Als Apotheker im Ausland

Sprachhürden meistern

In Baden-Württemberg wird das Team für die Fachsprachenprüfungen vergrößert

eda | Apotheker ist ein Mangelberuf. Daher sind Kollegen aus dem Ausland sehr willkommen. Voraussetzung sind allerdings Fachwissen und Sprachkenntnisse. Weil die sprachlichen Fähigkeiten in allen Beschäftigungsbereichen für Apotheker essenziell sind (beispiels­weise die Kommunikation mit Kunden, Patienten und Ärzten), liegt ein Schwerpunkt im Anerkennungsverfahren auf der Fachsprache.

Wenn Apothekerinnen und Apotheker ihre Ausbildung in einem Drittland (nicht EU-, EWR-Staat oder Schweiz) absolviert haben, wird ihnen geraten, vor der Approbation eine Berufserlaubnis zu beantragen. So können sie bereits unter Aufsicht arbeiten und ihre Sprachkenntnisse verbessern. Eine Berufserlaubnis gilt in Baden-Württemberg zunächst für sechs Monate und wird nach bestandener Fachsprachenprüfung auf zwei Jahre verlängert. Wenn sich einzelne Ausbildungsinhalte der ausländischen Bildungs­abschlüsse von den hiesigen deutlich unterscheiden, wird zudem eine Kenntnisprüfung behördlich angeordnet. Für die Durchführung der Fachsprachenprüfungen sind die Apothekerkammern zuständig. In Baden-Württemberg beobachtet man seit der Einführung eine stete Zunahme der Anmeldezahlen. Wir haben mit Silke Laubscher, Vizepräsidentin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, darüber gesprochen, wie die Kammer darauf reagiert.

DAZ: Frau Laubscher, Deutschland scheint für Apothekerinnen und Apotheker mit ausländischer Ausbildung immer attraktivere Arbeitsplätze zu bieten. In Baden-Württemberg werden nun vier statt zwei Fachsprachenprüfungen pro Monat angeboten. Können Sie uns den Trend anhand konkreter Zahlen verdeutlichen?
Laubscher: 2015 wurden die Fachsprachenprüfungen für Heilberufe eingeführt, und seitdem ist in Baden-Württemberg die Landesapothekerkammer mit der Durchführung betraut. Bis Ende 2017 waren es 201 Prüfungen, davon 109 allein in 2017. Im Jahr danach, also 2018, haben wir 148 Prüfungen durchgeführt, und 2019 zählen wir zum aktuellen Zeitpunkt schon mehr als 150 Prüfungen. Bis Ende des Jahres werden es etwa 190 sein.

Foto: LAK Baden-Württemberg

„Damit leisten wir einen Beitrag zur Integration, und der Berufsstand profitiert vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels in den öffent­lichen Apotheken.“

Silke Laubscher, Vizepräsidentin der LAK Baden-Württemberg

DAZ: Aus welchen Ländern kommen denn die meisten Prüflinge?
Laubscher: An erster Stelle steht das Herkunftsland Syrien. Von dort kamen dieses Jahr 36 Apothekerinnen und Apotheker, 2018 zählten wir 41. Gefolgt von Bosnien-Herzegowina mit 28 Prüflingen und Serbien auf dem dritten Platz. Betrachtet man die EU, so kommen die meisten Kandidaten aus Spanien und Italien.

DAZ: Wie sieht es mit der Bestehensquote aus?
Laubscher: Circa drei Viertel der Kandidaten bestehen direkt beim ersten Versuch. Die Fachsprachenprüfung darf beliebig oft wiederholt werden, denn es geht nicht um Fachwissen, sondern um deutsche Fachsprachkenntnisse, und diese können sich mit der Zeit ja verbessern.

DAZ: Was genau wird im Rahmen der Fachsprachenprüfung denn von den Kollegen mit ausländischer Ausbildung gefordert?
Laubscher: Die Prüfung dauert ins­gesamt 60 Minuten und besteht aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil. Als inhaltliche Grundlage dient die Fachinformation eines Fertigarzneimittels. Im mündlichen Teil werden Gespräche zwischen Apotheker und Patienten sowie Kollegen simuliert. Im schriftlichen Teil geht es darum, eine E-Mail oder ein Fax an einen Arzt zu verfassen oder einen Meldebogen für die Arzneimittelkommission auszufüllen. Es gibt darüber hinaus auch einen Übersetzungsteil – das ist eine Art Vokabeltest mit pharmazeutischen Fachbegriffen.

DAZ: Hängt der Inhalt der mündlichen Prüfung sehr von der jeweiligen Prüfungskommission ab?
Laubscher: Nein, es handelt sich um bereits festgelegte Fallbeispiele, und sowohl der Prüfungsablauf als auch die Bewertungskriterien sind standardisiert.

