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Schwerpunkt Medikationsmanagement

To „Tool“ or not to „Tool“

Datenbanken zur Durchführung einer Medikationsanalyse

Medikationsanalysen werden seit einigen Jahren in Apotheken als Dienstleistung zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Apotheken angeboten. Definitionsgemäß ist die Medikationsanalyse die strukturierte Analyse der gesamten Medikation eines Patienten, inklusive der Selbstmedikation, mit dem Ziel, Arzneimittelrisiken zu minimieren und die Effektivität der Arzneimitteltherapie zu erhöhen [1]. Eine Medikationsanalyse durchzuführen, geht jedoch mit einem nicht unerheblichen Zeitaufwand einher und benötigt ein umfassendes Wissen zu Arzneimitteln und auch unter Umständen zur Arzneimitteltherapie. Daher ist man auf Hilfsmittel angewiesen, die eine schnelle und effiziente Auswertung ermöglichen. Dazu zählen Datenbanken zur Unterstützung bei der Medikationsanalyse. | Von Isabel Waltering und Ulrich Lücht

Datenbanken sollen gewisse Anforderungen erfüllen, um den größtmöglichen Nutzen aus ihnen ziehen zu können (Abb. 1). Dazu werden sogenannte Anforderungsanalysen erstellt [2]. Für die Medikationsanalyse in der öffentlichen Apotheke sollte eine Datenbank optimalerweise folgende Kriterien erfüllen:

  • Arbeitserleichterung für den Anwender
  • Unkomplizierte und schnelle Bedienbarkeit (Zeitersparnis)
  • Übersichtliche Eingabemaske
  • Verfügbarkeit (online/offline/Kassenprogramm)
  • Unterstützende Betriebssysteme (Windows, MAC)
  • Wissenschaftlich fundierte Aussagen mit Quellenangaben, Studienzusammenfassungen oder Verlinkungen von Fachinformationen etc.
  • Regelmäßige Updates (mind. 1 × im Monat)
  • Einschluss von patientenindividueller (Alter, Größe, Gewicht) und arzneimittelbezogener Angaben (Einnahmezeitpunkte bzw. –intervalle, Anwendungshinweise)
  • Berücksichtigung von Laborwerten inkl. Tools zur Berechnung von Nierenfunktion, BMI etc.
  • Anzeige relevanter Interaktionen bzw. Zusammenfassung einzelner Interaktionen und damit Entgegenwirkung des Fatigue-Alerts
  • Maßnahmen bei Interaktionen (z. B. über Optimierungstool)
  • Erkennung von Doppelmedikationen
  • Angabe zu Teilbarkeit, Sondengängigkeit
  • Prüfung auf Kontraindikationen, Überdosierungen (ggf. Abgleich mit Laborwerten)
  • Erstellung von Arbeitsmaterialien wie des bundes­einheitlichen Medikationsplans (BMP)
  • Scannen des 2D-Barcodes auf dem BMP

Folgende Tools werden in alphabetischer Reihenfolge ­diskutiert:

  • MediCheck+
  • RP-Doc
  • SCHOLZ Datenbank
Abb. 1: Anforderungen für Datenbanken zur Medikationsanalyse. ABPs = arzneimittelbezogene Probleme; BMP = bundeseinheit­licher Medikationsplan.

Neben diesen Tools sind auch noch weitere, speziell für den Klinikbereich wie AID-Klinik verfügbar. Hier werden jedoch die Datenbanken gezeigt, die auch speziell für den ambulanten Bereich entwickelt wurden. Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht, inwieweit diese Datenbanken die gestellten Anforderungen erfüllen (Tab. 1).

Ein Fall – drei Tools

Zur Veranschaulichung, wie diese verschiedenen Datenbanken die Durchführung der Medikationsanalyse erleichtern, aber auch, wo die Grenzen dieser Tools sind, wird ein fiktiver Fall mit den jeweiligen Hilfsmitteln bearbeitet.

