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Gesundheitspolitik
Außergewöhnliche Vollmachten für das BMG
Neues Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage
Die meisten Regelungen gelten nur, wenn eine epidemische Lage von nationaler Tragweite besteht. Diese hatte der Bundestag ebenfalls am Mittwoch festgestellt. Auf Grundlage des neuen Gesetzes kann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ohne Zustimmung weiterer Staatsorgane praktisch alle Regeln zur Versorgung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und sonstigen medizinisch relevanten Gütern aufheben oder anpassen. Zudem kann es weitreichende Anordnungen für Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen treffen. Damit erhält das BMG Vollmachten, die in normalen Zeiten unvorstellbar wären. Sie enden, wenn die Bundesregierung die Feststellung der epidemischen Lage aufhebt. Auf Verlangen des Bundestages oder des Bundesrates müsste dies unverzüglich geschehen.
Mit der Feststellung der epidemischen Lage wird einem weiten Personenkreis die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten gestattet. Dies betrifft diverse Berufsgruppen mit einer geschützten Berufsbezeichnung: Altenpfleger/-innen, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-innen, Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Notfallsanitäter/-innen sowie Pflegefachfrauen und -männer. Diesen Personen wird die Ausübung der Heilkunde gestattet, wenn sie aufgrund ihrer Kompetenzen und Fähigkeiten dazu in der Lage sind und der Zustand des Patienten eine ärztliche Behandlung im Ausnahmefall nicht zwingend erfordert, die „jeweils erforderliche Maßnahme aber eine ärztliche Beteiligung voraussetzen würde, weil sie der Heilkunde zuzurechnen ist“, wie es im neuen § 5a Infektionsschutzgesetz heißt. Die Maßnahme ist zu dokumentieren und unverzüglich dem behandelnden Arzt mitzuteilen. Außerdem kann das Bundesgesundheitsministerium weiteren Personen mit der Berufsbezeichnung eines reglementierten Gesundheitsfachberufs die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten gestatten. Ziel dieser Maßnahme ist, dass die Ärzte entlastet werden.
Vollmachten zur Arzneimittelversorgung
Die meisten Regelungen des Gesetzes stellen Vollmachten dar, mit denen das Bundesgesundheitsministerium vielfältige Anordnungen treffen kann, für die im Gesetz nur ein sehr weit gefasster Rahmen festgelegt wird. Dazu gehören unter anderem Kontrollen des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs. Dies zielt wohl auf die schrittweise Rückkehr zur Normalität im Inland. Auch die Lockerung der derzeitigen Beschränkungen des öffentlichen Lebens wird damit offenbar bereits angedacht.
Die meisten Inhalte des Gesetzes betreffen jedoch die Bewältigung von Problemen in der akuten Phase der Pandemie. So wird das Bundesgesundheitsministerium ermächtigt, spezielle Hygienevorschriften für den Umgang mit Lebensmitteln zu erlassen. Außerdem darf das Ministerium „Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln einschließlich Betäubungsmitteln, der Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe dafür, mit Medizinprodukten, Labordiagnostik, Hilfsmitteln, sowie mit Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung und Produkten zur Desinfektion“ treffen. Es werden Ausnahmen von diversen Gesetzen zugelassen, die die Herstellung, Kennzeichnung, Anwendung, Verschreibung, Abgabe sowie Ein- und Ausfuhr der genannten Produkte betreffen. Außerdem werden Ausnahmen für Regeln zum Betrieb von Apotheken einschließlich Leitung und Personaleinsatz möglich. Daneben können die Landesbehörden ermächtigt werden, im Einzelfall Ausnahmen zu gestatten.
Möglich werden auch Maßnahmen zum Bezug, zur Beschaffung, Bevorratung, Verteilung und Abgabe der genannten Produkte durch den Bund. Sogar Maßnahmen zur Sicherstellung und Entschädigung bei Maßnahmen mit enteignender Wirkung sind vorgesehen. Genannt werden außerdem Verkaufsverbote, Möglichkeiten zur Überlassung, Regelungen zur Preisbildung und Erstattung.
Weitere Regeln können die Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung und Schließung von Produktions- oder Betriebsstätten betreffen.
Vollmachten zum Apothekenbetrieb
Außerdem kann das Bundesgesundheitsministerium Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung in Praxen, Apotheken, Krankenhäusern und diversen anderen Einrichtungen erlassen. Dabei sind Abweichungen von Gesetzen, untergesetzlichen Regelungen, sonstigen Vereinbarungen und Beschlüssen der Selbstverwaltung möglich. Das Ministerium kann auch anordnen, Erfindungen im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt zu nutzen.
Angedeutete Maßnahmen
Die Formulierungen dieser Vollmachten sind enorm weit gefasst und lassen zumeist nicht erkennen, inwieweit bereits konkrete Maßnahmen angedacht werden. Allerdings werden in der Begründung des Gesetzes einige mögliche Maßnahmen angedeutet. Dazu gehören Ausnahmen von den gesetzlichen Vorgaben zum Betrieb von Apotheken, wofür jedoch keine Beispiele genannt werden. Erwähnt werden Änderungen bei der Versorgung Opiatabhängiger mit Substitutionsmitteln, die Außerkraftsetzung sozialrechtlicher Vorgaben zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln, Änderungen bei der Geltung von Rabattverträgen, Änderungen von Zuschlägen in der Arzneimittelpreisverordnung sowie die Aussetzung von Präqualifizierungsvorschriften und Versorgungsverträgen für Hilfsmittel. |
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