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Beratung

Ein Fall für den Arzt?

Ohrenschmerzen in der Selbstmedikation

Ohrenschmerzen können verschiedenste Ursachen haben. Die Behandlung im Rahmen der Selbstmedikation ist nur bedingt möglich. Wichtig ist es, im Beratungsgespräch überweisungs­bedürftige Ursachen abzuklären, die richtige Darreichungsform zu wählen und ihre Anwendung genau zu erläutern. | Von Martina Schiffter-Weinle

Akute Ohrenschmerzen sind vor allem bei Kindern keine Seltenheit. Mehr als 60% der Deutschen erkranken innerhalb der ersten sechs Lebensjahre mindestens einmal an einer akuten Mittelohrentzündung (Otitis media). Bei Erwachsenen sind Entzündungen des äußeren Gehörgangs (Otitis ­externa) die häufigste Ursache einer Otalgie. Doch auch andere Erkrankungen können mit Ohrenschmerzen verbunden sein (siehe Kasten „Mögliche Ursachen von ­Ohrenschmerzen“). Je nach Lokalisation unterscheidet man Erkrankungen des äußeren Ohrs, des Mittel- und des Innenohrs. Nicht immer geht die Ursache der Schmerzen vom Ohr selbst aus (primäre Otalgie). Werden sie durch Erkrankungen in der Umgebung der Ohren, beispielsweise durch eine akute Tonsillitis, eine Kehlkopfentzündung oder Erkrankungen der Kiefergelenke oder Zähne, ausgelöst, spricht man von sekundären Otalgien. Bei Kleinkindern treten Ohrenschmerzen oft begleitend bei Infektionskrankheiten wie Schnupfen, Mandelentzündungen oder im Rahmen der typischen Kinderkrankheiten auf. Auch Fremdkörper im äußeren Gehörgang oder ein Ceruminal-Pfropf können Schmerzen auslösen.

Ursache von außen schwer zu erkennen

Um die genaue Ursache der Otalgie zu bestimmen, empfiehlt die Leitlinie „Ohrenschmerzen“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) neben einer Befragung des Patienten oder deren Begleitperson eine körperliche Untersuchung. Dabei wird das Ohr beispielsweise auf eine Otorrhö (Eiter, Blut, Schleim und Liquor) sowie auf eine Rötung und Schwellung der Ohrmuschel untersucht. Ein Hämatom kann auf traumatische Ursachen hinweisen, Schwellungen z. B. auf einen Tumor, eine Entzündung oder Sialolithiasis (Speichelsteine in den Speichel­drüsen). Mithilfe eines beleuchteten Otoskops können der Gehörgang und das Trommelfell eingesehen und deren Zustand beurteilt werden. Bei Verdacht auf Komplikationen, z. B. eine systemische Infektion, sowie bei erheblich komplizierenden und rezidivierenden Otitiden wird eine Labordiagnostik empfohlen.

In der Apotheke stehen diese Untersuchungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung. Hier muss man sich auf das vom Patienten oder dessen Eltern (Fremdanamnese) geschilderte Krankheitsbild verlassen. Wichtig sind vor allem Fragen nach dem Alter des Betroffenen, seinem Allgemeinzustand, dem Beginn, der Dauer, Stärke und dem Verlauf der Beschwerden, weiteren Symptomen wie Fieber, Hörminderung, Ohrgeräusche, Schwindel, Appetitlosigkeit oder Ausfluss aus dem Ohr. Auch eine vorhergehende Infektion der Atemwege, vorhergehende Behandlungen und frühere Ohrbeschwerden sowie bekannte Begleit- und Grunderkrankungen sollten Sie erfragen, da sie einen Hinweis auf die Ursache der Ohrenschmerzen oder Grenzen der Selbstmedikation geben können. Generell gilt, dass eine ärztliche Abklärung notwendig ist, wenn Ohrenschmerzen länger als ein bis zwei Tage anhalten, mit hohem Fieber, Otorrhö ­(Ohrenfluss) oder deutlicher Hörminderung einhergehen oder häufig wiederkehren.