Ihre 73-jährige Stammkundin Frau D. B. bittet in Ihrer Apotheke um Hilfe: Ihr geht es in letzter Zeit nicht besonders gut, sie leidet unter Mundtrockenheit, und ihr ist häufig schwindelig. Zudem klagt sie über ein Ziehen in den Beinen. Als aufmerksame/r Approbierte/r vermuten Sie ein arzneimittelbezogenes Problem (ABP) und bitten um den Medika­tionsplan der Patientin (Abb. 2).

Abb. 2: Der Medikationsplan von Frau D. B.

Bereits auf den ersten Blick erkennen Sie, dass erweiterter Beratungsbedarf besteht, der nicht am HV-Tisch zu lösen ist. Sie bieten Frau B. eine Medikationsanalyse an und verein­baren für den nächsten Tag einen Gesprächstermin.

Während des Erfassungsgesprächs berichtet Frau B., dass sie an einer koronaren Herzkrankheit leidet und vor einigen Monaten aufgrund einer Psychose in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Dort wurden mehrere Versuche unternommen, sie zu behandeln, allerdings zeigte nur die Therapie unter Clozapin den gewünschten Erfolg. Nach dem Gespräch führen Sie mithilfe der o. g. Datenbanken eine Medikationsanalyse durch. Für die Beurteilung der Qualität der einzelnen Medikationsanalysen-Hilfsmittel sind für Frau D. B. folgende arzneimittelbezogene Probleme (ABPs) relevant und sollten von den Datenbanken detektiert werden (Tab. 2).

Tab. 2: Klassifizierung der arzneimittelbezogenen Probleme (ABPs)
ABP-Klassifizierung
ungeeignete Dosierung
Komedikation Amlodipin-Simvastatin → max. 20 mg Simvastatin / d
Calcium-Substitution 1000 mg/d → 2500 mg Calcium überdosiert
HCT 62,5 mg → überdosiert bei Hypertonie/CHF
ungeeignetes Einnahmeintervall
Amlodipin 2 × tgl. → bei HWZ 30-40 h nur 1 × tgl.
ungeeigneter Einnahmezeitpunkt
Hydrochlorothiazid abends
Simvastatin morgens
ungeeignete Therapiedauer
Calciumsubstitution nur bei nachgewiesener Hypokalzämie
Doppelmedikation
HCT als Monopräparat und in Kombination mit Ramipril
Colecalciferol in Vigantol® und Calcimagon® D3
Nebenwirkungen
Schwindel, Unwohlsein → vermutlich zu starke Blutdruckreduktion, evtl. Elektrolytverschiebung (HCT-Dosis)
schmerzende Beine → vermutlich Myopathie aufgrund von Simvastatin-Überdosierung oder Hyperkalzämie
Interaktionen
Pharmakokinetisch:
Alendronsäure + Calcium → Resorption Alendronsäure ↓
Simvastatin + Amlodipin → Simvastatin-Spiegel ↑ durch CYP3A4-Interaktion
Pharmakodynamisch:
Clozapin + Ramipril → Agranulozytose-Risiko ↑
Clozapin + Antihypertensiva → Hypotension ↑
Calcium + Colecalciferol + HCT → Calcium ↑
Spironolacton + Ramipril → Kalium↑
Ramipril + HCT + Clozapin + Amitriptylin → QTc/TdP ↑
Kontraindikation (Alter/Geschlecht/Allergie)
Amitriptylin auf PRISCUS-Liste
Anwendungsproblem
Amitriptylin-FAM nicht teilbar, soll geteilt werden
ungeeignete AM-Auswahl
Amitriptylin bei älterer Patientin zum Schlafen
Sonstiges
Indikation ohne AM → ASS bei KHK
Indikation ohne AM → GTN-Spray zur Kupierung pektanginöser Anfälle

d = Tag, HCT = Hydrochlorothiazid, CHF = chron. Herzinsuffizienz, HWZ = Halbwertszeit, TdP = Torsade de Point, FAM = Fertigarzneimittel, KHK = koronare Herzkrankheit, GTN = Glyceroltrinat

Die verschiedenen Datenbanken (in alphabetischer Reihenfolge) konnten folgende ABPs detektieren (Tab. 3.).

