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Arzneimittel und Therapie
Probiotika gegen schmerzende Ohren
Prävention der akuten Mittelohrentzündung scheint bei Kindern möglich
Bis zum zweiten Lebensjahr erleiden 70% aller Kinder mindestens eine akute Mittelohrentzündung, wobei 20 bis 30% aller Kinder mehr als zwei Episoden erleben. Zur Behandlung einer schweren Mittelohrentzündung empfehlen Leitlinien oft Antibiotika als Mittel der ersten Wahl. Der Prävention kommt somit eine große Bedeutung zu. Daher wurde im Rahmen eines Cochrane Reviews untersucht, welchen Effekt Probiotika auf das Auftreten der akuten Mittelohrentzündung bei Kindern haben. Die Autoren durchsuchten mehrere Datenbanken und Studienregister nach randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) mit Kindern bis 18 Jahren, in denen Probiotika mit Placebo, der Standardtherapie oder keinem Probiotikum verglichen wurden. Den Auswahlkriterien entsprachen 17 RCT mit insgesamt 3488 Kindern im mittleren Alter von 2,4 Jahren. Die Studien waren vor Oktober 2018 in Europa durchgeführt worden und untersuchten entweder Lactobacillus- oder Streptococcus-haltige Probiotika als Intervention. In allen Studien wurde danach unterschieden, ob die Kinder anfällig oder nicht anfällig für eine akute Mittelohrentzündung waren. Zur Definition von „anfällig“ lagen jedoch keine genaueren Angaben vor.
Weniger Erkrankungen
Der Anteil der Kinder, die eine oder mehrere Episoden einer akuten Mittelohrentzündung erlitten, war unter Probiotika im Vergleich zur Kontrollgruppe insgesamt um 23% erniedrigt (Risikoverhältnis [RR] 0,77; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,63 bis 0,93). Von den Kindern, die nicht anfällig für eine Mittelohrentzündung waren, erkrankte ein Drittel weniger, wenn prophylaktisch Probiotika gegeben wurden (RR 0,64; 95%-KI 0,49 bis 0,84). Bei den anfälligen Kindern zeigte sich hingegen kein Vorteil.
Die Einnahme von Probiotika verringerte den Anteil an Kindern, die allgemein wegen einer Infektion Antibiotika erhielten, um 34% (RR 0,66, 95%-KI 0,51 bis 0,86). Nebenwirkungen wurden unter Probiotika nicht häufiger beobachtet als in der Vergleichsgruppe (Odds Ratio [OR] 1,54; 95%-KI 0,60 bis 3,94). Die einzelnen Studien unterschieden sich jedoch stark in Bezug auf die untersuchten probiotischen Stämme und deren Dosis sowie die Häufigkeit und Dauer der Anwendung, weshalb die Ergebnisse sehr heterogen waren.
Probiotika
Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Probiotika lebende Mikroorganismen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken, wenn sie in einer adäquaten Menge aufgenommen werden. Häufig eingesetzte Spezies sind Lactobacillus, Bifidobakterium, Streptococcus oder Saccharomyces. Bei gesunden, immunkompetenten Personen ist die Einnahme ohne gesundheitsschädlichen Effekt. Bislang ist der Wirkmechanismus unklar, vermutlich stabilisieren Probiotika das Darmmikrobiom, modulieren das Immunsystem und konkurrieren mit Pathogenen um Nährstoffe und Adhäsionsstellen.
Optimale Strategie noch unklar
Für die Praxis bedeuten diese Resultate, dass nicht anfällige Kinder von einer präventiven Probiotikaeinnahme profitieren könnten. Außerdem verringert die Gabe der Mikroorganismen den Anteil an Kindern, die Antibiotika für irgendeine Infektion einnehmen müssen. Der optimale Stamm, die Dauer, die Häufigkeit und der Zeitpunkt der Einnahme müssen jedoch noch etabliert werden. |
Literatur
Scott AM et al. Probiotics for preventing acute otitis media in children. Cochrane Database Syst Rev 2019;6:CD012941
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