Verdacht auf Otitis media

Plötzlich einsetzende starke, stechende und pulsierende ­Ohrenschmerzen bei Kindern mit einer abklingenden harmlosen Erkältung sind ein Hinweis auf eine akute Mittelohrentzündung (Otitis media). Häufig werden die Kleinen zunächst quengelig, sind appetitlos und klagen über Kopf- oder sogar Bauchschmerzen. Die Ohrenschmerzen beginnen meist erst abends oder nachts. Im weiteren Verlauf kann auch Fieber auftreten. Zudem kann es aufgrund der Flüssigkeits- oder Schleimansammlung im Mittelohr zu einer Hörminderung auf einem oder beiden Ohren kommen.

Ursache einer Otitis media ist häufig eine über die Eustachische Röhre (Tuba auditiva) aufsteigende virale oder bakterielle Infektion, die zu starken Entzündungsreaktionen der Mittelohrschleimhaut führt. Da bei Säuglingen und Kleinkindern die Eustachische Röhre noch sehr kurz ist, können sich bei ihnen Infekte im Nasen-Rachen-Raum leichter ins Mittelohr ausbreiten. Durch das Anschwellen der entzündeten Tubenschleimhaut verstopft die Eustachische Röhre, und das Mittelohr kann nicht mehr ausreichend belüftet werden, was einen Flüssigkeitsstau im Mittelohr zur Folge hat. Das Trommelfell wölbt sich nach außen und der dadurch entstehende Druck verursacht Ohrenschmerzen. Manchmal kommt es zur spontanen Perforation des Trommelfells, wobei das Exsudat durch den Gehörgang nach außen gelangt. Ein Trommelfellriss bringt dem Patienten zwar schlagartige Erleichterung, macht aber eine ärztliche Kontrolle notwendig.

Mögliche Ursachen von Ohrenschmerzen

Ohrenschmerzen mit Ursache im Ohr (primäre Otalgie)

  • Mittelohrentzündung (Otitis media, häufig bei Kindern)
  • Entzündung des äußeren Gehörgangs (Otitis externa)
  • Entzündung der Ohrmuschel (ausgelöst z. B. durch Bakterien, Pilze, Insektenstiche, Sonnenbrand)
  • übertriebene oder falsche Ohrenreinigung (z. B. mit Wattestäbchen)
  • Furunkel im Gehörgang
  • Herpes zoster des Ohres
  • Verletzungen oder Traumen, z. B. Fremdkörper im Gehörgang, Schlag aufs Ohr
  • Druckunterschiede, z. B. Höhenunterschied beim Fliegen, Bergbahn, Tauchunfall
  • verhärtetes Ohrenschmalz (Ceruminalpfropf)
  • Trommelfellentzündung, Trommelfellverletzung

Ursachen, die nicht direkt im Ohr liegen (sekundäre Otalgie)

  • Erkältung, Grippe
  • Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
  • Rachenentzündung (Pharyngitis)
  • Mandelentzündung (Tonsillitis )
  • Hörsturz
  • Tubenkatarrh
  • Erkrankungen der Kiefergelenke
  • Erkrankungen der Zähne, z. B. kariöse Backenzähne
  • Viruserkrankungen wie Masern, Mumps, Röteln
  • Abnützungen der Halswirbelsäule, Bandscheiben­vorfall
  • Mastoiditis (Entzündung des Warzenfortsatzes hinter dem Ohr)
  • Pfeiffersches Drüsenfieber
  • Kehlkopfentzündung (Laryngitis)
  • Nervenschmerzen (Trigeminusneuralgie)
  • Tumoren im Ohr, z. B. Akustikusneurinom
  • Diabetes mellitus

Schmerz stillen, abwarten und beobachten

Akute Mittelohrentzündungen heilen häufig spontan aus: in 66% der Fälle innerhalb von 24 Stunden, in 78% innerhalb von zwei bis sieben Tagen. Deshalb empfiehlt die Leitlinie „Ohrenschmerzen“ der DEGAM, bei Patienten ohne Risikofaktoren auf eine sofortige antibiotische Therapie zu verzichten und zunächst eine symptomatische Behandlung mit Analgetika durchzuführen. Mit der Gabe eines Antibiotikums sollte erst dann begonnen werden, wenn Schmerzen und Fieber auch nach 24 bis 48 Stunden weiterbestehen.

