Arzneimittel und Therapie

Neue Sartan-Verunreinigungen entdeckt

Valeramid und N,N-Dimethylvaleramid in mehreren Präparaten identifiziert

bj/cst | Bei der Sartan-Analytik genügt es offenbar nicht, sich auf die Nitrosamine zu fokussieren. Die Wissenschaftler Prof. Dr. Fritz Sörgel und Prof. Dr. Ulrike Holz­grabe haben zwei neue Verunreinigungen entdeckt: Valeramid und N,N-Dimethylvaleramid. Als Konsequenz fordern die Pharmazeuten, bei der Überprüfung des Arznei­mittelherstellungsprozesses den Fokus auch auf unerwartete Nebenprodukte zu legen.
Foto: Bernd Kröger – stock.adobe.com
Die neu identifizierten Verunreinigungen wurden mittels einer speziellen hochauflösenden Massenspektroskopie gefunden, die es erlaubt, ein „Untargeted Screening“, also eine Suche nach nicht zu erwartenden Substanzen durchzuführen.

Fast ein Jahr ist es her, seit das Nitrosamin N-Nitrosodimethylamin (NDMA) erstmals in Valsartan-haltigen Arzneimitteln entdeckt wurde. Bis heute sind die Folgen der Valsartan-Krise zu spüren: Anhaltende Lieferprobleme, verunsicherte Patienten aber auch neue Regelungen im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Außerdem haben die europäische Arzneimittelagentur (EMA) und die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) den Herstellern von Sartan-haltigen Arzneimitteln auferlegt, binnen zwei Jahren sicherzustellen, dass beim Herstellungsprozess keine Nitrosamine wie etwa NDMA oder N-Nitrosodiethylamin (NDEA) entstehen. Diese Behördenmaßnahmen gehen zwar in die richtige Richtung, doch es reicht nicht, sich analytisch auf Nitros­amine zu konzentrieren, finden die Pharmazeuten Prof. Dr. Fritz Sörgel (Insti­tut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung, Nürnberg) und Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe (Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, Universität Würzburg). Die Forschungsteams der beiden Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit dem Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker neue Verunreinigungen in Sartan-haltigen Arzneimitteln gefunden, bei denen es sich nicht um Nitros­amine handelt, sondern um Valeramid (VLA) und N,N-Dimethylvaleramid (VLA-DIM). Konkret wurde VLA in acht Valsartan-Arzneimitteln, in drei Losartan-Präparaten sowie in einem Irbe­sartan-Produkt gefunden. Des Weiteren enthielten sieben Valsartan-Präparate die Verunreinigung VLA-DIM.

„Zwar ist nach aktueller Datenlage für diese beiden Stoffe nicht von schwerwiegenden Nebenwirkungen auszugehen, in eine Tablette gehören sie trotzdem nicht“, erklären Sörgel und Holzgrabe in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Das Auffinden weiterer Verunreinigungen weist aus Sicht der Forscher möglicherweise noch auf viel größere Probleme in der Herstellung von Arzneistoffen hin.

NDEA auch in Candesartan

Außerdem fanden die Forschungs­teams von Sörgl und Holzgrabe mit ihrer empfindlichen Methode geringe Mengen des Nitrosamins NDEA in einem Candesartan-Generikum. Damit sind nun für alle vier Sartane mit Tetrazolring, also Valsartan, Candesartan, Losartan und Irbesartan Nitros­amin-Verunreinigen beschrieben. Der aktuelle NDEA-Fund von 0,027 ppm in dem untersuchten Candesartan-Präparat ist für die betroffenen Patienten jedoch kein Grund zur Sorge: Der von den Arzneimittelbehörden EMA und FDA festgesetzte Grenzwert für NDEA von 0,83 ppm wird nicht annähernd erreicht.

Für die Wissenschaftler steht allerdings fest: Der Arzneimittelherstellungsprozess muss generell einer strengeren und vor allem viel breiter angelegten Überprüfung unterzogen werden, denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass nur Sartane von Verunreinigungen betroffen sind. Dies zeige auch, dass vor Kurzem in dem Antidiabetikum Pioglitazon NDMA gefun­den wurde. |

Quelle

Presseerklärung von Prof. Dr. Fritz Sörgel, Nürnberg und Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Würzburg vom 5. Juni 2019

Fritz Sörgel F et al. The contamination of valsartan and other sartans, Part 1: new findings. J Pharm Biomed Anal 2019;172:395-405

Scherf-Clavel O et al. The contamination of valsartan and other sartans, Part 2: Untargeted screening reveals contamination with amides additionally to known nitrosamine impurities. J Pharm Biomed Anal 2019;172:278-284

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