Foto: REDPIXEL – stock.adobe.com

Management

Innehalten und Klarheit gewinnen mit Methode

Wie man mit dem Lebensrad sein Leben gestalten kann – für die eigene Zufriedenheit und die der anderen

Manchmal kommt es einem vor, als ginge das Leben immer nur weiter und weiter. Das Rad aus Aufgaben, Verpflichtungen, Terminen und Erwartungen dreht sich immer schneller und wir drehen fast durch, um allem gerecht zu werden. Aber was ist Ihnen wirklich wichtig? Wie wollen Sie Ihr Leben gestalten? Zeit für eine Standortbestimmung: Eine 10-Minuten-Methode, um innezuhalten und Klarheit zu gewinnen.

Den meisten Führungskräften wird in Schulungen nahegelegt, ihre Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu sortieren, was auch als Eisenhower-Prinzip bekannt ist. Wichtige und dringende Aufgaben werden sofort ­erledigt, für Aufgaben die Zeit ­haben, wird eine Frist festgelegt, was weder dringend noch wichtig ist, wird rigoros gestrichen. Im Arbeitsalltag erleichtert dieses Vorgehen die Priorisierung und Delegation von Aufgaben enorm. Es gibt nur einen Stolperstein. Was ursprünglich den Effekt haben sollte mehr Gestaltungsspielraum zu schaffen, wird durch den Einfluss von Leistungsdruck und Effektivitätswahn ad absurdum geführt, weil auf einmal alles als wichtig und dringend gilt. Wirklich wichtig ist, innezuhalten und zu überlegen, welche der eigenen Ziele verfolgt werden sollen, mit was die eigene Lebenszeit gefüllt werden soll und in welche Aufgaben Sie Energie investieren möchten.

Ein Beispiel: Es ist Freitag. Für den Nachmittag fällt eine Mit­arbeiterin krankheitsbedingt aus. Die Apotheke wird vermutlich so stark frequentiert sein, dass diese HV-Kraft auch benötigt wird. Üblicherweise springen Sie in die Bresche, aber an diesem Tag ist Jahresfest im Kindergarten. Ihr Kind freut sich schon die ganze Woche darauf, dass Sie mit ihm teilnehmen. Häufig können Sie aus beruflichen Gründen nicht an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Was ist wichtig? Was ist dringend? Wie entscheiden Sie sich?

Das ist nur ein Dilemma von ­vielen. Mithilfe einer einfachen Methode lässt sich darstellen, wie zufrieden Sie im Moment sind und was Sie tun müssten, um Ihr Leben optimaler gestalten zu können.

Das Lebensrad

Das Lebensrad (The Wheel of Life) wurde als Methode von Whitworth, Kimsey-House und Sandahl in ihrem Buch Co-Active Coaching: New Skills for Coaching People Toward Success in Work and Life (1998) vorgestellt. Mittlerweile gehört es – in unterschiedlichen Varianten – zu den Standards im Coaching, vor allem, wenn es um die Themen Standortbestimmung und Zieldefinitionen geht.

Durchführung

  • 1. Schritt

Bestimmen Sie acht Lebens­bereiche, die Sie genauer betrachten wollen. Beispiele wären:

1. Finanzen: z. B. Geld, finanzieller Status

2. Gesundheit: z. B. Sport, Schlafrhythmus, Energielevel, Er­nährung

3. Umfeld: z. B. Wohnsituation, Nachbarschaft

4. Karriere: z. B. Beruf, Leistungsfähigkeit, Zeitmanagement, Karriereschritte

5. Beziehungen: z. B. Partnerschaft, Liebe, Familie, Freunde, Kinder, Netzwerke, Austausch

6. Persönlichkeitsentwicklung: z. B. Fortbildung, Training, Lesen, Kreativität

7. Freizeit: z. B. Hobbys, Urlaub, Wünsche, Spaß, Erholung

8. Wohlbefinden: z. B. Sinnfindung, Lebensfreude, Sicherheit, Flexibilität, Ruhe, Gelassenheit

Sie können auch andere Bereiche festlegen oder aus den Rubriken das Stichwort auswählen, was Sie am meisten anspricht.