Was bedeutet das für die Apothekenpraxis? Es gibt einige Patientengruppen, die grundsätzlich immer an einen Arzt verwiesen werden müssen:

  • Säuglinge bis 6 Monate
  • kranke Kinder (6 bis 24 Monate) mit anhaltendem Fieber, Erbrechen, eingeschränktem Allgemeinzustand
  • Kinder unter 24 Monaten mit beidseitiger akuter Otitis media
  • sehr kranke Kinder ab zwei Jahren mit hohem Fieber, septischem Zustand, persistierendem Erbrechen, Meningismus, Krampfanfällen, akuter Fazialisparese (Gesichts­lähmung)
  • Kinder mit früheren Komplikationen bei akuter Mittelohrentzündung
  • Patienten mit erhöhtem Risiko:
  • akute Otitis media mit Otorrhö
  • Begleit-/Grunderkrankungen
  • rezidivierende Infekte
  • Paukenröhrchen
  • Immunsuppression
  • schlechtes Allgemeinbefinden
  • hohes Fieber
  • anhaltendes Erbrechen und / oder Durchfall
Tab. 1: Empfohlene Schmerzmittel- und Antibiotikadosierungen bei unkomplizierter akuter Mittelohrentzündung für Kinder ab sechs Monaten [Leitlinie Ohrenschmerzen].
Arzneimittelgruppe
Arzneistoff
empfohlene ­Dosierung
Analgetikum
Paracetamol
  • maximal 60 mg/kg Körper-gewicht/Tag
  • verteilt auf drei- bis viermal 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht/Tag
Ibuprofen
  • maximal 20 bis 30 mg/kg Körpergewicht/Tag
  • verteilt auf drei bis vier Gaben pro Tag
Antibiotikum
Amoxicillin (1. Wahl)
  • 50 mg/kg Körpergewicht/Tag
  • verteilt auf zwei bis drei Einzeldosen über sieben Tage
Cefuroximaxetil oder anderes orales Cephalosporin der Gruppe 2
  • 20 bis 30 mg/kg Körpergewicht/Tag für fünf bis zehn Tage
Erythromycin oder anderes Makrolid (bei Vorliegen von Allergien gegen Penicilline)
  • Erythromycin: 30 bis 50 mg/kg Körpergewicht/Tag
  • verteilt auf drei Einzeldosen über sieben Tage

Patienten mit einer unkomplizierten akuten Otitis media können zunächst mit systemischen Paracetamol- und Ibuprofen-haltigen Präparaten behandelt werden (siehe Tabelle 1). Dabei sollten vor allem Kinder gut beobachtet und bei Verschlechterung der Symptome oder bei ausbleibender Besserung nach 24 bis 48 Stunden dem Arzt vorgestellt werden. Wichtig ist die ausreichende Aufklärung der Eltern, nach welchem Zeitraum und bei welchen Symptomen sie reagieren sollten. Ist eine antibiotische Therapie notwendig, ist das Medikament der ersten Wahl Amoxicillin in einer Tagesdosierung von 50 mg / kg Körpergewicht in zwei bis drei Einzeldosen über sieben Tage. Alternativ kann ein orales Cephalosporin der 2. Generation (z. B. Cefuroxim­axetil, 20 bis 30 mg/kg Körpergewicht pro Tag), bei Vorliegen einer Penicillinallergie ein Makrolid (z. B. Erythromycin oder Azithromycin) eingesetzt werden. Tabelle 2 fasst die Empfehlungskriterien für eine Antibiotikagabe zum Zeitpunkt der Erstdiagnosestellung zusammen.