MediCheck+ (Testversion)

MediCheck ist eine sehr intuitiv zu bedienende Plattform zur Durchführung von Medikationsanalysen. Die Identifikation von Problemen erfolgt nach Angaben der Fachinformationen und den Daten von ABDATA. Die Einschätzung der klinischen Relevanz ist nicht immer ganz eindeutig. Die gemachten Angaben erfordern immer noch ein eigenständiges Hinterfragen. Sie setzen die Kenntnis von Leitlinien, die zum Teil aber verlinkt sind, und ein umfassendes Wissen zu den einzelnen Arzneistoffen voraus, Monitoringparameter werden jedoch mit angegeben. Die Nierenfunktion kann mit verschiedenen Formeln abgeschätzt werden. Für die Cockcroft-Gault-Formel müsste das Körpergewicht des Patienten bei Übergewicht jedoch modifiziert werden. Ebenso können vorhandene Laborparameter und Symptome nach Eingabe in die Analyse mit einbezogen werden. Zur weiteren Information sind auch die Fachinformationen verlinkt und schnell und einfach abrufbar. Ungeeignete Einnahmezeitpunkte oder -intervalle werden nicht automatisch detektiert und müssen eigenständig erkannt werden. Dafür ist ein Check mit den verlinkten Fachinformationen eine ­Option.

Teilbarkeiten von Arzneimitteln werden überprüft und Alternativen werden aufgelistet, wenn Teilen weiterhin notwendig ist. Weiterhin bietet MediCheck auch eine Prüfung auf Adhärenz an, diese erfolgt auf der Basis von Dosisabweichungen, z. B. wenn der Patient ein Arzneimittel, das morgens angesetzt wurde, mittags einnimmt, oder wenn eine Dauermedikation nur bei Bedarf angewendet wird.

Mögliche Nebenwirkungen werden mithilfe des AdRisc-Scores als Balkendiagramme dargestellt und bieten Hin­weise darauf, welche Arzneimittel oder Erkrankungen in welchem Umfang für mögliche Symptome des Patienten verantwortlich sein können. Weiterhin bietet das Tool Hinweise zur Genotypisierung an.

Interaktionen werden nicht kumuliert angegeben, sondern jede Interaktion wird einzeln aufgeführt. Interventions­vorschläge werden hier aufgeführt, es kann aber nicht im gleichen Schritt geprüft werden, wie sich das Risiko durch Auswahl eines alternativen Arzneimittels oder einer anderen Dosierung ändert.

Das gesamte Ergebnis der Medikationsanalyse kann mithilfe der PCNE-Klassifizierung (Pharmaceutical Care Network Europe) von ABPs und der Kommunikation dokumentiert werden. Weiterhin können direkt aus dem Programm ein ­Schreiben an den Arzt und eine Patienteninformation erstellt werden, für deren Inhalt es eine mögliche Vorgabe gibt, die aber frei editierbar ist. Neben der einfachen Erstellung des Medikationsplans für den Patienten nach Vorgabe des BMP werden allgemeine Empfehlungen und Präven­tionsmaßnahmen für den Patienten zusammengestellt.

Geplant sind eine Verlinkung mit der Warenwirtschaft und eine Überführung der Daten daraus, ebenso wie die Übernahme der Informationen des bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP). Zudem kann der Typ der Medikationsanalyse eingestellt werden und angeordnet werden, ob auf aktuelle und / oder potenzielle Probleme geprüft werden soll. Die durchgeführten Medikationsanalysen werden lokal und passwortgeschützt auf dem Rechner der Apotheke gespeichert und in anonymisierter Form bei MediCheck. Die Markteinführung von MediCheck+ ist für September 2019 geplant.

