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Aus den Ländern
Dienstleistungen, Digitalisierung und alltägliche Apothekenarbeit
Großes Programm beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern
Pudimat kritisierte, dass die „allgegenwärtige Aufregekultur“ vom Wesentlichen ablenke. Für die Apotheken sehe er viele „Baustellen“, aber der Personalmangel sei für ihn das größte Problem. Hinzu komme die überbordende Bürokratie, zumal diese den Personalaufwand noch steigere und so „die Freude am Beruf regelrecht vernichtet“. Angesichts der großen Zahl tätiger Apotheker und PTA stelle sich die Frage: „Wo sind die alle?“
Stolz statt Depression
Dennoch sollten die Apotheker nicht in eine Depression verfallen, sondern stolz ihre Leistungen herausstellen, mahnte Pudimat. Er betonte, dass sich auch die deutlichsten Kritiker beim Deutschen Apothekertag nicht dafür ausgesprochen hätten, die Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium aufzukündigen. Er hoffe, dass die im Gesetzentwurf geplanten Regelungen durchgesetzt würden. Pudimat wandte sich auch dagegen, die ABDA infrage zu stellen, weil sie nicht die Maximalforderungen der Apotheker durchbekommen habe. „Das ist eine ziemlich unsinnige Haltung und schwächt uns manchmal selbst“, erklärte Pudimat.
Steuerfreies für das Personal
Vera Absalon, Niederlassung Schwerin der Treuhand Hannover, präsentierte die jüngsten Wirtschaftsdaten der Apotheken, die trotz höherer Durchschnittsumsätze geringere Gewinne erwarten lassen (siehe AZ 2019, Nr. 44, S. 4). Angesichts der großen Bedeutung des Personals für die Apotheken vermittelte ihre Kollegin Ines Viehweg steuerlich attraktive Möglichkeiten, um Mitarbeiter zusätzlich zum Gehalt zu honorieren. Als Begünstigungen, die keine Steuerpflicht auslösen oder pauschal versteuert werden können, nannte sie insbesondere anlassbezogene Aufmerksamkeiten, Berufskleidung, Erholungsbeihilfen, Fahrtkostenerstattungen, Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Warengutscheine sowie die Überlassung von elektronischen Geräten und Fahrrädern. Obwohl dafür teilweise niedrige Obergrenzen bestehen, könnten in der Summe erhebliche Begünstigungen erreicht werden.
Neue Dienstleistungen als Chance
Dr. Eckart Bauer, ABDA-Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales, betrachtete strategische und ökonomische Aspekte der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Krankenkassen würden für ihr Marketing Selektivverträge zu speziellen Leistungen bevorzugen, wobei die Fallzahlen gering blieben. Da ein solcher Flickenteppich keine Perspektive biete, sei die geplante neue gesetzliche Regelung derzeit die einzige Aussicht auf solche Dienstleistungen mit relevanten Fallzahlen. Dies bringe viel Arbeit für alle, aber Bauer appellierte an die Apotheker, das geplante Gesetz als Chance zu sehen. Wenn es in Kraft tritt, werde es auf jeden Fall einen Vertrag geben, notfalls mithilfe der Schiedsstelle.
Viele kleine Leistungen – keine „Skurrilitäten“
Da die Patienten einen Anspruch auf die neuen Leistungen erhalten würden, müsse der Deutsche Apothekerverband ein flächendeckendes Angebot sicherstellen. Nicht jede Apotheke werde alles anbieten, aber es dürfe nicht um „Skurrilitäten“ gehen. Bauer nannte keine Beispiele für mögliche Leistungen, aber Medikationsanalysen würden bestimmt zum Thema. Außerdem sollten die Apotheker viele „kleine“ Leistungen erwarten, die von vielen Apotheken erbracht werden könnten.
Viel Arbeit für Verhandlungen
Bauer warb für eine Honorierung nach dem Vorbild des Nachtdienstfonds. Allerdings sei es paradox, dass eine nicht packungsbezogene Leistung über Packungen finanziert werde. Damit sei keine Dynamik und kein Bezug zur Morbidität verbunden, kritisierte Bauer. Für jede Leistung sollten feste Entgelte vereinbart werden. Punktwerte wie bei den Ärzten seien nicht praktikabel, weil für die pharmazeutischen Dienstleistungen Erfahrungen zur Nachfrage fehlen. Zur Honorarhöhe verwies Bauer auf eine Herausforderung, die bereits in ökonomischen Betrachtungen zu den neuen Leistungen dargestellt wurde: Wenn die Leistungen zu einem neuen Standbein für die Apotheken werden sollen, müssen sie sich selbst rechnen, alle Kosten tragen und einen Gewinn abwerfen. Außerdem sei offen, welcher Nachweis für den Nutzen der Leistungen bei den Patienten erbracht werden kann und wie Leistungen für Privatversicherte angeboten werden könnten. Bei dem ganzen Thema stünden die Verhandler auf beiden Seiten vor neuen Aufgaben.