Tab. 2: Indikationen zur antibakteriellen versus abwartenden Therapie bei Kindern mit unkomplizierter Otitis media acuta (AOM)
Alter
mäßige bis schwere ­Ohrenschmerzen, Temperatur ≥ 39 °C oder Otorrhö
leichte Ohrenschmerzen und Temperatur ≤ 39 °C
unter 6 Monate
antibakterielle Therapie
antibakterielle Therapie
6 bis 24 Monate
antibakterielle Therapie
  • antibakterielle Therapie bei beidseitiger AOM
  • Observation bei einseitiger AOM (24 Stunden)
ab 2 Jahren
antibakterielle Therapie
Observation (48 Stunden)

Was sonst noch hilft

Neben der Schmerzlinderung mit Ibuprofen oder Paracetamol helfen auch körperliche Schonung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Zuwendung. Als unterstützende Maßnahme können Sie vasokonstriktorische Nasentropfen oder -sprays anbieten. Die darin enthaltenen α-Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin lassen die Mündung der Eustachischen Röhre im Nasenrachenraum abschwellen. So kann das Mittelohrsekret abfließen, und der schmerzhafte Druck auf das Mittelohr lässt nach. Bei gleichzeitig vorliegender Rhinitis führt die Abschwellung der Nasenschleimhaut oft zu einer besseren Nasenatmung. Vor allem Kinder, die überwiegend durch die Nase atmen, profitieren davon. Sie können besser schlafen, trinken und essen, was den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann. Bei der Beratung sollte man unbedingt darauf hinweisen, dass die Lösungen in die Nase und nicht etwa ins Ohr eingebracht werden müssen. Die Anwendung sollte maximal dreimal täglich und nicht länger als fünf bis sieben Tage erfolgen. Die lokale Anwendung von analgetisch-anästhetischen Ohrentropfen (z. B. Otalgan®) wird bei einer Mittelohrentzündung nicht empfohlen, denn ihre Wirksamkeit ist fraglich, weil sie zwar das Trommelfell, jedoch nicht den Ort des Entzündungs- und Schmerzgeschehens erreichen. Bei Trommelfellverletzungen sind Ohrentropfen aufgrund der Gefahr der Keimverschleppung in das Mittelohr sogar kontraindiziert.

Otitis externa

Bei Jugendlichen und Erwachsenen werden Ohrenschmerzen häufig durch eine Otitis externa, also eine Entzündung des äußeren Gehörgangs, verursacht. Entzündungsauslöser können Bakterien- oder Pilzinfektionen, Allergien oder das Einwirken toxischer Substanzen, z. B. scharfer Seifen, sein. Infektionsanfällig wird die Gehörgangshaut beispielsweise durch kleine Verletzungen (Mikroläsionen), die durch eine unsachgemäße Ohrreinigung mit Wattestäbchen oder spitzen Gegenständen entstehen. Ein feucht-warmes Milieu begünstigt die Entstehung einer Otitis externa. Deshalb sind Personen, die regelmäßig In-Ohr-Kopfhörer, Ohrenstöpsel oder Hörgeräte tragen, häufiger betroffen. Von einer Bade-Otitis (auch Schwimmer- oder Taucherohr) spricht man, wenn eine Otitis externa nach Schwimmbadbesuchen oder im Badeurlaub auftritt. Durch den langen Kontakt mit Chlor- oder Meerwasser weicht die Haut im Gehörgang auf und ihre Barrierefunktion wird geschwächt. Auch das sonst schützende Ohrenschmalz wird weicher und durchlässiger für Wasser. So können Bakterien und andere Krankheitserreger, die mit dem Wasser in den Gehörgang gelangen, leichter in die Haut eindringen und eine Entzündung auslösen.