RPDoc PhaB

RPDoc ist ein bereits etabliertes Tool zur Durchführung von Medikationsanalysen in verschiedensten Settings. Bei der Erstellung der Medikationsanalyse liegt hier der Focus besonders auf der klinischen Relevanz der gefundenen ABPs. Hinter dem Tool steht eine eigenständige medizinische Redaktion, und es bestehen Experten-Kooperationen z. B. mit Embryotox und dem Arzneitelegramm. Die Eingabe der Arzneimittel kann einfach über das Einscannen erfolgen. Laborwerte und auch die Nierenfunktion werden in die Prüfung mit einbezogen. Bei vorhandenen Angaben wird die Nierenfunktion ebenfalls errechnet, aber auch hier kann das Körpergewicht bei Übergewicht nicht bei der Berechnung angepasst werden. Ungeeignete Einnahmezeitpunkte werden bei RPDoc nicht automatisch erkannt, nicht optimale Einnahmeintervalle werden jedoch angezeigt. Die Teilbarkeit kann nur aus den verlinkten Fachinformationen und somit nicht automatisch überprüft werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) werden nach Häufigkeitsangaben in den Fachinformationen und der Datenbank des Arzneitelegramms als Übersichtstabelle dargestellt, zudem kann sowohl vom Arzneimittel auf eine UAW als auch von einer UAW auf das/die Arzneimittel geprüft werden.

Interaktionen werden mithilfe eines Ampelschemas angezeigt, mehrfache Interaktionen werden kumuliert dargestellt. Es gibt allerdings keine Auswertung von Auswirkungen von Interaktionen, wenn mehrere Arzneimittel und/oder CYP-Enzyme betroffen sind. Dosierungen und Applikationswege werden jedoch bei den Interaktionen mitbetrachtet ebenso wie Interaktionen mit Nahrungsmitteln. Warnhinweise und Maßnahmen werden mit weiterführender Literatur angegeben. Die Warnhinweise sind mit Leitlinien-Empfehlungen verknüpft – einzelne Leitlinien sind nicht integriert, aber es gibt eine Verlinkung dazu. Zusätzlich stehen Risikowarnungen durch Rote-Hand-Briefe und Informationen zum Vorgehen beim Absetzen für die jeweiligen Arzneimittel zur Verfügung.

Für die Empfehlung von Optimierungsvorschlägen ist jedoch auch hier ein umfangreiches Wissen über die Unterschiede der verschiedenen Arzneistoffe notwendig. Um zu erkennen, ob ein Interventionsvorschlag das Risiko verringert, sind eine neue Eingabe und ein neuer Check notwendig. Das Ergebnis der AMTS-Prüfung wird in einer übersichtlichen Tabelle mit entsprechenden Monitoring-Parametern ausgegeben. Die vorgeschlagenen Interventionen und deren Umsetzung erscheinen in der Historie. Es kann automatisch ein Medikationsplan nach BMP-Format erstellt werden, jedoch kein Arztbrief und keine Patienteninformation.

SCHOLZ Datenbank SDB-MDDI

Die SCHOLZ Datenbank (SDB) ist ein seit mehr als 30 Jahren in verschiedenen Settings etabliertes Tool, das ständig erweitert wird. Die SDB gibt es in drei verschiedenen Modulen, wovon sich die Vollversion „SCHOLZ Datenbank MultiDrugDrugInteractions (SDB-MDDI)“ optimal für die Durchführung von Medikationsanalysen eignet. Arzneimittel können eingegeben oder auch eingescannt werden. Labor- und Vitalparameter des Patienten werden bei der Prüfung auf relevante ABPs mit einbezogen.

Eine Überprüfung von Dosierintervallen und Gabezeitpunkten ist nicht automatisiert möglich, kann allerdings durch den Anwender über vorgegebene Dosierschemata oder verlinkte deutsche bzw. US-amerikanische Fachinformationen durchgeführt werden. Doppelmedikationen werden erfasst. Als einzige Datenbank hat die SDB sämtliche Doppelmedikationen unseres Falls erkannt.