  • 2. Schritt

Nehmen Sie sich einen leeren Zettel zur Hand. Sie sollten Platz für Notizen haben, deswegen bietet sich mindestens ein DIN-A-4-Format an. Malen Sie einen großen Kreis und unterteilen Sie diesen in acht (Torten-) Stücke (s. linke Abb.). Jedes der Stücke stellt einen Teilbereich ihres Lebens dar. Ordnen Sie die ausgewählten Stichworte je einem Tortenstück zu.

Quelle: Lebensrad, Grafik: AZ/ekr

Ein Lebensrad „basteln“ In die äußeren Felder lassen sich Lebensbereiche eintragen, die einem wichtig sind ...

  • 3. Schritt

Jetzt erfolgt die Vergabe der Punkte. Die Mitte der „Torte“ stellt den Nullpunkt dar, der äußere Rand die 10 Punkte. Stellen Sie sich die Frage: „Wie zufrieden bin ich zur Zeit, mit diesem Teilbereich meines Lebens?“ Um so zufriedener, um so mehr Punkte verteilen Sie. Markieren Sie Ihre Punktzahl mit einem Strich oder einer Farbe im jeweiligen Bereich (s. rechte Abb.).

Quelle: Lebensrad, Grafik: AZ/ekr

... und so sieht das Rad aus, nachdem man den 3. Schritt, die „Punktevergabe“, hinter sich hat. Die Prioritäten können sich natürlich immer mal ändern.

Analyse

Wie sieht es bei Ihnen aus? Um zufrieden zu sein, muss nicht in jedem Bereich eine 10 auf dem Zettel stehen. Ein „Vollausschlag“ hat meist auch einen Einfluss auf die anderen Bereiche. Relevante Fragen sind: „Ist das gut so, wie es ist? Ist das genug?“ Oder fällt Ihnen in dem ein oder anderen Bereich bei der gezielten Betrachtung auf, dass irgendetwas zu kurz kommt? Vielleicht schießen Ihnen direkt Gedanken in den Kopf, wie Sie Ihre Situation und damit auch den Wert verbessern können.

Nur mal angenommen Sie liegen im Bereich Freizeit bei 3. Woran machen Sie diese Wertung fest? Sie waren vielleicht lange nicht mehr im Theater, der Stapel un­gelesener Bücher wird größer und für die Urlaubsplanung bleibt auch keine Zeit. Sie entschließen sich: „Es muss dringend etwas getan werden.“ Sie werden sich auch fragen, wo Sie die Zeit dafür hernehmen sollen. Wenn Sie Zeit hätten, sähe das Rad ganz anders aus. Freizeitstress in dem Sinne, dass Sie alles nur abarbeiten, wollen Sie auch vermeiden – schließlich soll Freizeit Genusszeit sein. Es ist eine etwas vertrackte Situation.

Diese analoge Methode bricht die Perspektive „Es geht nur Alles oder Nichts“ auf und macht deutlich, dass es viele kleine Schritte auf dem Weg zum Ziel gibt, die sich alltagstauglich gestallten lassen. Was müssten Sie tun, damit es etwas besser wird? Welche der Freizeitaktivitäten hätte den größten Effekt auf Ihrer Skala? Sie stellen unter Umständen fest, dass der Theaterbesuch zwar ganz nett wäre, aber auf Ihre Zufriedenheit mit Ihrer Freizeitgestaltung kaum einen Einfluss hätte. Ganz anders hingegen die Lektüre des neuen Buches Ihrer Lieblingsautorin. Ein vielversprechender Winterroman, der sich mit einer großen Tasse Tee viel genussvoller lesen lässt als im nächsten Sommerurlaub mit einem Cocktail. Dann macht es am meisten Sinn, wenn Sie anfangen zu lesen und sich später den nächsten kleinen Schritt aussuchen.