Typische Symptome einer Otitis externa sind anfangs ein starker Juckreiz und eine Rötung des äußeren Gehörgangs, später eine schmerzhafte Schwellung. Das Ohr ist berührungsempfindlich: Zieht man die Ohrmuschel nach hinten oben, tritt der sogenannte Ohrmuschel-Zugschmerz auf. Auch ein Druck auf die knorpelige Erhebung der Ohrmuschel vor der äußeren Gehörgangsöffnung tut weh. Man spricht hier vom Tragus-Druckschmerz (Tragus = Knorpel vor dem Gehörgang). Diese Schmerzen, die bei äußerer Manipulation auftreten, unterscheiden eine Otitis externa von einer Otitis media, bei der Berührungen keinen Einfluss auf das Schmerzempfinden haben.

Ohrentropfen richtig anwenden

  • Emulsionen und Suspension vor Gebrauch schütteln
  • die Ohrentropfen vor der Anwendung in der Hand oder Hosentasche auf Körpertemperatur erwärmen, um das erkrankte Ohr nicht zusätzlich zu reizen
  • beim Einträufeln die Ohrmuschel leicht nach hinten und nach oben ziehen, damit die Tropfen besser appliziert werden können
  • nach dem Einträufeln den Kopf mehrere Minuten seitlich neigen, damit die Tropfen leichter bis zum Trommelfell fließen
  • Kinder am besten seitlich liegend behandeln (betroffenes Ohr nach oben)
  • Hinweis auf begrenzte Haltbarkeit nach Anbruch geben

Behandlungsmöglichkeiten

Zur Behandlung einer Otitis externa empfiehlt die DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“ zunächst eine sorgsame Reinigung des empfindlichen und schmerzhaften äußeren Gehörgangs durch den Arzt. Im Anschluss sollte eine Lokaltherapie mit antibiotischen und / oder Cortison-haltigen Ohrentropfen oder -sprays (z. B. Otobacid® Ohrentropfen, InfectoCiproCort® Ohrentropfen) erfolgen. Sie zeigt nach durchschnittlich sechs Tagen Erfolg.

Das OTC-Sortiment in der Apotheke bietet zum einen analgetisch-anästhetische Ohrentropfen (z. B. Otalgan®), zum anderen Glycerol-haltige Ohrentropfen (z. B. Gelobacin®,, Oto­dolor®), die rein physikalisch wirken und sowohl prophylaktisch als auch zur Behandlung einer Otitis externa eingesetzt werden können. Bei einer Gehörgangsentzündung entziehen sie dem geschwollenen Gewebe aufgrund der osmotischen Aktivität des Glycerols Flüssigkeit. Die Schwellung geht zurück, das Druckgefühl nimmt ab, und es kommt zur Schmerzlinderung. Bei der prophylaktischen Anwendung soll Glycerol einen dünnen Schutzfilm auf die Haut des Gehörgangs legen und sie so vor Reizungen und dem Eindringen von Wasser und Keimen schützen.

Vorsicht ist bei anhaltenden Ohrenschmerzen, starken Entzündungen und Verletzungen der Ohrmuschel wie Einrissen, starken Quetschungen oder Hämatomen geboten. Hier sollte unbedingt ein Arztbesuch angeraten werden. Auch wenn Zweifel über die Diagnose Otitis externa bestehen, die Entzündung möglicherweise bereits auf das Mittelohr übergegriffen ist oder der Verdacht auf eine Trommelfellperforation besteht, sollten Patienten das Ohr besser von einem Arzt untersuchen lassen.