Außerdem kann vom Arzneimittel ausgehend auf eine UAW geprüft werden und umgekehrt. Hierbei erweist sich ein Alleinstellungsmerkmal der SDB als sehr hilfreich: der Risikofokus, mit dem schnell zum fokussierten Symptom ein möglicher Auslöser detektierbar wird. Mithilfe des Risikofokus lassen sich im Falle einer Multimedikation sehr schnell arzneimittelspezifische Interaktionen herausfiltern. Darüber hinaus ist die Erstellung eines Risikoprotokolls möglich, in dem alle ABPs oder auch nur die relevanten Risiken aufgeführt sind. Des Weiteren kann ein Adverse Drug Risk (ADR)-Score für bestimmte UAW und Risiken berechnet werden. Mit nur einem Schritt kann überprüft werden, wie sich der ADR-Score verändert, wenn bestimmte auslösende Arzneimittel abgesetzt oder ausgetauscht werden.

Zurzeit befindet sich noch ein zusätzliches Tool, das ADR Control Panel, in der Entwicklung, mit dessen Hilfe 32 wich­tige Vitalfunktionen und UAW-Risiken (z. B. QT-Zeitverlängerung, Sturzrisiko und anticholinerge Last) auf einen Blick dargestellt werden und so eine schnelle Identifikation und Einordung von ABPs und ihrer erforderlichen Maßnahmen ermöglicht werden. Dieses wird voraussichtlich ab September 2019 im Handel sein.

Interaktionen (Arzneimittel, Nahrungs- und Genussmittel) werden mit Hilfe eines Ampelschemas dargestellt. Auch die Relevanz (Gefährlichkeit), Häufigkeit und empfohlene Maßnahmen (stichwortartig) sind auf einen Blick zu sehen. In der Profi-Info werden Mechanismus, Risikofaktoren und aus­führlichere Informationen dargestellt.

Das MDDI-Modul erlaubt sowohl die qualitative als auch die quantitative Analyse von Interaktionen auf Basis multipler Mechanismen und ist somit ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das in keiner anderen Medikationsanalysen-Datenbank zu finden ist. So kann mithilfe des MDDI Calculator prognostiziert werden, inwieweit eine Arzneimittelkombination zu einer Erhöhung der Arzneistoffexposition (AUC) führen könnte. In die Berechnung können zusätzlich sowohl eine Niereninsuffizienz (Grad 1 – 5) als auch die Pharmakogenetik (CYP 2D6-, 2C19- oder OATP1B1-Poor Metabolizer) mit einbezogen werden. Der im MDDI-Modul integrierte Nierenfunktionsrechner erlaubt die Berechnung auf Basis des optimierten Körpergewichts.

Zudem gibt der MDDI Calculator Aufschluss über mögliche Dosisanpassungen und potenzielle klinische Folgen bei Weiterführung der Therapie. Über das SDB Optimierungssystem lassen sich leicht Vorschläge für Arzneimittelsubstitutionen oder alternative Dosierungen generieren, da geprüft werden kann, wie sich das Risiko (Anzeige mit Ampelschema und Äquivalenzdosen der Alternativpräparate) durch die jeweilige Therapieänderung verändert.

Mit der SDB-MDDI kann ein patientenindividueller Medikationsplan erstellt werden, in den bereits relevante Einnahmehinweise integriert sind. Auch ist eine Dokumentation der Ergebnisse der Medikationsanalyse möglich. Die automatisierte Erstellung eines Arztberichtes oder einer Patienteninformation ist bisher noch nicht integriert, aber die SDB enthält einen Leitfaden zur Durchführung der Medikationsanalyse.

Des Weiteren sind nur hier Therapie-Leitlinien integriert. Weiterhin ist die SDB mit einer Schnittstelle zu Medline aus­gestattet, mit der auf Wunsch eine zielorientierte Literaturrecherche durchgeführt werden kann.