Wichtige Fragen ...

... im Zusammenhang mit dem Lebensrad:

1. Wo stehe ich?

2. Was wäre genug?

3. An welchen Bereichen möchte ich etwas ändern?

4. Für welche Bereiche möchte ich mehr Zeit und Energie haben?

5. Für welche Bereiche möchte ich weniger Zeit und Energie aufbringen?

6. Was müsste ich tun, damit ich in dem betrachteten Bereich einen besseren Wert erziele?

7. Welche dieser Tätigkeiten hätte den größten Effekt? Ist mir alles gleich wichtig?

8. Was sind die konkreten nächsten Schritte?

9. Zu welchem Zeitpunkt überprüfe ich meine Pläne und nehme ggf. eine Kurskorrektur vor?

Umgang mit schwierigen Umständen

Sicher gibt es auch Bereiche, die Ihnen viel mehr Zeit und Energie abverlangen, als Sie ihnen schenken wollen. Auch bekannt als „schwierige Umstände“ oder „zeitraubende Projekte“. Es gibt für alles seine Zeit und sicher auch Momente im Leben, da hat das Lebensrad eine ziemliche Unwucht. Solange das auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt ist, dient diese Fokussierung der gezielten Entwicklung. Wenn nach einem intensiven Projekt aber das nächste und dann noch eins folgt und Sie so­zusagen Ihre Lebenszeit dafür opfern, sollten Sie das auch wirklich wollen. Manchmal meint man nur, es müsste so sein oder man hat sich an die Situation gewöhnt. Sollten Ihnen aber auch andere Lebensbereiche wichtig sein, können Sie analog nach kleinen Schritten mit großem Effekt suchen, wie Sie in überhandnehmenden Bereichen Zeit- und Energieressourcen einsparen können. Diese Einsparungen lassen sich wiederum an anderer Stelle nutzen.

Foto: REDPIXEL – stock.adobe.com

Für uns alle hat das Jahr 365 Tage und der Tag 24 Stunden Wir können zwar nicht über die gesamte Lebenszeit frei entscheiden, aber was uns wirklich wichtig ist, wissen wir selbst am besten. Wer bewusst Prioritäten setzt, ist zufrieden – und das überträgt sich auf die Mitarbeiter und die Apotheke.

Soll-Ist-Abgleich

Nach der Standortbestimmung, der Aufzeichnung des Ist-Zu­standes, sollten Sie auch einen Wunsch-Wert festlegen, den Sie in dem bestimmten Bereich erreichen wollen und Kriterien, an denen Sie Ihren Fortschritt messen können. Woran würden Sie merken, wenn sich die Zufriedenheit in Richtung Ziel-Zustand bewegt? Vielleicht gibt es auch noch ungenutzte Ressourcen oder Unterstützer, die Sie weiterbringen können und die Sie noch nicht in Erwägung gezogen haben. Letztendlich gilt es, nach einer gewissen Zeit die gewählten Veränderungen auf ihren Nutzen zu überprüfen. Legen Sie einen sinnvollen Termin für diese Auswertung fest und justieren Sie ggf. nach.

Klarheit für einen, Nutzen für viele

Als Führungskraft ist das Hinterfragen der eigenen Ziele und Zufriedenheit nicht nur Eigennutz. Ihre Lebensgestaltung hat einen Einfluss auf Ihr soziales Umfeld zu dem unter anderen Mitarbeiter und Familie gehören. Niemand hat etwas davon, wenn Sie, in der Zeit in der Sie anwesend sind, Unzufriedenheit verbreiten. Von einer guten Balance Ihrer Lebensbereiche profitiert auch Ihr soziales Umfeld. |

Anja Keck

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Filialleiterin, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin www.anjakeck.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.