Auf einen Blick

  • Bei der Therapie von Ohrenschmerzen ist die Lokalisation der Ursache entscheidend.
  • Eine unkomplizierte akute Mittelohrentzündung (Otitis media) wird in den ersten 24 bis 48 Stunden mit einem systemischen Analgetikum zur Schmerzlinderung behandelt. Ohrentropfen sind nicht empfohlen. Zusätzlich kann ein vasokonstriktorisch wirkendes Nasenspray helfen. Eine kausale Antibiotikatherapie ist initial nicht empfohlen.
  • Die DEGAM-Leitlinie „Ohrenschmerz“ empfiehlt, eine Gehörgangsentzündung (Otitis externa) nach Reinigung durch den Arzt lokal mit antibiotischen und / oder Cortison-haltigen Ohrentropfen zu behandeln.
  • Ohrentropfen sind bei perforiertem Trommelfell kontraindiziert.
  • Im Zweifelsfall sollte unbedingt von einer Selbstmedikation abgesehen und eine Untersuchung durch den Arzt empfohlen werden.

Vorbeugende Maßnahmen

Wer die äußeren Gehörgänge nach dem Baden, Schwimmen oder Tauchen vor Entzündungen schützen will, kann nach dem Wasserkontakt beispielsweise Ohrensprays zur Reinigung und Pflege des äußeren Gehörgangs anwenden (z. B. Normison® Spray, Dolphiner™ Ohrenspray). Sie enthalten Alkohol, der leicht desinfizierend wirkt und zu einer schnelleren Trocknung des Gehörgangs beiträgt, eine Säurekomponente, die nach dem Schwimmen den physiologischen pH-Wert und Säureschutzmantel der äußeren Gehörgänge wiederherstellen soll, sowie pflegende Inhaltsstoffe (z. B. Dexpanthenol, Glycerol). Gegen Wasser im Gehörgang helfen auch spezielle Ohrenstöpsel, die beim Duschen, Schwimmen oder bei anderen Sportarten getragen werden können (z. B. Sanohra® swim, Ohropax® Silicon Aqua, Swimsafe™). Zum Tauchen unterhalb von ein bis zwei Metern Wassertiefe sind sie allerdings nicht geeignet.

Generell sollte die Ohrmuschel nach dem Duschen oder Baden mit einem Handtuch oder mit loser Watte getrocknet werden. Wattestäbchen oder andere Utensilien können die Gehörgangshaut verletzen und den Selbstreinigungsmechanismus des Ohres stören. Zudem besteht die Gefahr, dass vorhandenes Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang gedrückt wird. Falls der äußere Gehörgang nach dem Baden noch feucht ist, kann er mit einem Fön sanft getrocknet werden. |

 

Literatur

Derendorf H, Wemhöner R, Steen H, Schrank AJ. Arzneimittelkunde für PTA. 9. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2019

Fachinformationen der genannten Präparate

Glasziou PP, Del Mar CB, Hayem M, Sanders SL. Antibiotics for acute otitis media in children (Cochrane Review). Cochrane Database Syst Rev 2000;(4):CD000219

Ohrenschmerzen. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. DEGAM-Leitlinie Nr. 7, aktualisierte Fassung 2014, AWMF-Registernr. 053/009

Schnabel E et al (LISA Study Group). Burden of otitis media and pneumonia in children up to 6 years of age: results of the LISA birth cohort. Eur J Pediatr 2009;168(10):1251-1257

Thomas JP, Berner R, Zahnert T, Dazert S. Acute otitis media: a structured approach. Dtsch Arztebl Int 2014;111(9):151-160, DOI: 10.3238/arztebl.2014.0151

Venekamp RP et al (Cochrane Acute Respiratory Infections Group). Antibiotics for acute otitis media in children. The Cochrane Collaboration: John Wiley & Sons 2013

 

Autorin

Martina Schiffter-Weinle, Studium der Pharmazie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2006 Approbation als Apothekerin. Von 2006 bis 2012 Tätigkeit als Apothekerin in Oxford, Großbritannien. Bis 2018 Redakteurin bei PTAheute und PTAheute.de. Seit Juli 2018 ist sie Chefredakteurin von „Eins & Drei – Das Filialapotheken-Magazin“ und Autorin für die Deutsche Apotheker Zeitung.

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