DAZ: Das heißt, die Prüflinge wissen nicht, was genau sie erwartet?
Laubscher: Natürlich unterhalten sie sich im Anschluss über die Prüfungsinhalte. Zudem sind die Prüf­linge gut vernetzt. Gelegentlich kommen in den Gesprächen ganz spezielle Formulierungen vor, die wir schon einmal in anderen Prüfungen gehört haben. Das weist auch auf einen intensiven Austausch hin. Aber offiziell gibt es keinen Katalog mit den Fragen und Fallbeispielen aus den Fachsprachenprüfungen zur Vorbereitung.

DAZ: Welche Personen bilden die Prüfungskommission?
Laubscher: Es gibt 16 Prüfer, darunter vor allem Apotheker sowie eine Sprachwissenschaftlerin. Je zwei Mitglieder der Prüfungskommission nehmen die Prüfungen ab. Auch hier zeigt sich, dass wir auf die immer größeren Anmeldezahlen reagiert haben. Bis 2018 bestand die Prüfungskommission aus nur neun Prüfern.

Foto: LAK Baden-Württemberg

Im April 2019 wurde das Pilotprojekt „Fachsprache Pharmazie – C1-Deutschkurs für Apotheker/innen mit im Ausland erworbener Berufsqualifikation“ der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg erfolgreich abgeschlossen. In insgesamt 212 Unterrichtsstunden haben 15 Teilnehmer die deutschen Sprach- und Fachsprachkenntnisse vermittelt bekommen.


DAZ: Was bietet die Kammer zur Vorbereitung auf die Prüfung an?
Laubscher: In Baden-Württemberg kooperieren wir mit dem Sprachlehrinstitut und dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Uni Freiburg. Es handelt sich um einen C1-Deutschkurs für Apothekerinnen und Apotheker mit im Ausland erworbener Berufsqualifikation. Die Kursdauer beträgt neun Wochen mit insgesamt 212 Unterrichtsstunden, die aus einem allgemeinsprachlichen und einem fachsprachlichen Teil bestehen. Als Voraussetzung müssen uns die Teilnehmer mindestens ein B2-Sprachzertifikat vorweisen, das sie zum Beispiel am Goethe-Institut erwerben können. Ab 2020 bieten wir zusätzlich einen Kompaktkurs für Interessenten mit besseren deutschen Sprachkenntnissen an. Dieser umfasst fünf Tage mit insgesamt 40 Unterrichtseinheiten.

DAZ: Worauf kommt es eigentlich genau an bei der Fachsprache?
Laubscher: Allgemein ausgedrückt geht es um berufsbezogene kommunikative Fähigkeiten, die für uns Muttersprachler selbstverständlich sind. Apotheker müssen Gespräche mit Kunden, Patienten oder Ärzten souverän, strukturiert und klar führen können. Wir achten also darauf, dass der Prüfling flexibel auf individuelle Gesprächssituationen reagieren und sich spontan ausdrücken kann. Dafür braucht er einen umfangreichen Wortschatz verbunden mit flüssigem Sprechen. Es bringt also nichts, Fallbeispiele auswendig zu lernen. Am Ende muss der ausländische Kollege dem Berufsalltag bei uns mit all seinen individuellen und vielfältigen Aufgaben sprachlich gewachsen sein.

DAZ: Was ist Ihr persönlicher Eindruck von den Apothekerinnen und Apothekern, die hier bei uns eine Berufserlaubnis beantragen?
Laubscher: Die Kollegen sind ganz unterschiedlich motiviert und blicken auf sehr individuelle Schicksale zurück. Es sind ja nicht nur Geflüchtete aus Krisengebieten, die sich hier eine neue Existenz aufbauen und ihre Qualifikation anerkennen lassen möchten. Manche Apotheker suchen sich auch Deutschland gezielt zur Berufsausübung aus. Einige Prüflinge aus Bosnien-Herzegowina zum Beispiel lebten bereits als Kinder eine Zeit lang in Deutschland und bringen dementsprechend überdurchschnittliche Sprachkenntnisse mit.

DAZ: Und halten Sie es für vorteilhaft, dass die Kammer für die Fachsprachenprüfungen zuständig ist?
Laubscher: Auf jeden Fall. Es ist gut, dass wir als Landesapothekerkammer hier federführend sind. Damit wird das Regierungspräsidium entlastet. Wir können wesentlich schneller und flexibler auf die Nachfrage reagieren, sowohl mit der Anzahl der Prüfungen als auch den angebotenen Seminaren. Und last but not least: Damit leisten wir als Apothekerkammer zum einen einen Beitrag zur Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln in Deutschland und zum anderen profitiert dadurch der Berufsstand vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels in den öffentlichen Apotheken. |

 

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