten Glucos­amin-Präparate eingenommen. Genauere Angaben zur Dosierung und Dauer der Einnahme fehlen. Die Glucosamin-Konsumenten waren zu 64% weiblich und zeichneten sich im Vergleich zur Gesamtpopulation durch einen höheren Anteil an Nichtrauchern und einen geringeren Anteil an Diabetespatienten aus. Außerdem wiesen die Teilnehmer der Glucos­amin-Gruppe höhere Blutdruck- und Cholesterol-Werte auf und nahmen tendenziell mehr Vitamin­präparate und nicht­steroidale Antirheumatika (NSAR) ein. Die beiden Gruppen wiesen jeweils ähnliche genetische Risikoscores für koronare Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall auf.

Bei Personen, die Glucosamin-Präparate eingenommen hatten, war das adju­stierte Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zu Nicht­anwendern um 15% vermindert (Hazard-Ratio [HR] 0,85; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,80 bis 0,90).

Im Einzelnen war in der Glucosamin-Gruppe das Risiko

  • für Schlaganfälle um 9% (HR 0,91; 0,83 bis 1,00),
  • für koronare Herzkrankheit um 18% (HR 0,82; 0,76 bis 0,88) und
  • für kardiovaskulären Tod um 22% (HR 0,78; 95%-KI 0,70 bis 0,87)

verringert.

Die Effekte für den kombinierten kardiovaskulären Endpunkt aus Schlaganfall, KHK und kardiovaskulärem Tod waren über verschiedene Subgruppen konsistent – wie etwa bei Personen über und unter 55 Jahren, Rauchern oder Nichtrauchern. Unterschiede gab es bei den Diabetikern oder denjenigen, die NSAR einnahmen: Bei diesen Personengruppen verlor sich die Signifikanz für den Vorteil unter Glucosamin.

Foto: detailblick-foto – stock.adobe.com

Antiinflammatorische oder „Low-carb“-Effekte?

Weshalb sich das Gelenkpräparat positiv auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken soll, dafür gibt es aus Sicht der Studienautoren verschiedene Hypo­thesen. Einerseits würden Tierversuche darauf hindeuten, dass Glucosamin durch Hemmung der Glykolyse die Effekte einer kohlenhydrat­armen Ernährung simulieren würde. Und „low-carb“ werden beim Menschen präventive Effekte für Herz und Gefäße zugeschrieben.

Die zweite Theorie zielt auf mögliche antientzündliche Effekte des Glykos­aminglykans ab: Dem National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) zufolge ist die Glucosamin-Einnahme mit niedrigeren Werten von C-reaktivem Protein (CRP), einem Marker für systemische Entzündungen, verbunden. Chronische Entzündungsprozesse scheinen bei der Pathophysiologie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ebenfalls eine Rolle zu spielen.

Allerdings räumen die Studienautoren ein, dass die Ergebnisse dadurch verzerrt sein könnten, dass die Glucos­amin-Konsumenten insgesamt einen gesünderen Lebensstil führten.

Über einen kausalen Zusammenhang lässt sich derzeit nur spekulieren. Um zu beurteilen, ob sich Glucosamin-­Präparate zur Kardioprävention eignen, dafür wären weitere Studien erforderlich. |

Quelle

Ma H et al. Association of habitual glucosamine use with risk of cardiovascular disease: prospective study in UK Biobank. BMJ 2019;365:l1628; doi: 10.1136/bmj.l1628

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