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Kongresse
Interprofessionell zusammenarbeiten – für die Sicherheit der Patienten
Weg von Insellösungen – hin zu Netzwerken
Unsere Bevölkerung wird immer älter und der Fachkräftemangel besonders in ländlichen Regionen gravierender. Als Folge wird es schwerer, die medizinische Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Zunehmend wird von Digitalisierung, von e-Health und Telemedizin gesprochen, mit deren Hilfe die Probleme der Gedundheitsversorgung gelöst werden sollen. Dabei reichen die Bemühungen von einer einfachen elektronischen Patientenakte über die elektronische Verordnung mit klinischer Entscheidungsunterstüzung, einem IT-gestützten, geschlossenen Medikationsprozess bis hin zu einem vollständig digitalisierten Krankenhaus. Dr. Andreas Ameln-Mayerhofer, Sindelfingen, zeigte, wie schwierig es schon ist, den Begriff Telemedizin zu definieren. Es ist ein Sammelbegriff für verschiedene ärztliche Versorgungskonzepte, die gemeinsam haben, dass medizinische Leistungen über räumliche Entfernungen oder zeitlichen Versatz hinweg erbracht werden, so lautet der Versuch einer Beschreibung der Bundesärztekammer. Dazu können Televisite, Telekonsil, Videosprechstunden und ein Telemonitoring gehören, in das auch Pharmazeuten involviert sein können. In Frankreich zum Beispiel ist die Telepharmazie schon Realität: Seit diesem Jahr kann ein französischer Arzt bei der Telekonsultation andere Angehörige der Gesundheitsberufe – und damit auch Apotheker – hinzuziehen. Der Apotheker wird damit zum „Begleitapotheker“ und unterstützt den Patienten bei der Umsetzung der Versorgung. Als Voraussetzung muss in der Apotheke ein Bildschirm bzw. das Equipment für eine Videoübertragung vorhanden sein, ein abgeschlossener Raum, der den Datenschutz gewährleistet sowie bestimmte Diagnosegeräte (Stethoskop, Otoskop, Blutdruckmessgerät).
Erfolgreiche Telemedizin in Aachen …
Ein sehr erfolgreiches Beispiel für die Telemedizin in Deutschland stellte Dr. Robert Deisz vom Klinikum Aachen vor. Dort ist ein teleradiologisches Netzwerk zur Zweitbefundung entstanden, es werden Tele-Tumor-Konferenzen abgehalten und es wurde ein Traumanetzwerk aufgebaut. In Aachen wurde auch das erste länderübergreifende Zentrum zertifiziert und etabliert. Nach über 8800 gemeinsamen tele-intensivmedizinischen Visiten mit dem Schwerpunkt schwere Sepsis und septischer Schock konnten nicht nur die Machbarkeit und Akzeptanz demonstriert werden, es kam vielmehr zu einer deutlichen Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und vor allem zu einem Rückgang der Sterblichkeit bei Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock.
Deisz betonte, dass nicht nur bestehende analoge Versorgungsprozesse digitalisiert werden sollten, sondern sektorübergreifend die Versorgungsprozesse neu gestaltet werden müssen. Darin liege die Zukunft: weg von einzelnen Insellösungen, hin zu Telemedizinzentren, die als das zentrale Steuerelement im Rahmen eines Netzwerkmanagements zu sehen sind.
... und in Bayern
Dr. Christiane Weck vom Krankenhaus Agatharied in München stellte die „Telemedizinische Palliative Care für neurologische Patienten“ vor. Das telemedizinische System soll die Teams der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV-Teams) unterstützen. Die mobilen Palliativ-Teams, die Patienten vor Ort zu Hause besuchen, wurden mit einer Videoeinheit (Handy), mit einem mobilen WLAN-Router, Schnellladestation und einem kleinen Stativ ausgestattet. Über das Meydoc-Telekonferenzsystem konnten dann auf einem sicheren Kommunikationsweg Patienten mit neurologischen/neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz oder amyotrophe Lateralsklerose und deren Angehörige unterstützt werden. Gerade diese Patienten profitieren oft von einer Pflege zu Hause oder ein Transport wäre eine zu große Belastung. Durch den Kontakt zu den Spezialisten in der Klinik wurde eine differenzierte individuelle Symptomkontrolle möglich, ebenso die Diagnose neurologischer Symptome, eine Unterstützung bei apparativen Problemen wie der Einstellung der Heimbeatmung oder der Befüllung einer Schmerzpumpe. Weck hält die neurologische Mitbetreuung durch Telekonsile im ambulanten Bereich für möglich und betonte, dass mit der Telemedizinischen Palliative Care eine Versorgungslücke für neurologische Patienten in der ambulanten palliativen Situation geschlossen wird.
Erfolgreiche Telepharmazie
Dass sich auch Apotheker mir ihrem Know-how einbringen können, zeigte Apotheker Joachim Köck von der Uniklinik Aachen. Hier werden die Intensivstationen von neun peripheren Krankenhäusern einmal pro Woche telepharmazeutisch betreut. Die Pharmazeuten erhalten Zugriff auf die tägliche Visitendokumentation, Vorerkrankungen, Verlaufsdiagnosen und die wichtigsten Stammdaten des Patienten wie Alter, Größe, Gewicht und Laborparameter. Es wird im Vorfeld die Medikation auf Indikationen, Kontraindikationen, Dosierung und Interaktionen geprüft. Werden klinisch relevante Interaktionen erkannt, so sprechen die Apotheker in der Videokonferenz konkrete Handlungsempfehlungen aus. Als Beispiel nannte Köck QTc-Zeit-verlängernde Arzneimittel (Prokinetika, Psychopharmaka), die auf den visitierten Intensivstationen häufig verordnet werden. Durch ein risikoadaptiertes QTc-Monitoring könne ein Overalerting vermindern und die Beratung optimiert werden.
Apothekerin Dr. Dagmar Horn, Münster, zeigte, wie die Telepharmazie sich erfolgreich auf dem Gebiet der Infektiologie einbringen kann. Denn regelmäßige interdisziplinäre Visiten durch medizinische Mikrobiologen und klinische Pharmazeuten finden leider bundesweit kaum statt. Sie könnten aber dazu beitragen, den Antibiotika-Verbrauch zu reduzieren. Der Bedarf an einem infektiologischen Konsiliardienst sei groß, so Horn: in den ca. 1900 Krankenhäusern in Deutschland gibt es ca. 300 Ärzte mit abgeschlossener Weiterbildung „Infektiologie“ im stationären Bereich, ca. 100 Fachärzte für „Krankenhaushygiene“ und ca. 300 Fachärzte für „Mikrobiologie“. Das sei zu wenig, um ein Antibiotic Stewardship stringent umzusetzen. Helfen könnte ein Projekt wie TelNet NRW, das Horn vorstellte. Hier vereinbart ein Infektiologischer Konsiliardienst fest einen Termin mit der Klinik, an dem gemeinsam die aktuelle klinische Situation inklusive aktueller Antiinfektiva-Therapie aller eingeschlossenen Patienten besprochen wird. Neben den festen Terminen sei auch jederzeit eine Rücksprache möglich. Als einen Vorteil betonte Horn, dass sich die Experten über den Monitor einen „persönlichen“ Eindruck vom Zustand des Patienten machen können. Der Arzt vor Ort kann dann (weitere) klinische Untersuchungen vornehmen, denn eine telefonische Konsultation ersetze nicht die Konsultation am Bett. Als das größte Problem sieht Horn das weitreichende Fehlen einer elektronischen Patientenakte. |
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