TI-Start mit E-Medikationsplan
Als weiteres zentrales Zukunftsprojekt beschrieb Sören Friedrich, ABDA-Abteilungsleiter IT/Telematik, die Digitalisierung. Für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) benötigen die Apotheken einen E-Health-Konnektor, Kartenlesegeräte, den elektronischen Heilberufeausweis des Apothekers und die Institutionenkarte (SMC-B). Der erste E-Health-Konnektor solle im ersten Quartal 2020 verfügbar sein und dann in einem Feldtest in Westfalen-Lippe erprobt werden. Als erste Fachanwendung in der TI erwartet Friedrich den E-Medikationsplan, der inhaltlich dem gedruckten Plan entsprechen werde, aber zusätzlich historische Daten enthalten solle. Außerdem sei die Kommunikation der Leistungserbringer über die TI geplant, praktisch ein hochsicherer Maildienst. Die E-Patientenakte und das E-Patientenfach seien kürzlich zusammengeführt worden und sollen 2021 verfügbar sein. Doch die Zusammenlegung qualifizierter und vom Patienten selbst erstellter Daten werde es kaum möglich machen, die relevanten Informationen zu finden, fürchtet Friedrich.
Weichenstellungen für E-Rezepte
Die Spezifikationen für das E-Rezept sollten bis Ende Juni 2020 getroffen werden, um es anschließend lauffähig zu machen, erläuterte Friedrich. Die Verordnungsdaten seien in der TI gespeichert. Die Patienten erhielten nur digitale Schlüssel mit den Zugangsdaten. Für die Steuerung durch die Patienten empfahl Friedrich die Web-App des Deutschen Apothekerverbandes. Als Vorteile nannte er insbesondere die bundesweite Verfügbarkeit und die „gleich langen Speere“ für alle Apotheken – Vor-Ort-Apotheken und Versender. Anders als bei Apps kommerzieller Anbieter seien nur „neutrale“ Funktionen wie Vorbestellung, Apothekenfinder und Notdienstangaben vorgesehen.
N-Ident-Zugang für Modellprojekte
Doch auch ohne Anbindung an die TI laufen bereits Modellprojekte für das E-Rezept und weitere sind geplant, insbesondere das Gerda-Projekt in Baden-Württemberg. Dabei nutzen die Apotheken ihren N-Ident-Zugang, der ohnehin für Securpharm erforderlich ist, erklärte Ommo Meiners, Norddeutsches Apothekenrechenzentrum. Dieses System zeige bereits die praktischen Vorteile des E-Rezepts für die Apotheken. Die Daten würden automatisch in die Warenwirtschaft übernommen. Dies spare Zeit und vermeide Fehler. Die Abrechnung erfolge per Knopfdruck. Bereits jetzt könnten E-Rezepte abgerechnet werden, wenn die Rechenzentren aus den Daten Ersatzbilder im üblichen Rezeptformat generieren. Die bereits erarbeiteten Funktionen könnten später für die E-Rezepte in der TI genutzt werden.
Neue Erwartungen zum Rahmenvertrag
Zum Abschluss des Seminars ging Carsten Pelzer, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, auf Kritik am neuen Rahmenvertrag ein. Die negative Wahrnehmung sei durch anfängliche Umsetzungsschwierigkeiten in der Software und die häufigeren Lieferengpässe zu erklären. Doch insbesondere der neue Nachweis der Nicht-Lieferbarkeit und die Vereinfachungen zur Wahl der Packungsgrößen seien vorteilhaft. Offene Fragen zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Apothekern sieht Pelzer noch beim pseudogenerischen Markt und bei der Haftung der Apotheken für den Herstellerrabatt bei Insolvenz des Herstellers. Für beide Themen habe das Bundesgesundheitsministerium die Verhandlungspartner aufgefordert, eine Regelung zu finden, erklärte Pelzer. |
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