Weitere Tools

Neben den Medikationsanalyse-Tools gibt es eine Fülle von weiteren Quellen, die bei einzelnen Aspekten der Medikationsanalyse hilfreich sein können. Neben den vorgestellten Datenbanken sind in jeder Apotheke auch die Informationen von ABDATA verfügbar.

ABDATA fungiert als Zulieferer der jeweiligen Daten, die Umsetzung erfolgt je nach Software-Anbieter. Unterstützung für die Medikationsanalyse bietet die ABDA-Datenbank mit dem automatischen Interaktions-Check, dem Plus X-Modul und dem Zusatzmodul CAVE.

Der größte Vorteil ist die Verknüpfung mit dem Kassensystem und der Taxe. Patienten lassen sich relativ schnell über die Versichertenkarte anlegen oder sind bereits im System gespeichert. Die Eingabe von Erkrankungen und Allergien erfolgt über das CAVE-Modul, das je nach Software-Anbieter unterschiedlich umgesetzt ist. Wichtig ist, das gilt aber für alle Datenbanken: Mögliche Risiken können nur für hinterlegte Erkrankungen oder Symptome gecheckt werden. Das Plus X-Modul bietet wichtige Informationen zu Teilbarkeit, Sondengängigkeit, valide Hinweise zur erleichterten Einnahme, Lagerungshinweise, eine Verknüpfung mit Rote-Hand- und Blaue-Hand-Briefen, Fach- und Gebrauchsinformationen. Zusätzlich sind für ca. 24.000 PZNs Bilder hinterlegt. Zur Detektion von Interaktionen stehen umfangreiche Infor­mationen zur Verfügung. Die Interaktionen werden auf Substanzklassenebene geprüft. In der Rubrik „Maßnahmen“ werden der Umgang mit der Interaktion sowie Unterschiede bei den einzelnen Arzneistoffen beschrieben. Die Auswirkungen von Wechselwirkungen von z. B. mehreren Arzneistoffen auf ein CYP-Enzymsystem sind nur schwer abschätzbar, daher werden dazu keine Angaben gemacht. Doppelmedikationen wirkstoffgleicher bzw. -ähnlicher Stoffe werden über den ATC-Code (WHO) auf der 4. und 5. Stufe angezeigt. Über- oder Unterdosierungen sowie falsche Einnahmeintervalle und –zeitpunkte werden nicht angezeigt. Diese Informationen liefern aber die vorhandenen Fachinformationen bzw. die Taxe. Insgesamt wird kein systematischer Check auf die relevanten ABPs angeboten, die einzelnen ABPs müssen in den jeweiligen Modulen einzeln überprüft werden. Zur Dokumentation von Maßnahmen, die im Rahmen einer Medikationsanalyse durchgeführt wurden, haben einige Software-Anbieter entsprechende Programme entwickelt. Die Daten zur Erstellung des Medikationsplans nach Vorgabe des Bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP) sind fester Bestandteil der ABDA-Datenbank. Mit der neuen ABDA-Datenbank, die sich derzeit in der Umsetzung bei den Softwarehäusern befindet, werden viele Funktionen optimiert bzw. ergänzt wie z. B. das Erkennen von fehlenden Arzneimitteln oder von Interferenzen wie Verordnungskaskaden.

Eine Auswahl weiterer unterstützender Tools ist in der Tabelle 4 aufgeführt.

