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Arzneimittel und Therapie
Mögliche Spätfolgen von Antibiotika
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei längerer Einnahme erhöht
Eine Antibiotika-Therapie sollte grundsätzlich erst nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Studienergebnisse zeigen jedoch, dass ein bedeutender Teil der Antibiotika im ambulanten Bereich nicht ordnungsgemäß verschrieben wird. Dies ist möglicherweise nicht nur im Hinblick auf Resistenzen problematisch. Anlass zur Sorge gibt auch eine Auswertung der Daten der Nurse Health Study (NHS): Hier wurden die Auswirkungen einer Behandlung mit Antibiotika bei Frauen unterschiedlicher Altersgruppen auf das kardiovaskuläre Gesamtrisiko untersucht.
Die Studienpopulation bestand aus 36.429 gesunden Probandinnen der NHS-Kohorte. In der Längsschnittstudie wurden über 120.000 US-amerikanische Krankenschwestern seit 1976 zweijährlich zu gesundheitsbezogenen Themen befragt. Im Jahr 2004 wurden Daten zur Einnahme von Antibiotika im jungen (20 bis 39 Jahre), mittleren (40 bis 59 Jahre) und hohen Lebensalter (> 60 Jahre) anhand eines Fragebogens erhoben. Dabei sollten Angaben zur Antibiotika-Therapie im jeweiligen Lebensabschnitt gemacht werden. Die Frauen wurden der kumulativen Behandlungsdauer entsprechend in vier Gruppen kategorisiert: keine Einnahme, < 15 Tage, 15 Tage bis zwei Monate und ≥ zwei Monate. Ausgeschlossen wurden Frauen mit kardialen Vorerkrankungen oder Krebsleiden. Als Endpunkt wurde das Auftreten einer koronaren Herzkrankheit oder eines Schlaganfalls über einen durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 7,6 Jahren betrachtet.
Die Auswertung ergab, dass eine Antibiotika-Exposition von mehr als zwei Monaten im mittleren und höheren Alter mit einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos assoziiert war. Eine kumulative Therapiedauer von mehr als zwei Monaten zwischen 20 und 39 Jahren war hingegen nicht mit einem signifikanten Effekt verbunden.
Plausible Erklärungsansätze
Verschiedene Erklärungsansätze für die Studienergebnisse sind denkbar. So könnten einige Antibiotika-Klassen die QT-Zeit verlängern und so das Risiko für gefährliche Torsade-de-Pointes-Arrhythmien erhöhen. Ein plötzlicher Herztod kann die Folge sein. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Antibiotika die Proliferation und Aktivität der Makrophagen stimulieren. In der Folge kann es zur vermehrten Ablagerung von Lipiden in den Gefäßen kommen. Auch Änderungen in der Anzahl und Zusammensetzung der Darmbakterien stehen im Verdacht, das Atherosklerose-Risiko zu erhöhen. Des Weiteren wird ein Effekt der bakteriellen Metaboliten auf die Aktivität der Blutplättchen diskutiert. Zu guter Letzt könnte die Veränderung der Darmflora durch eine veränderte Nährstoffverwertung zu einer Gewichtszunahme führen und damit einen klaren Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen schaffen.
Kein Kausalzusammenhang
Bei der Interpretation der Ergebnisse muss die rein deskriptive Natur der Studie beachtet werden. Auf einen Kausalzusammenhang kann nicht geschlossen werden, obwohl verschiedene Einflussfaktoren bei der Berechnung der Risiken berücksichtigt wurden. So waren Frauen, die häufiger Antibiotika einnahmen, auch häufiger krank. Möglicherweise könnten Infektionen einen Einfluss auf die kardialen Spätfolgen besitzen. Weitere Studien, die auch Männer einschließen, sind für ein besseres Verständnis nötig. |
Literatur
Heianza Y et al. Duration and life-stage of antibiotic use and risk of cardiovascular events in women. Eur Heart J 2019; doi:10.1093/eurheartj/ehz231
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