Tab. 4: Weitere Tools
Name
Anwendung
Kommentar
Kostenpflichtig
UpToDate
Interaktionen
  • Gegencheck
  • nur US-Arzneimittel
ja
drugs.com
Interaktionen
  • Gegencheck
  • nur US-Arzneimittel
  • patientenzentriert
  • Erkennen von Doppelmedikationen
wechselwirkungscheck.de
Interaktionen
  • gute grafische Darstellung
  • Hinweise auf TdP, DANI
ja
MediQ
Interaktionen
  • ausführliche Stoffwechselwege und Wirkmechanismen dargestellt
  • Anzeige auch von Arzneimitteln ohne IA zur Alternativauswahl
ja
Psiac
Interaktionen
  • Fokus auf Psychopharmaka
  • QT-Risikobewertung, Bewertung anticholinerge Last sowie serotonerge Effekte
nein
nierenrechner.de
GFR-Berechnung
verschiedene Formeln
nein
clincalc.com
GFR-Berechnung
  • Vergleich verschiedener Formeln
  • Anpassung des KG
  • Äquivalenzdosen Opioide
nein
medicalapps.ch
medizinische Anwendungen
  • Äquivalenzdosen z. B. Antihypertensiva
  • Scores (z. B. CHADS2-VASC)
nein
awmf.org
Aktuelle Leitlinien
  • Leitlinien
nein
Leitlinie
  • Nationale Versorgungsleitlinien
nein
degam.de
Leitlinie
  • Leitlinie
  • Patienteninformation
nein
ginasthma.org
Leitlinie
  • globale Asthma-Leitlinie
nein
google scholar
Studiensuche
  • Suche nach Studienergebnissen
nein
PubMed
Studiensuche
  • Suche nach Studienergebnissen
nein (Abstracts)
crediblemeds.org
QT-Zeit-Verlängerung
  • verschiedene Risikoklassen
  • englischsprachige Seite
nein
Registrierung
Anticholinergicscale.es
Anticholinerge Last
  • englischsprachige Seite
nein
FORTA-Liste
  • Überwachung und Optimierung der AM-Therapie älterer Patienten
  • auch als APP verfügbar
nein
Doc-Check-Passwort
priscus.net
PRISCUS-Liste
  • potenziell inadäquate AM im Alter
  • kein Update seit 2011
teilweise
gelbe-liste.de
Fachinformationen
  • Teilbarkeit
  • Sondengängigkeit
nein
pharmnet-bund.de
Fachinformationen
  • DIMDI-Schnittstelle im Arzneimittel-Informationssystem
nein
embryotox.de
Risikobeurteilung
  • Risikobewertung von Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit
nein
atemwegsliga.de
Patientenschulung
Leitlinien
  • Schulungsvideos zu Asthma-Devices
nein
lipid-liga.de
Patientenschulung
Leitlinien
  • Infomaterialien für Patienten zum Thema Dyslipidämien
  • Ernährungsratschläge
nein
dge.de
Patientenschulung
Leitlinien
  • Ernährungsratschläge
nein

TdP = Torsade de Point, DANI = Dosisanpassung an Nierenfunktion

Fazit

Das Anforderungsprofil wird von allen Datenbanken relativ gut erfüllt. Im Ergebnis zeigen sich aber durchaus Schwächen und auch Unterschiede. Keine Datenbank konnte anzeigen, dass eine abendliche Gabe von HCT aufgrund häufigeren nächtlichen Wasserlassens zu Schlafstörungen führen könnte, die ggf. zu einer Verschreibungskaskade führt. Die hohe Dosis von HCT und Calcium hat ebenfalls keine Datenbank erkannt. Ebenso erfolgt bei keiner Software eine automati­sierte Kritik an der morgendlichen Einnahme von Simvastatin. Zu guter Letzt erfolgt auch keine Überprüfung auf Indikationen ohne Arzneimittel. Es gab keine direkten Meldungen, dass bei der Patientin ein Thrombozytenaggregationshemmer und für einen akuten Angina-pectoris-Anfall ein Nitroglycerin-Spray oder andere akute Antianginosa zu einer optimalen KHK-Therapie notwendig sind (die drei Softwarehersteller bieten hier unterschiedliche Möglichkeiten des Einbeziehens von Leitlinien (s. Tabelle 3). Auch Anwendungsprobleme oder Non-Adhärenz kann mit keiner Datenbank vollständig erfasst werden. Die patientenbezogene Beurteilung der Therapie obliegt also dementsprechend stets dem Anwender und ist immer bezogen auf jeden individuellen Fall zu betrachten. Sie wird niemals von einem Tool übernommen werden können.

Schlussendlich sind die Werkzeuge für eine Medikationsanalyse nur eine Hilfestellung, um sich einen Überblick über den Fall zu verschaffen. In verschiedenen Untersuchungen gelang es nicht zu zeigen, dass sich das Outcome für den Patienten durch die alleinige Unterstützung einer Datenbank signifikant verbesserte [3 – 6]. Datenbanken ersetzen somit niemals den pharmazeutischen Sachverstand des Anwenders. Wäre dies möglich, wer bräuchte Pharmazeuten dann noch im Medikationsmanagement? Da dem nicht so ist, ist der kritische Blick auf die Resultate, die ein Tool liefert, so wichtig, um für jeden Patienten ganz individuell die Lösung zu finden, von der er am meisten profitiert. |

Literatur

[1] Bundesapothekerkammer. Leitlinie der Bundesapothekerkammer – Medikationsanalyse; 2014 [Stand: 24.07.2019]. Verfügbar unter: https://www.abda.de/fileadmin/assets/Praktische_Hilfen/Leitlinien/Medikationsanalyse/LL_MedAnalyse.pdf.

[2] Kleuker S. Grundkurs Datenbankentwicklung. Von der Anforderungsanalyse zur komplexen Datenbankanfrage. 1. Auflage. Wiesbaden: Friedrich Vieweg & Sohn Verlag; 2006.

[3] Cleveringa FGW, Gorter KJ, van den Donk M, van Gijsel J, Rutten GEHM. Computerized decision support systems in primary care for type 2 diabetes patients only improve patients‘ outcomes when combined with feedback on performance and case management: A systematic review. Diabetes Technol Ther 2013;15(2):180-92. doi: 10.1089/dia.2012.0201.

[4] Garg AX, Adhikari NKJ, McDonald H, Rosas-Arellano MP, Devereaux PJ, Beyene J et al. Effects of computerized clinical decision support systems on practitioner performance and patient outcomes: A systematic review. JAMA 2005;293(10):1223-38. doi: 10.1001/jama.293.10.1223.

[5] Ali SM, Giordano R, Lakhani S, Walker DM. A review of randomized controlled trials of medical record powered clinical decision support system to improve quality of diabetes care. Int J Med Inform 2016;87:91–100. doi: 10.1016/j.ijmedinf.2015.12.017.

[6] Groenhof TKJ, Asselbergs FW, Groenwold RHH, Grobbee DE, Visseren FLJ, Bots ML. The effect of computerized decision support systems on cardiovascular risk factors: A systematic review and meta-analysis. BMC Med Inform Decis Mak 2019;19(1):108. doi: 10.1186/s12911-019-0824-x.

Autoren

Isabel Waltering, Apothekerin, PharmD, hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Pharmazie studiert. Referentin für verschiedene Apothekerkammern im Bereich Fort- und Weiterbildung. Studium zum Doctor of Pharmacy (University of Florida, USA). Prüfungsausschuss Geriatrische Pharmazie (AKWL und LAK BW), Wissenschaftliches Mitglied und Mitinitiatorin der WestGem-Studie) in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität Wuppertal und der KatHO-NRW. Mitarbeiterin in der Ludgeri-Apotheke in Billerbeck. Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitskreis von Prof. Dr. Georg Hempel in Münster als AMTS-Dozentin.

Ulrich Lücht, Apotheker in der Hirsch-Apotheke von Wolfgang Scholz in Lüdenscheid. Seit 2017 Promotion in Verbindung mit der SCHOLZ Datenbank an der Westfälischen-Wilhelms-Universität im Arbeitskreis Klinische Pharmazie bei Prof. Dr. Georg Hempel.

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